Umfrage nach Drama

Nun Hälfte der US-Bürger für schärfere Waffengesetze

Ausland
18.12.2012 07:19
Nach dem Massaker in Newtown befürworten laut einer aktuellen Umfrage erstmals deutlich mehr US-Bürger schärfere Waffengesetze. Eine am Montag veröffentlichte Erhebung ergab, dass 50 Prozent der Befragten dafür plädierten, den Waffenbesitz strenger zu regeln. Präsident Barack Obama hatte bereits politische Konsequenzen angekündigt, eine demokratische Senatorin präzisierte nun ihrerseits Pläne für ein neues Waffenrecht. Und auch einige Vertreter der mächtigen Waffenlobby scheinen nach dem Drama umzudenken.

In einer Umfrage von Reuters und Ipsos kurz vor dem Mord an den 20 Volksschulkindern sowie den sechs Erwachsenen an der Sandy Hook Elementary School am Freitag in Newtown hatten noch lediglich 42 Prozent der US-Bürger schärfere Waffengesetze befürwortet.

Obama hatte am Sonntag bei einer Trauerfeier seine Aufforderung zum dringenden Handeln in der Frage bekräftigt. Am Montag beriet der Präsident dann mit Vizepräsident Joe Biden, Justizminister Eric Holder, Bildungsminister Arne Duncan und Gesundheitsministerin Kathleen Sebelius über die nächsten Schritte. Ein Sprecher Obamas sagte, der Präsident werde sich in den kommenden Wochen näher zu seinen Plänen äußern. Generell befürworte Obama aber ein Verbot von Sturmfeuerwaffen.

Senatorin präzisiert Waffenrecht-Pläne
Indes veröffentlichte am Montag die demokratische Senatorin Dianne Feinstein nach ihrer Ankündigung eines neuen Gesetzesvorstoßes zum Waffenrecht die Details zu den Plänen. Dem Entwurf zufolge sollen der Verkauf, der Transfer, die Herstellung sowie der Import von rund 100 Modellen von Sturmgewehren verboten werden. Auf der Liste stehen halbautomatische Gewehre und Pistolen sowie Magazine mit mehr als zehn Schüssen. Wie auch Obama reagierte Feinstein mit ihrem Vorstoß auf den Amoklauf in Newtown. Nach jüngsten Ermittlungsergebnissen verübte der Schütze seine Taten hauptsächlich mit einem Sturmgewehr.

Die geplanten Verbote betreffen dem Entwurf zufolge nur neue Waffen. Außerdem sieht der Text eine Reihe von Ausnahmen für Waffen, die für den Sport oder die Jagd bestimmt sind, sowie für antike Waffen vor. Sie sei nun dabei, sowohl im Senat als auch im Repräsentantenhaus für das Gesetz zu werben, erklärte Feinstein. Nicht zuletzt wegen der starken Waffenlobby dürfte es aber schwierig werden, das Gesetz durch beide Kammern des gespaltenen US-Kongresses zu bringen.

Geben Verfechter der Waffenfreiheit nach?
Das Ausmaß der Tragödie von Newtown scheint auch einige bisherige Verfechter der Waffenfreiheit zum Umdenken zu bewegen: So schlossen sich die beiden ranghohen Demokraten Joe Manchin, Senator aus West Virginia, und Mark Warner, Senator aus Virginia, der wachsenden Zahl von Politikern in Washington an, die sich für schärfere Waffengesetze einsetzen wollen. Dies hatten sie bisher entschieden abgelehnt. In der Vergangenheit hat die Waffenlobby, die National Rifle Association, eine strengere Reglementierung des Waffenbesitzes in den USA stets zu verhindern gewusst.

In den USA sind bis zu 300 Millionen Schusswaffen im Privatbesitz - das entspricht fast einer Waffe pro Einwohner. In einer Erhebung des Gallup-Instituts aus dem vergangenen Jahr gaben 47 Prozent der Befragten an, in einem Haushalt mit mindestens einer Schusswaffe zu leben - jeder dritte US-Bürger ist demnach selbst Waffenbesitzer. Die Waffenschmieden des Landes produzierten 2011 knapp 2,5 Millionen Pistolen, 573.000 Revolver sowie mehr als drei Millionen Gewehre. Es gibt fast 130.000 lizenzierte Waffenhändler. Mehr als 30.000 Menschen sterben in den USA jedes Jahr durch Schusswaffen - darunter sind über 12.000 Morde.

Erste Opfer des Schulmassakers beigesetzt
Indes wurden - begleitet von Hunderten Trauernden - die ersten zwei Opfer des Schulmassakers von Newtown beerdigt (Bilder). Der sechsjährige Noah Pozner und sein gleichaltriger Schulkamerad Jack Pinto wurden am Montagnachmittag zu Grabe getragen. Viele Menschen legten Blumen, Stofftiere und Ballons vor die kleine Synagoge des Nachbarortes Fairfield, wo die Trauerzeremonie für den aus einer jüdischen Familie stammenden Pozner stattfand, und ein Bestattungsinstitut in Newtown, wo Pinto betrauert wurde. Kamerateams waren zu den Beisetzungen nicht zugelassen worden.

Pozners Mutter hielt gleich zu Beginn der Trauerfeier unter Tränen eine kurze Rede. Wann immer sie ihrem Sohn, dessen Zwillingsschwester Arielle die Bluttat in einem anderen Klassenzimmer überlebte, gesagt habe, dass sie ihn liebe, sei seine Antwort gewesen: "Nicht so sehr wie ich dich", erzählte Veronique Pozner den Trauernden. Ihr Sohn habe Arzt werden wollen - oder Direktor einer Taco-Fabrik, denn das sei sein Lieblingsessen gewesen. In einer Mitteilung bedankte sich die Familie Pozner für die Unterstützung, die sie in dieser schlimmen Zeit erfahren habe.

Der sechsjährige Jack Pinto, der ein großer Football-Fan gewesen war, wurde in einem weißen Trikot der New York Giants beerdigt. Sein weißer Kindersarg war mit roten, weißen und gelben Blumen sowie Fotos des Buben geschmückt. "Von dem Moment an, als Jack in diese Welt kam, hat er sofort alle Aufmerksamkeit auf sich gezogen", sagte Mary Radatovich, eine Freundin der Familie, während der Trauerfeier. "Wer hätte diese wundervolle Energie, dieses Funkeln in den Augen oder diesen Geist ignorieren können?" Sie alle fühlten schrecklichen Schmerz, dass sie ihn verloren hätten, fuhr Radatovich fort. "Aber wir werden niemals die Freude, ihn zu lieben, vergessen."

Motiv des Amokläufers weiterhin unklar
Pozner und Pinto waren - gemeinsam mit 18 anderen Kindern und sechs Erwachsenen - am Freitag in ihrer Schule im Kugelhagel eines Amokläufers ums Leben gekommen. Der 20-jährige Adam Lanza tötete sich danach selbst. Seine Mutter wurde ermordet in ihrem Haus in Newtown aufgefunden. Das Motiv des Amokläufers war auch Tage nach der Tat weiter völlig unklar. Noch in dieser Woche sollen in Newtown mindestens drei weitere Kinder beerdigt werden.

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