In vier Räumen

Schweizer quartieren Asylwerber in Bunker ein

Ausland
21.02.2017 11:05

Wohin mit Asylwerbern, deren Asylantrag abgelehnt wurde? Der Schweizer Kanton Zürich hat eine ungewöhnliche Lösung gefunden: einen unterirdischen Zivilschutzbunker auf einem abgelegenen Waldstück. Dort hausen derzeit - aufgeteilt auf vier Räume - rund 50 Migranten, umgeben von dicken Stahltüren und massiven Betonwänden. Tageslicht und Handyempfang gibt es nicht. Behörden und Politik wollen so erreichen, dass die Flüchtlinge freiwillig das Land verlassen. Doch die meisten wollen trotz der widrigen Umstände bleiben.

"Der Alltag in den Notunterkünften ist hart. Aber in ihrer Heimat haben viele Flüchtlinge deutlich härtere Dinge erlebt. Deshalb wollen die meisten in den Notunterkünften bleiben", so die Anwältin Lena Weissinger, die abgewiesene Asylwerber berät, gegenüber dem Schweizer "Tagesanzeiger".

Abschiebungen wegen fehlender Papiere oft nicht möglich
Eigentlich müssten die abgelehnten Asylsuchenden die Schweiz verlassen, doch für eine Abschiebung fehlen den Behörden laut "Tagesanzeiger" meist die notwendigen Papiere der Flüchtlinge, wodurch sie vorübergehend in der Schweiz bleiben dürfen. Da sie ein Anrecht auf Unterkunft, medizinische Versorgung und ein wenig Geld haben, richteten viele Kantone provisorische Notunterkünfte wie jene in Zürich ein. Die letzte Hoffnung der Abgewiesenen liegt dann in einem Härtefallgesuch oder in einer Heirat.

Flüchtlinge erhalten neun Euro pro Tag
Neben vier Schlafzimmern gibt es im Bunker nur einen Aufenthaltsraum und eine Küche. Die schmalen Betten sind in drei Ebenen übereinandergestapelt. Wer telefonieren will, muss ins Freie. Zweimal pro Tag müssen sich die Bewohner in der Unterkunft melden. Wer dies einmal versäumt, bekommt keine Nothilfe. Die Flüchtlinge erhalten knapp neun Euro pro Tag, die für Essen oder Zugtickets ausreichen müssen. Viele fahren regelmäßig nach Zürich, um beispielsweise Deutsch zu lernen. Die Polizei kontrolliert die Unterkunft stichprobenartig, manchmal kommt es zu Verhaftungen von fremden Flüchtlingen wegen "illegalen Aufenthalts".

Anwältin: "Destabilisierung der Flüchtlinge kontraproduktiv"
Die harten Rahmenbedingungen im Bunker findet Flüchtlingsanwältin Weissinger "kontraproduktiv". "So versucht man, die Leute zu destabilisieren. Die Enge der Unterkünfte gepaart mit der Perspektivlosigkeit führt unter Abgewiesenen immer wieder zu Streit." Behörden und Politik müssten der Juristin zufolge der Realität ins Auge sehen, dass die meisten Flüchtlinge aus verschiedensten Gründen nicht freiwillig in ihre Heimat zurückkehren, "selbst wenn man den Druck erhöht und selbst wenn sie kaum Chancen auf eine Aufenthaltsbewilligung haben".

Zahl der Asylanträge geht zurück
Im Kanton Bern wurden mittlerweile alle unterirdischen Notunterkünfte in Zivilschutzbunkern geschlossen. Grund dafür seien die rückläufigen Zahlen von Asylsuchenden. Gut 27.000 Menschen hätten 2016 in der Schweiz Asyl beantragt, fast ein Drittel weniger als im Jahr davor, teilte das Staatssekretariat für Migration Ende Jänner mit. Der Rückgang sei in erster Linie auf die Schließung der Balkanroute im März 2016 zurückzuführen. Für heuer rechnet die Behörde mit rund 24.000 Ansuchen um Asyl.

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