Einwohnern reicht's

Idomeni: Bürger sperren Zufahrt zu Flüchtlingscamp

Ausland
02.04.2016 12:48

Zahlreichen Bürgern von Idomeni an der griechisch-mazedonischen Grenze reicht es nun: Während die griechische Regierung weiter nicht weiß, wie sie mit den Tausenden Flüchtlingen im dortigen Auffanglager umgehen soll, schritten Einwohner des kleinen Dorfes am Samstag zur Tat und sperrten kurzerhand die Zufahrt zum Camp.

Die Nerven vieler Einwohner des 300-Seelen-Ortes Idomeni liegen blank. "Flüchtlinge und Migranten sofort weg von Idomeni" war am Samstag auf Transparenten zu lesen, die aufgebrachte Bürger in die Höhe hielten.

Erst am Donnerstag hatte ein Landwirt den Boden zwischen den Zelten der Flüchtlinge umgepflügt und dabei einige der Notunterkünfte zerstört. Dem Besitzer von etwa 72.000 Quadratmetern Land gehört auch jene Fläche, auf der sich des Lager befindet. Polizisten stoppten den Bauer und seinen Traktor, wie ein auf YouTube veröffentlichtes Video zeigt:

Im Lager Idomeni halten sich Schätzungen zufolge noch immer rund 12.000 Menschen auf, gut 6.000 davon sind Kinder. Sie sind dort gestrandet, weil Mazedonien und andere Balkanstaaten ihre Grenzen für Personen ohne gültige Reisedokumente und Visa geschlossen haben. Nach Einschätzung griechischer Medien reicht in Idomeni "ein Funke", um die explosive Lage zu entzünden. Geht es nach Regierungsvertretern in Athen, soll sich das Camp in den kommenden vier Wochen leeren - auch weil immer mehr Bürger gegen das Chaos vor Ort protestieren.

Plan für Rückführung von Flüchtlingen steht
Unterdessen sind zwei Tage vor Beginn der geplanten Rückführungen von Flüchtlingen aus Griechenland in die Türkei im Rahmen des EU-Türkei-Paktes erste Details bekannt geworden. Demnach sieht der Plan der griechischen Küstenwache und der EU-Grenzschutzagentur Frontex vor, dass von Montag bis Mittwoch insgesamt rund 750 Asylsuchende mit zwei türkischen Schiffen von der Insel Lesbos in den Hafen Dikili gebracht werden. Dabei seien drakonische Sicherheitsmaßnahmen vorgesehen: Ein Polizist soll jeweils einen Menschen begleiten, der ausgewiesen wird, berichtete die halbamtliche griechische Nachrichtenagentur ANA-MPA am Samstag unter Berufung auf Regierungskreise.

Das griechische Parlament hatte am Freitagabend im Eilverfahren den Weg für die Rückführungen geebnet. Ein Gesetz mit den nötigen Vorgaben zur Umsetzung des Flüchtlingspakts der EU mit der Türkei wurde mit einer klaren Mehrheit verabschiedet: 169 Abgeordnete votierten dafür, 107 dagegen.

Fischer zweifelt am EU-Pakt mit der Türkei
Doch innerhalb der EU gibt es zahlreiche Gegner des Abkommens. Auch Bundespräsident Heinz Fischer hat seine Zweifel: "Ob das erfolgreich ist? Ich bin skeptisch", sagte er am Samstag im Ö1-"Mittagsjournal". "In der Türkei ereignen sich momentan mehrere Dinge, die mir nicht gefallen", meinte er in Anspielung auf die Menschenrechtsverletzungen in dem Land.

Die Lage in der Türkei sei "sehr schwierig". "Je schwieriger die Situation in der Türkei allenfalls wird, umso schwieriger wird es sein, ein solches Abkommen als erfolgreichen Bestandteil einer Flüchtlingspolitik zu betrachten", sagte der Präsident. Menschenrechtsgruppen werfen der Türkei vor, auf syrische Flüchtlinge zu schießen, um sie vom Grenzübertritt abzuhalten.

"Wenn sich das fortsetzt, wird man in den Gremien der Europäischen Union sicher neuerlich die Situation ernsthaft diskutieren müssen", betonte Fischer. Von einer Aufkündigung des Abkommens mit der Türkei wollte er ohne Absprache mit der Regierung aber nicht sprechen. Das wäre eine "voreilige politische Ankündigung".

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