"Biblischer Exodus"

Tausende Afrikaner flüchten nach Süditalien

Ausland
13.02.2011 14:08
Die politischen Unruhen in Nordafrika haben Tausende zumeist tunesische Flüchtlinge nach Italien getrieben. In der Nacht auf Sonntag erreichten 1.000 illegale Einwanderer die Küsten der südlich von Sizilien gelegenen Insel Lampedusa, wo in den Tagen zuvor bereits 3.000 Migranten gelandet waren. Die italienische Regierung rief wegen des Flüchtlingsstroms den humanitären Notstand aus und bat die EU um Unterstützung, um den Migrantenstrom unter Kontrolle zu halten.

"Es ist ein biblischer Exodus. Ich habe Flüchtlinge gesehen, die mit Wasserflaschen herumlaufen, als wären es wertvolle Reliquien", schilderte ein Mitarbeiter des Roten Kreuzes die Lage auf der 20 Quadratkilometer großen Insel. Rund 1.000 Migranten wurden auf einem Fußballfeld auf der Insel versammelt, wo Lebensmittel an sie verteilt wurden. "Die hygienische Lage ist schwierig, es gibt nicht einmal genug Toiletten für so viele Menschen", sagten die Mitglieder des Zivilschutzes, die den Migranten Erste Hilfe leisten.

Der Bürgermeister Lampedusas, Bernardino De Rubeis, rief die Regierung zur Entsendung eines Kontingents von mindestens 100 Polizisten auf, um die öffentliche Sicherheit zu garantieren. Die Regierung organisiert Luftbrücken, um die Migranten auf Sizilien und das Festland zu bringen.

Auffanglager wiedereröffnet
Angesichts des Notstands beschloss Innenminister Roberto Maroni die Wiedereröffnung des Auffanglagers von Lampedusa, das vor zwei Jahren geschlossen worden war. Dank der Immigrationsabkommen, die Italien mit Tunesien und Libyen abgeschlossen hatte, war die Zahl der Flüchtlinge, die nach gefährlichen Seefahrten Süditalien erreichten, seit 2009 stark zurückgegangen. Daraufhin war das Auffanglager auf Lampedusa geschlossen worden. Die politische Instabilität in Tunesien und Nordafrika zwingt die kleine Insel nun aber, sich wieder einmal mit dem Flüchtlingsnotstand auseinanderzusetzen.

Humanitärer Notstand ausgerufen
Die italienische Regierung hat angesichts der starken Flüchtlingswelle am Samstag den humanitären Notstand ausgerufen. Sondermaßnahmen sollen ergriffen werden, um dem Massenzustrom von Migranten aus Nordafrika Einhalt zu gebieten. Die italienische Regierung bat die EU um Unterstützung, um den Migrantenstrom unter Kontrolle zu halten. Innenminister Roberto Maroni meinte, die EU und die UNO sollten einen "Marshall-Plan" zur Stabilisierung der Lage in Nordafrika verabschieden.

"EU hat bisher zu wenig unternommen"
"Ganz Europa wird sich bald mit einer riesigen humanitären Notstandslage auseinandersetzen müssen", warnte Maroni. Italiens Sozialminister Maurizio Sacconi bemängelte, dass die EU bisher zu wenig unternommen habe, um die Massenabfahrt von Flüchtlingen zu verhindern. "Wir werden bald sehen, ob es eine wirklich einheitliche europäische Politik gibt oder ob Europa nur ein Wirtschaftstraum mit einer gemeinsamen Währung ist", kommentierte der Minister der rechtspopulistischen Regierungspartei Lega Nord, Roberto Calderoli.

Die italienische Regierung bangt angesichts des Migrantenansturms vor Flüchtlingstragödien im Meer. Ein Boot mit mehreren Migranten an Bord ging am Samstagnachmittag unweit des Golfs von Gabes in Tunesien unter. Ein junger Flüchtling kam ums Leben, ein weiterer ist verschollen, zehn Personen konnten gerettet werden, berichteten italienische Medien.

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