Drahtzieher unklar

Lebenslange Haft für Mörder von Politkowskaja

Ausland
09.06.2014 13:27
Knapp acht Jahre nach der Ermordung der kremlkritischen Journalistin Anna Politkowskaja hat das Moskauer Stadtgericht die fünf Beteiligten zu langer Straflager-Haft verurteilt. Der mutmaßliche Organisator sowie der Todesschütze müssen lebenslang ins Straflager, wie das Gericht am Montag entschied. Richter Pawel Meljochin verurteilte außerdem drei Komplizen zu zwölf, 14 und 20 Jahren Straflager.

Mit dem Urteil gegen die Hauptangeklagten folgte der Richter der Nachrichtenagentur Interfax zufolge dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Diese hatte für die drei letzten Angeklagten etwas höhere Strafen beantragt, nachdem Geschworene die fünf Verdächtigen im Mai schuldig gesprochen hatten. Die Verteidigung hatte aus Mangel an Beweisen einen Freispruch verlangt und kündigte an, das Urteil anzufechten.

Auftraggeber bis heute unbekannt
Vier der fünf Angeklagten waren schuldig gesprochen worden, den Mord an Politkowskaja organisiert zu haben. Der fünfte führte die Tat nach Überzeugung des Geschworenengerichts aus. Wegen des Verbrechens mussten sich drei Brüder aus Tschetschenien, ihr Onkel sowie ein früherer Moskauer Polizeioffizier vor Gericht verantworten. Wer den Mord an der Journalistin in Auftrag gegeben hat, ist bis heute ungeklärt.

Die Bluttat vom 7. Oktober 2006 hatte weltweit Entsetzen ausgelöst. Die Familie Politkowskajas, die als unerschrockene und engagierte Journalistin galt, sowie ihre Kollegen der kremlkritischen Zeitung "Nowaja Gaseta" suchen weiter nach den Hintermännern. Politkowskaja, die eine Gegnerin von Russlands Präsident Wladimir Putin war, wurde im Alter von 48 Jahren vor ihrer Wohnung durch mehrere Schüsse getötet. Sie hatte aus dem früheren Kriegsgebiet Tschetschenien über schwerste Menschenrechtsverletzungen berichtet.

Bürgerrechtler sehen Spuren bis in Regierungskreise
Menschenrechtsaktivisten und Verwandte haben erklärt, die Verurteilten hätten nur Befehle ausgeführt. Solange die Drahtzieher nicht gefasst und verurteilt seien, sei der Gerechtigkeit nicht Genüge getan. Nach Angaben von Bürgerrechtlern führen die Spuren der Hintermänner möglicherweise bis in Regierungskreise.

Für einen Teil der Beteiligten ist es bereits der zweite Prozess, weil ihnen bei einem ersten Verfahren eine Schuld nicht nachgewiesen werden konnte. Die Urteile seien nur ein "kleiner Schritt" bei der Herstellung der Gerechtigkeit, teilte die Menschenrechtsorganisation Amnesty International mit. Auch dieser Prozess lasse viele Fragen offen, sagte der Leiter von Amnesty in Russland, Sergej Nikitin. Erst wenn die Drahtzieher bekannt seien, könne das Verbrechen aufgeklärt werden.

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