Nach Berlin-Blutbad

System "Radar" soll nun Gefährder identifizieren

Ausland
22.01.2017 13:08

Angesichts massiver Kritik an den deutschen Sicherheitsbehörden nach dem blutigen Anschlag von Berlin soll ein neues Computerprogramm künftig helfen, Gefährder mit besonders hohem Risiko früher zu erkennen. Das System namens "Radar" sei vom Bundeskriminalamt gemeinsam mit der Universität Zürich entwickelt worden und soll mit einer dreistufigen Punkteskala die Bewertung des Gefahrenpotenzials objektivieren, berichteten am Sonntag deutsche Medien.

Der Tunesier Anis Amri war am 19. Dezember mit einem Lastwagen auf einen Berliner Weihnachtsmarkt gerast und hatte zwölf Menschen getötet und Dutzende weitere Personen teils schwer verletzt. Er war den Behörden als islamistischer Gefährder bekannt gewesen - dennoch konnte sein Terroranschlag nicht verhindert werden. Amri gelang nach dem Blutbad die Flucht, bevor er einige Tage später in Mailand von Polizisten erschossen wurde.

Drei Stufen: Moderates, auffälliges und hohes Risiko
"Radar" soll nun mit einer Punkteskala in drei Stufen moderates, auffälliges und hohes Risiko differenzieren. Das neue System sei nachträglich auch am Fall Amri getestet worden, aus seinen vor dem Anschlag bekannten Daten habe es ihn als hochgefährlich eingestuft, berichteten "Süddeutsche Zeitung", NDR und WDR.

"Radar" basiert demnach auf Erkenntnissen über die Vorgehensweise von 30 Attentätern sowie 30 Gefährdern und sogenannten relevanten Personen, also potenziellen Terrorhelfern. Zunächst soll das System in Bundesländern mit vielen Gefährdern eingesetzt werden, ab Sommer dann bundesweit.

Bessere Kooperation von Polizei und Justiz angestrebt
Der deutsche Innenminister Thomas de Maiziere (CDU) erwartet durch "Radar" eine bessere Zusammenarbeit zwischen Polizei und Justiz. Der "Bild am Sonntag" sagte er: "Der Fall Amri hat gezeigt, dass die Behörden in Bund und Ländern auch gegenüber der Justiz noch bessere Argumente brauchen, wenn sie Maßnahmen beantragen. Auch hierbei wird das neue Analyseinstrument ein entscheidender Baustein sein." Mehr als bisher müssten die Gefährder selbst in den Blick genommen werden und weniger die Gefährdungsszenarien.

SPD und CDU im Fall Amri unterschiedlicher Auffassung
Bezüglich des Terrorfalls Amri verteidigte Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) einmal mehr ihren Innenminister Ralf Jäger (SPD) und die Sicherheitsbehörden des Landes. "Ich mache da niemandem persönlich einen Vorwurf", sagte Kraft der "Bild am Sonntag". Es sei im Nachhinein eine Fehlentscheidung des Bundes und der Länder gewesen, Amris Beobachtung zu beenden und seine Gefährlichkeit nicht richtig zu beurteilen.

Der nordrhein-westfälische CDU-Chef Armin Laschet warf Kraft daraufhin "Unaufrichtigkeit" vor. Sie habe die Öffentlichkeit nicht darüber informiert, dass der Berliner Attentäter im Mai 2016 ein zweites Mal von Sicherheitsbehörden in dem Bundeland als Gefährder eingestuft worden war.

Selfie-Video: Amri schwört der Terrormiliz IS seine Treue

Gauck lädt Angehörige der Opfer zu vertraulichem Gespräch
Unterdessen hat der deutsche Bundespräsident Joachim Gauck Angehörige der Opfer des Berliner Terroranschlags zu einem Treffen ins Schloss Bellevue eingeladen, wie seine Sprecherin am Sonntag mitteilte. Das noch nicht terminierte Gespräch soll vertraulich sein. Zuvor hatte es Vorwürfe mangelnder Anteilnahme des Staates gegeben.

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