Nach blutigem Kampf

Mazedonien: Sozialdemokrat darf Regierung bilden

Ausland
17.05.2017 19:58

In der mazedonischen Staatskrise zeichnet sich eine Entspannung, wenn nicht gar eine Lösung ab: Präsident Gjorge Ivanov hat nach langer Weigerung nun doch den Chef der Sozialdemokraten, Zoran Zaev, mit der Regierungsbildung beauftragt. Seit der vorgezogenen Parlamentswahl im Dezember wurde die Koalitionsbildung von Ivanov, der ein Vertrauter der bisher regierenden nationalkonservativen Partei VMRO-DPMNE ist, blockiert. Der Konflikt gipfelte im April in einer Erstürmung des Parlaments. Im Zuge des Handgemenges wurden neben Zaev zahlreiche seiner Parteifreunde sowie Journalisten attackiert.

Zwar waren die Nationalkonservativen im Vorjahr als Sieger aus den Parlamentswahlen hervorgegangen, sie schafften aber keine Mehrheit im Parlament. Das gelang der sozialdemokratischen SDSM mit der Unterstützung von drei anderen Parteien der albanischen Volksgruppe.

Angst vor zu viel Einfluss der albanischen Minderheit
Staatspräsident Ivanov wandte sich allerdings lange gegen das akkordierte Regierungsprogramm. Dieses würde die Einheit Mazedoniens gefährden, meinte der Staatschef mit Blick auf Pläne, den Gebrauch der albanischen Sprache in den staatlichen Institutionen zu erweitern. Laut Medienberichten versicherten Zaev und seine Koalitionspartner Ivanov nun schriftlich, dass ihr Regierungsprogramm weder die mazedonische Verfassung noch die Gesetze verletzen würden.

Dies wiederholte er mündlich, als er am Mittwoch in Skopje den Regierungsauftrag von Ivanov empfing: Die neue Parlamentsmehrheit werde die territoriale Einheit und Unabhängigkeit Mazedoniens schützen, sei dem multiethnischen Charakter des Landes verpflichtet und werde die verfassungsmäßige Ordnung sowie die Staatsinteressen aufrechterhalten. Zaev hat nun 20 Tage Zeit, um dem Parlament seine Regierung vorzustellen. Der Durchbruch war wohl erst nach massivem Druck auf Ivanov aus der EU und aus den USA möglich.

Seit vielen Jahren gibt es die Befürchtung der slawisch-mazedonischen Mehrheit, dass die Albaner, die zwischen 25 und 30 Prozent der zwei Millionen Einwohner stellen, für ihre Siedlungsgebiete eine Autonomie erreichen wollen. 2001 kam es in der früheren jugoslawischen Teilrepublik zu monatelanger Gewalt zwischen albanischen Rebellen und den Sicherheitskräften. Ein Abkommen setzte dem ein Ende, den Albanern wurden schon damals mehr Rechte eingeräumt. Albaner-Parteien waren seither sowohl für die Nationalkonservativen als auch für die Sozialdemokraten Mehrheitsbeschaffer.

Nach Parlamentssturm: Prozess gegen Nationalkonservative
Am Donnerstag beginnt in Skopje ein erster Prozess gegen neun Anhänger der VMRO-DPMNE, die am 27. April am Sturm auf das Parlament beteiligt waren. Ihnen wird Mitgliedschaft in einer gewalttätigen Gruppe angelastet. Insgesamt wurden Ermittlungen gegen 30 mutmaßliche Gewalttäter aufgenommen, von denen sich zwei unter dem Vorwurf des versuchten Mordes in Untersuchungshaft befinden.

Mazedonien ist schon seit 2005 EU-Kandidat, Beitrittsverhandlungen wurden bisher aber nicht aufgenommen. Griechenland blockiert diese, weil es sich im Zusammenhang mit der eigenen Region Makedonien am Staatsnamen Republik Mazedonien stößt. Auch der NATO-Beitritt Mazedoniens ist deswegen blockiert.

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