Meidet Deutschland

Erdogan bleibt bei seinen Nazi-Vergleichen

Ausland
23.03.2017 21:26

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan plant vor der Volksabstimmung über ein Präsidialsystem in der Türkei keinen Auftritt in Deutschland. "Im Moment steht das nicht auf meiner Tagesordnung", sagte Erdogan am Donnerstagabend in einem Live-Interview der Sender CNN Türk und Kanal D auf eine entsprechende Frage des Reporters. Von seinen deftigen Nazi-Vergleichen will er sich weiterhin nicht distanzieren.

"Ihr sollt die Freiheit haben, Erdogan einen Diktator zu nennen, aber Erdogan soll nicht die Freiheit haben, euch Faschist oder Nazi zu nennen", zeigte der Staatschef kein Verständnis für die Kritik an seinen jüngsten verbalen Ausfällen in Richtung EU. Er sagte mit Blick auf die Auftrittsverbote seiner Minister in den Niederlanden und das Vorgehen gegen türkische Demonstranten dort: "Wenn wir dann sagen, dass das Faschismus und Nationalsozialismus ist, stört ihr euch daran. Das, was ihr tut, entspricht aber dieser Definition."

Erdogan an Steinmeier: "Hätte er das bloß nicht gesagt"
Erdogan hatte Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel dafür kritisiert, sich in dem Streit an die Seite der Niederlande gestellt zu haben, und ihr persönlich "Nazi-Methoden" vorgeworfen. Merkel hatte sich Nazi-Vergleiche verbeten. In diesem Zusammenhang bedauerte der türkische Präsident auch die Kritik des neuen deutschen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier an seiner Person, die dieser geäußert habe, "obwohl wir gut befreundet sind". Er fügte hinzu: "Hätte er eine solche Erklärung nur nicht abgegeben." Steinmeier hatte in seiner Antrittsrede am Mittwoch in Berlin Erdogans Nazi-Vergleiche zurückgewiesen und ihn aufgefordert: "Respektieren Sie den Rechtsstaat und die Freiheit von Medien und Journalisten."

Erdogan kritisierte auch die Berichterstattung über seine Person in deutschen Medien. "Welche Zeitung in meinem Land macht im Moment wohl solche Schlagzeilen über deren führende Persönlichkeiten", fragte er. "Gibt es so etwas etwa? Nein." Die regierungsnahe türkische Zeitung "Günes" hatte Merkel kürzlich aber sehr wohl als "weiblichen Hitler" bezeichnet und auf der Titelseite mit SS-Uniform und Hakenkreuz abgebildet.

Erdogan will den Namen von Johannes Hahn nicht mehr aussprechen
Erdogan teilte auch gegen EU-Erweiterungskommissar Johannes Hahn aus und kündigte an, dessen Namen in Zukunft nicht mehr auszusprechen. Hahn hatte in der "Bild" einen EU-Beitritt der Türkei "immer unrealistischer" genannt. Er hatte außerdem nicht ausgeschlossen, dass die EU-Staaten bald über einen möglichen Abbruch der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei beraten könnten.

Das Verfassungsreferendum ist für den 16. April geplant. Türken in Deutschland können bereits von Montag an abstimmen. In Österreich sind 108.500 Menschen mit türkischen Wurzeln stimmberechtigt, sie können zwischen 27. März und 9. April in der türkischen Botschaft in Wien sowie in Salzburg und Bregenz wählen.

Deutsch-Türken: Aufruf für Nein bei Referendum
In Deutschland wurde am Donnerstag eine Online-Petition gestartet, in der sich bereits nach wenigen Stunden mehr als 6000 Deutsch-Türken für ein Nein zur Verfassungsreform ausgesprochen haben. Die Unterschriftenliste wurde von der Türkischen Gemeinde in Deutschland (TGD) und dem Verein Mehr Demokratie ins Leben gerufen. "Ein Nein im Referendum kann den massiven Demokratieabbau stoppen", heißt es in dem am Donnerstag verbreiteten Text.

Unter den Erstunterzeichnern des Aufrufs sind neben dem Vorsitzenden der Türkischen Gemeinde, Gökay Sofuoglu, und dem Vorsitzenden von Mehr Demokratie, Ralf-Uwe Beck, auch Grünen-Parteichef Cem Özdemir sowie die Bundestagsabgeordneten Sevim Dagdelen (Linke) und Özcan Mutlu (Grüne). Die Unterzeichner werfen Erdogan vor, er plane die "Entmachtung des Parlaments, Einschränkung der Justiz und Machtkonzentration in den Händen eines Machthabers".

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