Dörfer in Trümmern

Massenhaft Tote bei schwerem Erdbeben in Italien

Ausland
24.08.2016 19:28

Bei einem schweren Erdbeben in Mittelitalien in der Nacht auf Mittwoch sind mindestens 132 Menschen ums Leben gekommen, darunter viele Kinder. Vermutlich Hunderte weitere Personen wurden verletzt, mehr als 100 Personen werden noch vermisst. Die Rettungsteams arbeiten gegen die Zeit, um zahlreiche Verschüttete zu bergen. Die Regierung schickte Soldaten, viele Berggemeinden sind nach dem Beben vollkommen isoliert. Die Erdstöße, deren Epizentrum nahe der Ortschaft Norcia in der Provinz Perugia lag, erreichten eine Stärke von 6,2 auf der Richterskala.

200 Erdstöße in den betroffenen Regionen registriert
Das Ausmaß der Katastrophe ist angesichts der vielen verstreuten kleinen Bergdörfer in der Gegend weiterhin nicht abzuschätzen. Tausende obdachlos Gewordene brauchen unterdessen zumindest notdürftige Versorgung. In dem Bergdorf Accumoli, in dem es mehrere Tote gab, wurden Zelte für 2000 Personen aufgeschlagen. Alle Einwohner in der ebenfalls betroffenen Gemeinde Arquata mussten ihre Häuser verlassen.

Nach Angaben des Staatsfernsehens RAI wurden die meisten Opfer - zehn Tote und 20 Verletzte - im Dorf Arquata del Tronto in der mittelitalienischen Region Marken sowie in der Ortschaft Accumuli und in Amatrice in der Region Latium gemeldet. Zu den Opfern zähle auch eine Familie mit zwei kleinen Kindern, die unter den Trümmern ums Leben gekommen sei, sagte der Bürgermeister der kleinen Gemeinde Accumuli. "Die ganze Gemeinde ist zerstört worden. Wir müssen für die gesamte Bevölkerung Zelte errichten!"

Wegen der großen Zahl von Verletzten riefen die Behörden die Bevölkerung zum Blutspendenden auf. Die Bewohner der Gemeinden um das Epizentrum wurden gebeten, dazu in Krankenhäuser zu kommen.

Das Erdbeben hatte die gesamte Region zwischen Umbrien, Latium und den Marken erschüttert. 200 Erdstöße wurden in den Regionen registriert. In der rund 150 Kilometer vom Epizentrum entfernten Hauptstadt Rom war es deutlich zu spüren. Viele Bewohner wurden aus dem Schlaf gerissen. Es folgten mehrere kräftige Nachbeben. Das italienische Institut für Geophysik und Vulkanologie warnte vor der Gefahr weiterer Nachbeben, die sich noch Tage oder sogar Wochen nach dem Hauptbeben ereignen könnten.

Schwere Schäden in Kleinstadt Amatrice
Die ganze Gemeinde Arquata in der Region Marken wurde aus Sicherheitsgründen evakuiert. Hier kam ein Ehepaar unter den Trümmern seines Hauses ums Leben. Besonders betroffen war auch eine Urlaubsortschaft im Appenin, Amatrice, 140 Kilometer nordöstlich von Rom. Die Patienten des örtlichen Krankenhauses mussten die Anlage verlassen. Auch in anderen Orten der Region wurden am Mittwoch beschädigte Krankenhäuser und Seniorenheime geräumt. "Amatrice existiert nicht, unsere ganze Gemeinde ist in Trümmern", klagte Bürgermeister Sergio Pirozzi.

Die Gemeinde Amatrice ist isoliert, da Geröll die Straßen zur Kleinstadt blockierte. Eine Brücke, die nach Amatrice führt, stürzte teilweise ein, was die Rettungsarbeiten erheblich erschwerte. Die Regierung Renzi entsendete Soldaten, um Hilfe zu leisten.

Nacht der Angst in Norica
Eine Nacht der Angst erlebte auch die umbrische Kleinstadt Norcia, Geburtsort des Heiligen Benedikt. Schäden wurden in der Kathedrale gemeldet. Die vielen Touristen, die sich in der Ortschaft befinden, strömten in Panik auf die Straßen.

Das Epizentrum der Erdstöße lag in einer Tiefe von vier Kilometern. Nach dem ersten Erdbeben um 3.36 Uhr kam es zu einem stärkeren Nachbeben gegen 4.45 Uhr. Experten warnten vor weiteren Nachbeben. Die Bevölkerung in den betroffenen Gemeinden verbrachte die Nacht im Freien aus Angst vor weiteren Einstürzen. Ein weiteres Nachbeben wurde gegen 6 Uhr in Arquata gemeldet.

Renzi: "Wir lassen niemanden alleine"
Der italienische Regierungschef Matteo Renzi traf mittlerweile in Amatrice ein. Er sprach mit Koordinatoren des Zivilschutzes und dankte den Rettungseinheiten für ihren Einsatz. Renzi versicherte, dass es bei der Versorgung der Bevölkerung zu keinen Engpässen kommen werde.

"Wir lassen niemanden alleine", hatte Renzi zuvor in einer kurzen Erklärung in Rom betont. Es gehe nun vor allem darum, weitere Opfer aus den Trümmern zu retten. Als Soforthilfe stellte die Regierung 235 Millionen Euro bereit. Staatspräsident Sergio Mattarella unterbrach einen Aufenthalt in seiner Heimatstadt Palermo und kehrte nach Rom zurück, um sich vom Zivilschutz über die Entwicklungen im Erdbebengebiet informieren zu lassen.

Erinnerungen an Katastrophe von L'Aquila
Das Erdbeben sei mit jenem des Jahres 2009 vergleichbar, das die Abruzzen-Hauptstadt L'Aquila zerstört und über 300 Todesopfer gefordert hatte, berichtete Italiens Zivilschutzchef Fabrizio Curcio. Italien wird auf Grund seiner geografischen Lage immer wieder von Erdbeben erschüttert, oft auch schwerwiegenden.

Beben sogar in Österreich spürbar
Das Erdbeben in Mittelitalien war auch in südlichen Regionen von Kärnten und der Steiermark spürbar, vor allem in oberen Stockwerken von Hochhäusern. Das berichtete der Erdbebendienst der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik in Wien.

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