"Zeiten ändern sich"

Rolling Stones rockten vor 500.000 Fans auf Kuba

Musik
26.03.2016 13:02

Wenn Mick Jagger ein historisches Konzert ankündigt, liefert er es mit seinen Bandkollegen auch ab. Am Freitagabend traten die Rolling Stones unter großem Jubel in der kubanischen Hauptstadt Havanna gratis auf. Rund 500.000 Menschen bereiteten den Musikern einen begeisterten Empfang. Es war das erste Konzert einer britischen Rockband im sozialistischen Kuba.

(Bild: kmm)

Die Musik war kilometerweit zu hören. So konnten auch jene Fans dabei sein, die es nicht auf das offiziell rund 450.000 Personen fassende Veranstaltungsgelände schafften. Die Behörden sprachen von 200.000 Besuchern. Kurz nach 20.30 Uhr begann mit "Jumpin' Jack Flash" die Show, Jagger bedankte sich auf Spanisch bei den Fans. Es folgte "It's Only Rock'n' Roll", möglicherweise auch als Botschaft an die kommunistische Führung Kubas. Jahrzehntelang galten die Songs der Briten in Kuba als politisch verpönt.

"Die Zeiten ändern sich"
"Wir wissen, dass es vor einigen Jahren noch schwierig war, unsere Musik in Kuba zu hören", sagte Jagger unter großem Jubel auf Spanisch. "Aber da sind wir." Und mit einem Verweis auf US-Legendenkollegen Bob Dylan: "Die Zeiten ändern sich." Mehr als zwei Stunden lang gaben die Briten ihre Songs zum Besten, sie hatten zuvor auch via Facebook ihre Fans über einen Teil der Songlist abstimmen lassen. Die Entscheidung fiel dabei auf "All Down the Line". Auch Klassiker wie "Angie" oder "Sympathy for the Devil" wurden gespielt, Keith Richards durfte für "You Got the Silver" und "Before They Make Me Run" ans Mikro.

"Ich finde es mutig, dass Jagger auch darauf hingewiesen hat, dass die Songs der Rolling Stones jahrelang in Kuba verboten waren", sagte der Münchner Paco. Er war nur für das Konzert in den Karibikstaat gereist, hatte erst wenige Tage zuvor den Flug gebucht. "Ich war nicht bei Woodstock dabei, dafür bei den Stones in Kuba." So sahen das auch die Hamburger Marcel und Katja. "Wir reisen gerade durch Mittel- und Südamerika, eigentlich wollten wir nach Guatemala, nun sind wir in Kuba", erzählten sie.

"Der größte Tag in der Geschichte der Musik"
Für Slavko Francia war es bereits das 57. Stones-Konzert. Der 66-jährige Slowene hatte die Rockband erstmals 1967 in Mailand gesehen. "Das heute ist historisch. Es ist der größte Tag in der Geschichte der Musik", so der Fan, der in Portoroz ein Rolling-Stones-Museum betreibt. Für Flug und Hotel bezahlte der Slowene mehr als 2000 Euro. "Aber das ist es allemal wert für so ein legendäres Konzert", sagte Francia.

Bereits am frühen Nachmittag war der Einlass geöffnet worden, bald füllte sich das riesige Sportfeld der Ciudad Deportiva in Havanna. Auf zahlreichen Hausdächern verfolgten Kubaner das Spektakel. Der Himmel zeigte sich einigermaßen gnädig, es blieb fast den ganzen Tag über bewölkt. Bier gab es bei den zahlreichen Ständen außerhalb des Geländes nicht zu kaufen, es herrschte aus Sicherheitsgründen Alkoholverbot. Auf dem Feld gab es überhaupt keine Verkaufsstände. Dennoch wurde traditioneller Rum unter den wartenden Fans herumgereicht, die in Gruppen auf dem Boden saßen. Die Kubaner nahmen das gelassen hin - sie sind an lange Wartezeiten und meterlange Schlangen gewöhnt.

Viele internationale Fans angereist
Die Stunden bis zum Konzert wurden unter anderem mit Lesen oder auch Fußballspielen überbrückt. Angereist waren etwa auch argentinische Fans, inklusive tätowiertem Stones-Logo. Ein junger Mann hatte darüber gar die Initialen seiner Mutter auf seinem Fuß verewigt. Die Gruppe sang voller Inbrunst die argentinische Nationalhymne, was von den Kubanern mit lautstarkem Applaus bedacht wurde. Dieser flammte auch auf, als eine US-Flagge mit Stones-Logo geschwenkt wurde.

Dutzende Polizisten säumten das Feld, Taschenkontrollen am Einlass gab es trotzdem nur sporadisch. Am Feld selbst standen lediglich sechs Dixi-Klos, auf den umliegenden Straßen dienten Metallverkleidungen über den Gullys als Toilette. "You Can't Always Get What You Want" war die erste Zugabe - für die Menschen in Kuba mit symbolischer Bedeutung. Beim Abschluss-Song "Satisfaction" tobte die Menge. Es wurde deutlich, dass diesen Hit auch alle Kubaner kannten. Kurz vor 23 Uhr war das lang ersehnte Spektakel beendet, "Buenas Noches" wünschte Jagger.

Abschluss der "América Latina Olé"-Tour
Das Konzert bildete den Abschluss der eigentlich schon in Mexiko-Stadt beendeten Tour "América Latina Olé", die Rolling Stones hatten den lang ersehnten Auftritt noch kurzfristig drangehängt. Es war wohl jenes Konzert mit den wenigsten Postings in sozialen Netzwerken. Mobiles Internet gibt es auf Kuba nicht, mittlerweile zwar in allen größeren Städten Wlan-Hotspots, nicht jedoch in der Ciudad Deportiva. Und doch stellte dieser 25. März einen weiteren Meilenstein der Öffnung des Karibik-Staats dar.

Diese vorletzte Woche im März 2016 wird in Kuba ohnedies als historisch in die Geschichte eingehen: Schließlich besuchten die Stones Kuba drei Tage nach der Visite von US-Präsident Barack Obama. Dieser war am Sonntag als erster amtierender US-Präsident seit fast 90 Jahren in dem karibischen Inselstaat eingetroffen. Der dreitägige Staatsbesuch markierte den bisherigen Höhepunkt des Annäherungskurses zwischen den vormals verfeindeten Ländern.

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