In Euro-Zone

Künftig “Super-Aufsichtsbehörde” für Banken

Wirtschaft
29.06.2012 07:12
Nach stundenlangen Verhandlungen haben die Regierungen der Euro-Zone Freitag früh den Weg für ein umfassendes Paket zur Stabilisierung der Währungsgemeinschaft frei gemacht. Die 17 Staats- und Regierungschefs vereinbarten neben einem 120-Milliarden-Euro-Wachstumspakt und Unterstützungsmaßnahmen für bedrängte Länder eine zentrale Bankenaufsicht für die Euro-Zone - eine "Super-Aufsichtsbehörde", so die deutsche Kanzlerin Angela Merkel.

Aus der vereinbarten Erklärung geht hervor, dass die Bankenkontrolle unter der Beteiligung der Europäischen Zentralbank organisiert werden soll. In einem zweiten Schritt soll dann dem derzeitigen Rettungsfonds EFSF erlaubt werden, direkt angeschlagene Banken mit Kapital zu versorgen, wie EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy sagte. Allerdings setzt dies eine Vereinbarung mit dem betreffenden Land und "angemessene Konditionen" voraus.

Merkel erklärte, zur Schaffung einer zentralen Bankenaufsicht sei eine einstimmige Entscheidung des EU-Ministerrates notwendig. Und dann müsse beim künftigen permanenten Euro-Rettungsschirm ESM in jedem Fall eine einstimmige Entscheidung erfolgen, dass überhaupt eine direkte Bankenrekapitalisierung möglich sei. Schließlich sei in jedem Einzelfall für eine Bank die Entscheidung zu fällen, wobei auch die Konditionen festgelegt werden müssten. "Insofern bleiben wir vollkommen im bisherigen Schema. Leistung, Gegenleistung, Konditionalität und Kontrolle. Wir haben Wichtiges getan, sind aber unserer Philosophie, dass keine Leistung ohne Gegenleistung erfolgt, treu geblieben", so Merkel.

Unterstützung für bedrängte Länder
Ländern, die sich an ihre Budgetvorgaben hielten, könne Hilfe über die Krisenfonds EFSF und ESM gewährt werden, um die Märkte zu beruhigen, erklärte Van Rompuy Freitag früh. Dieses neue Instrument soll bis zum Sommer zur Verfügung stehen. Spanien und Italien müssen derzeit hohe Zinsen für ihre Anleihen bezahlen und haben große Mühe, sich frisches Geld zu beschaffen.

Im Falle Spaniens, das um Unterstützung aus den Euro-Rettungsfonds gebeten hat, wurde vereinbart, dass die Hilfen zwar beim EFSF beantragt, dann aber in den geplanten dauerhaften Rettungsschirm ESM überführt werden sollen. Dieser verzichtet auf seinen bevorzugten Gläubigerstatus, der nach Ansicht der spanischen Regierung das Interesse an Staatsanleihen der viertgrößten Euro-Volkswirtschaft hätte sinken lassen. Die Euro-Zone werde sich auch das irische Sanierungsprogramm nochmals anschauen und andere Fälle ähnlich behandeln, kündigte Van Rompuy an. Neue Instrumente würden dabei nicht geschaffen. "Es bleibt bei dem Prinzip Kontrolle vor Haftung."

Italien hat in einem anderen Punkt ein Entgegenkommen erreicht: Staaten, die die vereinbarten Regeln zu Schulden und Budget einhielten, würden nicht von der Troika aus EU, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds kontrolliert, wenn sie finanzielle Hilfen eines Rettungsschirms in Anspruch nähmen, sagte Regierungschef Mario Monti. Vereinbart wurde, dass in diesen Fällen die betroffenen Staaten die Länderempfehlungen der EU-Kommission verbindlich umsetzen müssen. Die drittgrößte Volkswirtschaft der Euro-Zone habe derzeit aber keine Absicht, eine solche Hilfe zu beantragen, betonte Monti.

Wachstumspaket umfasst 120 Milliarden Euro
Mit der Einigung in der Euro-Gruppe ist auch der Weg für die endgültige Verabschiedung eines EU-Wachstumspakets frei, mit dem 120 Milliarden Euro an Investitionen mobilisiert werden sollen. Italien und Spanien hatten ihre Zusage am Donnerstag noch verweigert, solange sie keine Hilfe erhielten.

Spanische und italienische Diplomaten hatten nach der Blockade betont, dass ihre Länder die Wachstumsmaßnahmen keinesfalls ablehnten. Sie forderten jedoch eine Einigung auf weitere Schritte, die ihnen in der Staatsschuldenkrise unmittelbar helfen würden. Die hohen Zinsen, die Italien und Spanien derzeit für neue Schulden zahlen müssen, gelten als nicht lange tragbar.

Merkel und Juncker zufrieden: "Gute Entscheidungen"
Merkel lobte Freitag früh die Beschlüsse und sprach von "guten Entscheidungen" des Euro- und EU-Gipfels. Dies betreffe insbesondere das Wachstum und die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit sowie zukünftige Maßnahmen im Rahmen von EFSF und ESM. "Wir werden bei den langfristigen Maßnahmen weiterarbeiten", so Merkel. Damit sollte der Gipfel zu einem "guten Abschluss" gebracht werden. Auch Euro-Gruppen-Chef Jean-Claude Juncker begrüßte den Kompromiss.

EU-Gipfelchef Van Rompuy hatte zuvor das Programm des Spitzentreffens komplett umgekrempelt. Er setzte die Krisensitzung der 17 Euro-Staaten schon für die Nacht auf Freitag an - ursprünglich wollten sich die Chefs der Euro-Länder Freitagmittag zusammensetzen.

Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.



Kostenlose Spiele