Ärzte deckten auf

Schweden: Ganze Mädchenklasse genitalverstümmelt

Ausland
20.06.2014 09:20
Schulärzte haben in der schwedischen Stadt Norrköping eine Klasse entdeckt, in der alle Mädchen Genitalverstümmelungen aufweisen. 28 der 30 Mädchen seien sogar der krassesten Form der Beschneidung ausgesetzt worden, schrieb die Tageszeitung "Norrköpings Tidningar" am Freitag in ihrer Online-Ausgabe. In Europa sind laut Angaben der EU-Kommission rund 500.000 Frauen Opfer der blutigen Praxis. In Österreich sind Schätzungen zufolge bis zu 8.000 Frauen betroffen.

Der Fall ist der bisher umfassendste in Schweden. Genaue Zahlen, wie viele Frauen in Schweden mit Genitalverstümmelungen leben müssen, gibt es nicht. Allein in Norrköping wurden seit März dieses Jahres laut dem Zeitungsbericht rund 60 Fälle aufgedeckt.

Eltern droht bis zu zehn Jahre Haft
Die schwedische Schulgesundheitsbehörde will nun eine umfangreiche Informationskampagne starten. Eltern von Kindern mit einschlägigem Einwandererhintergrund sollen ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass sie eine bis zu zehnjährige Gefängnisstrafe riskieren, wenn sie ihre Töchter in den jeweiligen Herkunftsländern einem derartigen Eingriff unterziehen lassen.

Die weibliche Beschneidung wird weltweit immer noch in rund 30 Ländern praktiziert, am öftesten in Afrika. Am stärksten verbreitet ist der Eingriff in Somalia, wo nach Schätzungen bis zu 98 Prozent der weiblichen Bevölkerung beschnitten sind. Laut Unicef sind weltweit mehr als 125 Millionen Frauen betroffen.

Genitalverstümmelung ein Problem in ganz Europa
Weibliche Genitalverstümmelung (Female Genital Mutilation, FGM) ist laut einer Mitteilung der EU-Kommission vom November 2013 mit rund 500.000 Opfern ein wachsendes Problem in Europa. Die EU hatte Anfang des Jahres erklärt, sich für eine weltweite "Nulltoleranz" einzusetzen. Die Kommission forderte die EU-Staaten auf, gegen die blutige Praxis vorzugehen, jungen Mädchen die Klitoris zu beschneiden.

Bei der Beschneidung werden die äußeren weiblichen Genitalien abgeschnitten. Dies werde vor allem aufgrund sozialen Drucks durchgeführt. Kontrolle der weiblichen Sexualität, Ängste und Überzeugungen seien mit FGM verbunden. Dazu zähle auch die Ansicht, dass FGM "von Vorteil" für die Frauen und Mädchen sei. Bei den Opfern führt die Praxis aber oft zu akuten Komplikationen sowie zu massiven Langzeitfolgen. Diese reichen von dauernden Schmerzen und häufigen Infektionen bis hin zu mitunter tödlichen Folgen bei Schwangerschaft und Geburt.

Kurz: "Muss als Tradition abgelehnt werden"
In Österreich hatte Außenminister Sebastian Kurz im Februar erklärt: "Weibliche Genitalverstümmelung missachtet nicht nur die Würde der Frau, sondern zeichnet sie für ihr Leben." Diese Praxis sei in keiner Religion begründet und müsse als Tradition abgelehnt werden, so Kurz.

Zur Bekämpfung von weiblicher Beschneidung gibt es hierzulande bereits eine Reihe von gesetzlichen Regelungen: FGM oder die Zustimmung dazu ist seit 2001 per Gesetz verboten. Der Artikel 90 im Strafgesetzbuch ist seit 2012 auch extraterritorial anwendbar, um die im Ausland stattgefundene Beschneidung von Mädchen und Frauen strafrechtlich zu verfolgen.

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