Als Hitler posiert

Pegida-Chef Lutz Bachmann tritt zurück

Ausland
22.01.2015 06:27
Nach heftiger Kritik an Facebook-Fotos in Hitler-Pose sowie negativen Äußerungen über Flüchtlinge ist der Gründer der islamkritischen Pegida-Bewegung, Lutz Bachmann, von seinen Funktionen bei der Organisation zurückgetreten. Bachmann sagte am Mittwochabend gegenüber der "Bild": "Ja, ich trete als Vorstand zurück. Es tut mir leid, dass ich damit den Interessen unserer Bewegung geschadet habe, und ich ziehe daraus die Konsequenzen." Bei einem Aufmarsch in Leipzig herrschte am Abend zwischen Pegida-Anhängern und -Gegnern aufgeheizte Stimmung.

"Ich entschuldige mich aufrichtig bei allen Bürgern, die sich von meinen Postings angegriffen fühlen", erklärte Bachmann. "Es waren unüberlegte Äußerungen, die ich so heute nicht mehr tätigen würde." Pegida verliert somit ihren in der Öffentlichkeit bekanntesten - und umstrittensten - Vertreter. Der 41-jährige hatte zuvor das Bild, das ihn mit einem "Hitler-Bärtchen" zeigt, als Scherz bezeichnet. Er habe das Foto beim Friseur geknipst, sagte er. Anlass sei die Veröffentlichung der Audio-Version des Satire-Buchs "Er ist wieder da" von Timur Vermes gewesen.

"Hitler-Selfie" nicht der einzige Grund für Rücktritt
Dass Bachmann den Rückhalt innerhalb der Pegida-Führung verlor, lag aber offenbar an Äußerungen über Flüchtlinge und Asylwerber - und nicht an den Fotos in Hitler-Pose. Das "Hitler-Selfie" sei Satire gewesen, die jedem Bürger freistehe, erklärte Pegida-Sprecherin Kathrin Oertel. "Die pauschale Beleidigung fremder Menschen allerdings nicht mehr." Pegida weise die bekannt gewordenen Facebook-Postings Bachmanns "aufs Schärfste zurück", fügte Oertel hinzu. Vokabeln wie "Viehzeug", "Dreckspack" und "Gelumpe" gehörten "nicht in einen politischen Diskurs".

Ermittlungen wegen Verdachts auf Volksverhetzung
Wegen der Äußerungen über Flüchtlinge leitete die Dresdner Staatsanwaltschaft unterdessen ein Ermittlungsverfahren wegen Verdachts der Volksverhetzung ein. Auslöser seien angebliche Kommentare von Bachmann vom September vergangenen Jahres gewesen, in denen Asylwerber beschimpft und beleidigt wurden. Bachmann erhielt deshalb Morddrohungen von Islamisten und steht derzeit unter Polizeischutz. Die Behörden hatten am vergangenen Montag in Dresden sämtliche Kundgebungen verboten.

Bereits mehrmals im Konflikt mit dem Gesetz
Bachmann ist gelernter Koch und mehrfach vorbestraft, unter anderem wegen Diebstahls und Drogendelikten. Drei Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer gründete er nach eigenen Angaben eine kleine Foto- und Werbeagentur. Danach geriet er gleich mehrmals mit dem Gesetz in Konflikt und wurde verurteilt. Noch vor Haftantritt setzte er sich nach Südafrika ab, wo er Grafik und Design studiert haben will. Recherchen von Journalisten an der Universität von Kapstadt führten jedoch ins Leere.

Im Jahr 2000 kehrte Bachmann zurück nach Deutschland, stellte sich und kam ins Gefängnis. 2010 wurde er wegen Drogenhandels zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung verurteilt. Als seine kriminelle Vergangenheit im Zuge der Pegida-Proteste zum Thema wurde, stellte er kurzzeitig seinen Rückzug in Aussicht - um eine Woche später doch wieder als Redner aufzutreten.

Tausende Teilnehmer bei Protesten in Leipzig
In Leipzig versammelten sich kurz nach Bachmanns Rücktritt am Mittwochabend etwa 15.000 Anhänger des Leipziger Pegida-Ablegers Legida - begleitet von heftigen Gegenprotesten. Viele Teilnehmer der Kundgebung mussten von der Polizei einzeln oder in kleinen Gruppen durch die 20.000 Gegendemonstranten zum Versammlungsort geleitet werden. Zwischen beiden Seiten kam es zu kleineren Handgemengen.

Gegen Ende der Demonstration wurden mehrere Polizisten durch Böller, Flaschen und Laserpointer verletzt. Auch Journalisten seien attackiert worden, so die Polizei. Die Fotoausrüstung eines Pressevertreters wurde zerstört, die Polizei nahm drei Randalierer in Gewahrsam.

Insgesamt waren 19 Gegendemonstrationen und Mahnwachen in Leipzig angemeldet. Mit 4.400 Beamten im Einsatz erlebte die Stadt einen der größten Polizeieinsätze seit der Wende. Vor den Demonstrationen verübten Unbekannte auf die Bahnstrecke zwischen Dresden und Leipzig zwei Brandanschläge.

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