Provokante These

Buchautoren zweifeln an der Existenz Jesu

Wissenschaft
06.03.2017 22:51

Selbst bei zahlreichen Atheisten gilt Jesus von Nazaret heute als eine historisch belegte Person. Weil die Beweise für Jesu Existenz aber dünn gesät sind, wird dieses Thema unter Experten kontrovers diskutiert. Der britische Autor Timothy Freke, Mitverfasser des Buches "The Jesus Mysteries: Was the 'Original Jesus' a Pagan God?", etwa ist sich sicher, dass Jesus nicht mehr als ein Mythos ist und als Person nie existiert hat.

Freke, der zur Gruppe der sogenannten Mythizisten (sie bestreiten, dass die Figur Jesus auf einer historischen Person beruht, Anm.) gehört, bezieht sich in seinem Bestseller auf die Zeichnung eines Amuletts aus dem dritten Jahrhundert, das einen nackten Mann am Kreuz zeigt. Es handle sich dabei aber nicht um Jesus Christus, denn der um das Bild herum eingravierte Name weise vielmehr auf ein Pseudonym für Osiris - ägyptischer Gott des Jenseits und der Wiedergeburt - oder Dionysos - Gott in der griechischen Mythologie - hin, so der Autor.

Für Freke ein klarer und eindeutiger Beweis, dass Jesus nicht existiert hat. Tatsächlich sei er ein Mythos, geschaffen im ersten Jahrhundert nach Christus, von Juden, die sich heidnische Götter, die starben und wieder von den Toten auferstanden, zum Vorbild nahmen, so der Brite. Mit frappierenden Parallelen zu heidnischen Gottheiten argumentieren auch andere Mythizisten, die zudem anführen, dass es - abgesehen von der Bibel - keine glaubwürdigen Quellen zur Existenz Jesu gebe.

Dem gegenüber steht die Meinung der sogenannten Historizisten, die zwar die Göttlichkeit Jesu bestreiten, aber davon überzeugt sind, dass der Jesus-Mythos auf einem realen Weltuntergangsprediger basiere, der zu jener Zeit tatsächlich gelebt hat. Viele der Jesus-Negierer seien "Internet-Spinner", sagt etwa der US-Religionswissenschaftler Bart D. Ehrman, der das Buch "Did Jesus Exist? The Historical Argument for Jesus of Nazareth" verfasst hat.

Für Ehrman, der sich selbst als Atheist und Agnostiker bezeichnet, sind Freke und andere Autoren, die die Existenz Jesu bezweifeln, bloß Verschwörungstheoretiker, die möglichst viele Bücher verkaufen wollen. Obwohl Ehrman in seinen Publikationen behauptet, dass praktisch die Hälfte des Neues Testaments gefälscht sei, ist er sicher, dass es die Person Jesus Christus tatsächlich gegeben hat.

Jesus-Experte Craig A. Evans bemängelt, das Freke kein Gelehrter sei: "Alles was er weiß, ist, was er in anderen Verschwörungsbüchern gelesen hat", sagt der US-Amerikaner. Er bestreitet, dass die frühen Christen heidnische Mythen verwendet hätten, um einen "eigenen mythischen Jesus zu schaffen". Die ersten Christen seien Juden gewesen, die alles, was mit heidnischen Kulturen zusammenhängt, abgelehnt hätten, so Evans. "Für die meisten Juden war die heidnische Welt widerlich." Die von Jesus überlieferten Worte seien ein Beweis dafür, dass er tatsächlich existiert habe.

Freke und sein Koautor Peter Gandy beteuern, dass sie mit ihrer These den christlichen Glauben nicht zerstören wollen. Er wolle die Menschen nicht durcheinanderbringen, sagt der in Glastonbury lebende Brite, sei aber leidenschaftlich an der Wahrheit interessiert. "Ich glaube nicht, dass rational denkende Menschen im 21. Jahrhundert ihren Weg nur in blindem Glauben gehen sollten."

Schon der berühmte Arzt, Philosoph und Theologe Albert Schweitzer, der sich ebenfalls mit dem Thema Jesus auseinandergesetzt hat, meinte einmal: "In der Geschichte nach Jesus zu forschen, ist wie in einen Brunnen zu blicken: Du siehst dein eigenes Spiegelbild." Der "wahre" Jesus werde "ein Fremder und ein Rätsel bleiben", so der Nobelpreisträger.

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