Kein Tag ohne Terror

Halbinsel Sinai: Die gefährlichste Region Ägyptens

Ausland
19.08.2013 17:05
Ein Islamisten-Angriff auf zwei Polizeibusse auf der Halbinsel Sinai, bei dem rund zwei Dutzend Beamte getötet worden sind, wirft nach dem Blutbad von Kairo, bei dem etwa 700 Menschen ums Leben gekommen sind, ein Schlaglicht auf die gefährlichste Region Ägyptens. Denn der Sinai ist längst zum Schlachtfeld geworden.

Die Scharmützel der Vergangenheit zwischen verschiedenen Islamisten-Gruppen, bewaffneten Beduinenstämmen, Schmugglern und den ägyptischen Sicherheitskräften haben sich längst zu einem blutigen Kleinkrieg ausgewachsen. Erst im Juli hat die ägyptische Armee rund 30.000 Soldaten in den Norden der Halbinsel verlegt, Fallschirmjäger, Panzergrenadiere, Pioniere und Kommando-Einheiten. Auch Kampfhubschrauber sind im Einsatz.

Alles in enger Abstimmung mit den Israelis, denn seit dem Camp-David-Abkommen von 1978 dürfen die Ägypter eigentlich nur leicht bewaffnete Einheiten auf dem Sinai stationiert haben. Doch der verstärkte Kampf gegen die Dschihadisten, die vom Norden des Sinai immer wieder auch Israel angreifen, ist im Sinne des jüdischen Staates.

Der jüngste Anschlag ist nur einer von vielen. Während in den Tourismus-Hochburgen von Sharm-El-Sheikh, Dahab und Nuwaiba gebadet und getaucht wird, kommt es im Norden der Halbinsel täglich zu Attentaten und Kämpfen. Für Fremde ist die Gegend eine Todeszone. Auch die Gaspipeline von Ägypten nach Israel ist nach mehreren Angriffen quasi lahmgelegt.

Wer nicht bezahlt, hat sein Leben verwirkt
Doch der nördliche Sinai ist auch das Zentrum der wohl grausamsten Menschenhändler-Banden der Welt. Flüchtlinge aus Eritrea, dem Sudan, Äthiopien, Somalia und anderen afrikanischen Staaten werden hier im großen Stil von Menschenhändlern gefangen gehalten und auf das Grausamste misshandelt. Per Telefonleitung müssen die Angehörigen die Schreie der Gefolterten mit anhören, bis sie der Zahlung eines Lösegeldes zustimmen, das sich im Schnitt um die 30.000 Dollar bewegt. Wird nicht bezahlt oder kann nicht bezahlt werden, hat der Gefangene sein Leben verwirkt.

Gefangene Flüchtlinge werden sogar als "Zahlungsmittel" verwendet: Für drei Geiseln gibt es einen Toyota Landcruiser, für sieben Afrikaner bereits einen Laster. Ein Mann aus Eritrea, der die Torturen schwerst verletzt überlebt hat, erzählte jüngst einem Reporter der "Süddeutschen Zeitung": "Sie haben mich an Eisenketten an der Decke aufgehängt. Vier Tage lang, an einem Haken wie ein geschlachtetes Tier. Das sind keine Menschen, das sind blutrünstige Bestien!"

Nährboden für diese grausamen Auswüchse ist die desolate wirtschaftliche Lage der meisten der rund 300.000 Beduinen am Sinai. Sie sind vom Staatswesen, das sie freilich auch ihrerseits ablehnen, ausgeschlossen, haben keine Chance auf Arbeit und auch nichts von dem Luxus in den touristischen Küstenregionen abbekommen. Mehr als die Hälfte der Sinai-Beduinen kann nicht lesen und schreiben. Diese Lebensumstände treiben die jungen Menschen in die Hände der Menschenhändler-Banden und Dschihadisten mit Nähe zur Al-Kaida.

Ex-Diktator Mubarak soll freigelassen werden
In Ägyptens Hauptstadt Kairo herrscht nach der blutigen Räumung der Moslembrüder-Camps und den darauffolgenden ebenso blutigen Massendemonstrationen gespannte Ruhe. Dennoch hat es wieder Tote gegeben. Offenbar beim Versuch, aus einem Gefangenentransport auszubrechen, wurden 36 Islamisten von der Polizei getötet (siehe Story in der Infobox). Angeblich sind sie an Tränengas erstickt.

Für Aufregung sorgt auch die Meldung, dass (kaum dass das Militär wieder an der Macht ist) Ex-Diktator Hosni Mubarak noch diese Woche freigelassen werden soll. Diese Angaben kommen übereinstimmend aus Justizkreisen und vom Anwalt des gestürzten Machthabers. Da der 85-Jährige noch nicht rechtskräftig verurteilt sei, müsse er nach zwei Jahren U-Haft entlassen werden.

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