Palästinenser tot

Hungerstreik-Welle in Gefängnissen ++ “Es war Folter”

Ausland
24.02.2013 21:56
Der Tod eines jungen Palästinensers in einem israelischen Gefängnis hat zu einer Hungerstreik-Welle unter Tausenden in Israel inhaftierten Palästinensern und Gewalt geführt. Der palästinensische Regierungschef Salam Fayyad forderte in der Nacht zum Sonntag, die "wirklichen Gründe" für den Tod des Häftlings offenzulegen. Laut dem palästinensischen Chef-Pathologen Saber Alul sei der 30 Jahre alte Arafat Jaradat (rechtes Bild) an den Folgen "extremer Folter" gestorben.

Jaradat sei am Montag festgenommen worden. Grund war demnach seine Beteiligung an Auseinandersetzungen nahe der jüdischen Siedlung Kiryat Arba bei Hebron, bei denen im vergangenen November ein Israeli verletzt worden war. Er soll Steine auf israelische Zivilisten geworfen haben.

Am Samstag war bekannt geworden, dass der 30-jährige zweifache Familienvater, dessen Frau schwanger ist, aus einem Dorf bei Hebron im Gefängnis Megiddo in Nordisrael "plötzlich" verstorben war - "vermutlich an Herzstillstand", hieß es aus der Haftanstalt. In einer ersten Erklärung des israelischen Inlandsgeheimdiensts Shin Beth wurde mitgeteilt, dem Gefangenen sei nach dem Mittagessen schlecht geworden. Zu Hilfe gerufene Ärzte hätten ihn nicht mehr retten können.

Chef-Pathologe: "An Folgen extremer Folter gestorben"
Der palästinensische Chef-Pathologe Saber Alul widersprach der israelischen Version. Er habe bei der Autopsie des 30-Jährigen zugesehen und könne ausschließen, dass Jaradat an einem Herzinfarkt gestorben ist. Er sei vielmehr den Folgen "extremer Folter" erlegen. Wie die Internetseite palsolidarity.org berichtete, hatte Jaradat unter keinerlei Vorerkrankungen gelitten.

Von offizieller israelischer Seite hieß es, die ersten Ergebnisse ließen noch keine Angaben über die Todesursache zu. Diese könne erst ermittelt werden, "wenn die mikroskopischen und toxikologischen Befunde vorliegen", so das Gesundheitsministerium. Nicht auszuschließen sei, dass kleinere äußere Verletzungen die Folge von Wiederbelebungsversuchen seien. "Die Untersuchung ist kompliziert und wird Zeit in Anspruch nehmen", sagte Polizeisprecher Mickey Rosenfeld.

Befürchtungen vor drittem Palästinenseraufstand
Der Tod des Mannes verschärfte die Spannungen im Westjordanland weiter. Hunderte Palästinenser bewarfen israelische Sicherheitskräfte mit Steinen - in Hebron und vor allem in der nahe gelegenen Stadt Sair, aus der Jaradat stammte. Sie forderten erneut die Freilassung von vier Palästinensern aus israelischer Haft, die seit Monaten im Hungerstreik sind. Das israelische Militär setzte Tränengas und Gummigeschosse ein. Mehrere Demonstranten und mindestens ein Soldat wurden verletzt.

Rund 4.500 Häftlinge erklärten am Sonntag, kein Essen zu sich nehmen zu wollen, sagte ein Sprecher der israelischen Strafvollzugsbehörden der Nachrichtenagentur AFP. Es handle sich um drei Mahlzeiten, die verweigert würden. In Israel wird befürchtet, dass der Tod des Häftlings einen dritten Palästinenseraufstand, eine neue Intifada, auslösen könnte.

Fayyad: "Israel muss sich an Völkerrecht halten"
Ministerpräsident Salam Fayyad äußerte sich "tief traurig und schockiert" über den Tod des Palästinensers. Er rief die internationale Gemeinschaft auf, Israel dazu zu zwingen, sich an das Völkerrecht zu halten und die Frage der palästinensischen Gefangenen zu regeln. Die kranken und hungerstreikenden Häftlinge müssten umgehend freikommen.

Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.

Kostenlose Spiele