Tempelberg-Krise

Mehrere Tote und 400 Verletzte in Jerusalem

Ausland
22.07.2017 09:18

Der Streit um den Tempelberg in Jerusalem ist am Freitag heftig eskaliert und hat mindestens drei Menschenleben gefordert. Nach dem Freitagsgebet wurden nach Angaben der palästinensischen Gesundheitsbehörden drei Palästinenser bei Konfrontationen in Ostjerusalem getötet und rund 400 weitere in Jerusalem und im Westjordanland verletzt. Mehrere Verletzte schwebten in Lebensgefahr, wie das Gesundheitsministerium mitteilte. Der palästinensische Präsident Mahmoud Abbas bat die USA um sofortige Intervention, zudem froren die Palästinenser die diplomatischen Beziehungen zu Israel ein.

Als Auslöser der Unruhen gilt ein Streit um Metalldetektoren, die Israel nach einem tödlichen Anschlag am Tempelberg an Eingängen zu der heiligen Stätte in Jerusalems Altstadt aufgestellt hatte. Israel erlaubte am Freitag aus Furcht vor neuer Gewalt nur Männern über 50 Jahren und Frauen den Zutritt zu der Stätte, die Muslimen und Juden heilig ist. Tausende israelische Polizisten waren im Einsatz und Bataillone der Armee in Alarmbereitschaft versetzt worden. Palästinensische Vertreter hatten Muslime dazu aufgerufen, in Massen zum Freitagsgebet auf dem Tempelberg zu kommen. In den vergangenen Tagen war es dort immer wieder zu Zusammenstößen gekommen.

Hunderte jüngere Männer, denen der Zugang verwehrt wurde, beteten dann auf der Straße außerhalb der Altstadtmauern. Auch an Militärsperren im Westjordanland beteten Muslime, die keine Einreisegenehmigung erhielten. Laut Polizeiangaben griffen Muslime nach dem Gebet Sicherheitskräfte mit Steinen, Feuerwerkskörpern und Brandflaschen an. Vier Polizisten seien verletzt worden, hieß es.

Metalldetektoren nach Anschlag aufgestellt
Nach palästinensischen Angaben setzten die israelischen Sicherheitskräfte Tränengas und Geschosse gegen die Demonstranten ein. Die Palästinenser lehnen die Kontrollen durch Metalldetektoren ab und sehen ihre Aufstellung als Versuch Israels, seine Kontrolle über die heilige Stätte auszuweiten. Israel betont, den Status quo nicht verändern zu wollen. Die Kontrollmaßnahmen wurden nach einem blutigen Anschlag am Tempelberg vor einer Woche eingeführt, bei dem zwei israelische Polizisten und drei arabische Angreifer getötet worden waren.

Abbas bittet USA um Intervention
Abbas forderte bei einem Telefonat mit dem US-Nahostgesandten Jared Kushner den Abbau der Metalldetektoren. US-Präsident Donald Trump müsse "sich sofort einmischen, um Israel dazu zu zwingen, seine Maßnahmen an der Al-Aksa-Moschee rückgängig zu machen", so Abbas Medienberichten zufolge. Andernfalls könnte die Lage außer Kontrolle geraten, warnte er.

Palästinenser frieren Beziehungen zu Israel ein
Der palästinensische Präsident habe wegen der Krise eine Auslandsreise unterbrochen und sei in der Nacht auf Freitag zurückgekehrt, hieß es weiter. Er plane eine Dringlichkeitssitzung der Palästinenserführung, um über die schwierige Situation in Jerusalem zu beraten. Zudem teilte die Palästinensische Autonomiebehörde am Freitagabend mit, dass man die diplomatischen Beziehungen zu Israel vorerst einfrieren werde. Abbas sagte, die Beziehungen würden erst dann wieder aufgenommen, wenn Israel die Sicherheitsmaßnahmen wieder aufhebe.

Israel will Metalldetektoren nicht abbauen
Das israelische Sicherheitskabinett hatte Freitagfrüh beschlossen, die umstrittenen Detektoren vorerst nicht abzubauen. "Israel verpflichtet sich, den Status quo auf dem Tempelberg zu wahren und einen freien Zugang zu den heiligen Stätten zu gewährleisten", hieß es aus Regierungskreisen. Gleichzeitig müsse man die Sicherheit der Betenden und Besucher auf dem Tempelberg garantieren.

Der Tempelberg in Jerusalems Altstadt war immer wieder Brennpunkt religiöser Spannungen. Muslime verehren ihn als "Al-Haram al-Sharif" (Edles Heiligtum). Der Überlieferung nach standen dort früher die jüdischen Tempel, heute beten an der Stelle Muslime in der Al-Aksa-Moschee und dem Felsendom mit seiner vergoldeten Kuppel. Der Streit um die Besuchsrechte, also wer das Plateau betreten und dort beten darf, gilt als Auslöser einer Welle palästinensischer Anschläge, die vor knapp zwei Jahren begann.

 krone.at
krone.at
Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.

Kostenlose Spiele