Erschreckender Test

Betonsperren versagen als Schutz gegen Lkw-Terror

Ausland
12.04.2017 06:13

Terroranschläge mit Autos und Lkw häufen sich in Europa - und mit ihnen der Ruf nach Betonsperren als Anti-Terror-Maßnahme. Zum Schutz der Menschen vor Todesfahrten wie in Stockholm, London oder Berlin sollen möglichst rasch die nötigen staatlichen Mittel für solche Vorrichtungen lockergemacht werden - wie hierzulande jüngst erst die Wiener FPÖ gefordert hat. Doch wie Tests in Deutschland nun zeigen, bieten die Poller gar nicht den gewünschten Schutz. Erschreckende Erkenntnis: Ein Lkw kann die Betonsperren bei einem Tempo von "nur" 50 Stundenkilometern problemlos durchbrechen.

Nizza, Berlin, London und zuletzt Stockholm: Dass sich Terroranschläge mit Autos und Lkw in den vergangenen Monaten häuften, lässt sich nicht wegleugnen. Bereits 2014 hatte die Terrormiliz Islamischer Staat dazu aufgerufen, Ungläubige mit Fahrzeugen zu töten. Mit der steigenden Zahl der terroristischen Todesfahrten kocht auch die Debatte um geeignete Schutzmaßnahmen immer wieder hoch.

Betonsperren als "Wunderwaffe" gegen Lkw-Terror?
Im Fokus stehen dabei auch in Österreich die mobilen Betonsperren, die teilweise von Politikern als eine Art Wunderwaffe gegen den Fahrzeug-Terror hochgejubelt werden. Möglichst viele möge man schnell anschaffen, um den Menschen - derzeit etwa am Ostermarkt - Schutz bieten zu können. Das zur Anschaffung nötige Geld scheint dabei kaum bis keine Rolle zu spielen. Hauptsache, es stehen endlich um jeden Markt, um jede Kirche und in jeder Fußgängerzone Betonsperren.

Doch wie ist es um die Wirksamkeit der Schutzvorrichtungen aus Beton tatsächlich bestellt? Dieser alles entscheidenden Frage ist jetzt die MRD-Sendung "Umschau" in Deutschland nachgegangen. Bei den dabei getesteten Betonsperren handelt es sich laut MDR-Angaben um die schwersten derzeit auf dem Markt angebotenen Betonblöcke. Diese würden bundesweit - 2016 etwa beim Tag der Deutschen Einheit in Dresden - zum Einsatz kommen.

Getesteter Lkw enstpricht Tatfahrzeug vom Nizza-Anschlag
Bei zwei Tests, durchgeführt durch die renommierte deutsche Prüfgesellschaft Dekra im Auftrag des MDR, habe jeweils ein Lkw eine Absperrung aus mobilen Betonpollern durchbrochen, hieß es in der Sendung am Dienstagabend. Der getestete Fahrzeugtyp entspreche dem, der bei dem Anschlag in Nizza im Vorjahr verwendet worden war. Damals kamen 84 Menschen ums Leben. Die Todes-Lkw in Stockholm und auch in Berlin seien demnach erheblich größer gewesen als das Testfahrzeug.

Der konkrete Testaufbau: Geprüft wurden Betonblöcke mit einer Kantenlänge von 0,8 x 0,8 x 1,6 Metern und einem Gewicht von 2,4 Tonnen. In zwei Szenarien fuhr jeweils ein beladener Lkw mit einem Gesamtgewicht von zehn Tonnen mit einer Geschwindigkeit von 50 Stundenkilometern auf die Betonsperren zu.

Im ersten Test wurden die Sperren in einer Linie mit einem Abstand von 1,5 Metern im rechten Winkel zur Fahrbahn aufgebaut, so dass der Lkw frontal auf das Hindernis fuhr.

Im zweiten Test wurden die Sperren in einer Linie in einem Abstand von 0,8 Metern im Winkel von 30 Grad zur Fahrbahn gestellt, sodass das Fahrzeug die Sperren leicht seitlich angreifen konnte. Zwar sei der Lkw beim Aufprall beschädigt worden, aber die Aufhaltewirkung sei "relativ gering" gewesen, so Dekra-Testleiter Marcus Gärtner.

Fazit: "Bieten keinen ausreichenden Schutz vor Lkw-Anschlägen"
Fazit der MDR-Sendung: "Die in Deutschland verwendeten mobilen Anti-Terror-Betonsperren zum Schutz von Besuchern auf Großveranstaltungen bieten keinen ausreichenden Schutz vor Anschlägen mit Lkw." Hersteller solcher Betonsperren, die bei den Tests vor Ort dabei waren, seien von den Bildern überrascht gewesen, hätten den Testaufbau aber für repräsentativ gehalten.

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