Interview-Marathon

“Direkter Draht”: Putin gibt Durchhalteparolen aus

Ausland
14.04.2016 17:27

Angesichts der schweren Rezession hat der russische Präsident Wladimir Putin die Bürger zum Durchhalten aufgerufen. "Unsere Wirtschaft hat sich noch nicht erholt, aber der Trend ist positiv", sagte Putin bei seiner traditionellen Bürgersprechstunde "Direkter Draht" am Donnerstag in Moskau. Kreml-intern soll der als liberaler Kritiker geltende Ex-Finanzminister Alexej Kudrin künftig eine stärkere Rolle spielen, ließ Putin durchblicken.

Der Ölpreis-Absturz sowie die Sanktionen des Westens in der Ukraine-Krise setzen der russischen Wirtschaft schwer zu. Viele Russen klagen über sinkende Löhne und steigende Preise, sie sorgen sich um ihre Jobs. Für sie hatte der Präsident einen Hoffnungsschimmer parat: Heuer erwarte die Regierung noch einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um 0,3 Prozent, für 2017 rechne sie mit einem Wachstum von 1,4 Prozent, sagte Putin.

Große Zukunft für "einen der seltenen nützlichen Experten"?
Er räumte ein, dass sich die Struktur der oft noch sowjetisch geprägten russischen Wirtschaft ändern müsse. Viel zu oft würden Mittel verschwendet. Kritiker bemängeln zudem ein hohes Maß an Korruption. Bei der Suche nach Wegen aus der Krise solle Finanzexperte Kudrin künftig aktiver im Expertenrat des Präsidenten mitarbeiten, kündigte Putin an. "Kudrin ist einer der seltenen nützlichen Experten."

Der 55-Jährige gilt als einer der profiliertesten Ökonomen Russlands. Zuletzt war er auch für einen Posten im Moskauer Forschungsinstitut CSR im Gespräch, das unter anderem strategische Studien für die Behörden erstellt. Kudrin schließt eine Beteiligung nicht aus. Beobachter handeln den langjährigen Minister (2000-2011) auch als möglichen Kandidaten für höhere politische Ämter.

Drei Millionen Fragen für vier Stunden TV-Marathon
Bürger aus allen Teilen Russlands hatten für die fast vierstündige Fernsehshow mehr als drei Millionen Fragen eingereicht. Bei Live-Schaltungen in die Provinz äußerten viele ihre Sorgen angesichts der prekären Wirtschaftslage, aber auch zu internationalen Krisen.

Mit scharfen Worten ging Putin die türkische Regierung an. Ankara führe im Süden des Landes "praktisch einen Bürgerkrieg" mit Panzern und Artillerie gegen die Kurden, sagte er. Zugleich warf er der türkischen Führung mit Blick auf den IS vor, mit Terroristen zusammenzuarbeiten statt sie zu bekämpfen. Die Beziehungen zwischen Moskau und Ankara sind seit dem Abschuss eines russischen Kampfjets durch das türkische Militär im vergangenen November auf einem Tiefpunkt.

Putin forderte weiters Syriens Regierung und Opposition auf, sich stärker für eine politische Lösung im Bürgerkriegsland einzusetzen. Auch im jüngst wieder blutig aufgeflammten Konflikt zwischen Aserbaidschan und Armenien um die Region Berg-Karabach mahnte er die beiden Ex-Sowjetrepubliken im Südkaukasus zur Besonnenheit.

Mit Kritik am Westen blieb Putin - anders als in früheren Jahren - zurückhaltend. In Bezug auf Vorwürfe im Zusammenhang mit den "Panama Papers" über Hunderttausende Offshore-Firmen sprach er jedoch von einer westlichen Provokation. "Wir wissen, dass Mitarbeiter der amerikanischen Institutionen damit zu tun haben", sagte er. In den Dokumenten taucht zwar sein Name nicht auf, aber Putin-Freunde werden genannt, die mit Offshore-Firmen in Verbindung gebracht werden. Die Vorwürfe seien aus der Luft gegriffen, sagte Putin. Vor den russischen Parlamentswahlen im September sei mit einer Zunahme solcher "Schmutzkampagnen" zu rechnen, so der Präsident.

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