Schwere Gefechte

Assad droht: “Keine Feuerpause für Aleppo”

Ausland
14.12.2016 22:50

Die gespannte Ruhe in Aleppo nach der weitgehenden Eroberung des Ostteils durch die syrischen Regierungstruppen hat nur wenige Stunden angehalten: Nach einer Feuerpause am Dienstag flammten die Kämpfe am Mittwoch wieder auf. Die syrische Regierung will weiterhin mit militärischer Härte gegen ihre Gegner vorgehen. "Von einer Feuerpause kann keine Rede sein", sagte Präsident Bashar al-Assad dem russischen Staatsfernsehen am Mittwoch. Mit Milde könnten nur "Terroristen" rechnen, die sich ergeben oder den Kampfort verlassen.

Syrische Regierungstruppen und Rebellen lieferten sich in Aleppo laut Angaben von Beobachtern und Aktivisten den gesamten Tag über heftige Gefechte. Bei einem Selbstmordattentat mit einer Autobombe wurden zudem mindestens zehn Menschen getötet. Die Bombe sei an einer Brücke explodiert, die vom Regime kontrolliert werde und dessen Viertel mit Rebellengebieten verbinde, meldete die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte am Mittwochabend. Dutzende Menschen seien verletzt worden.

Auch Rebellenkreise berichteten über den Angriff. Verantwortlich sei die Al-Kaida-nahe Miliz Fatah-al-Sham-Front (Früher: Al-Nusra). Diese kämpft in Aleppo an der Seite moderaterer Gruppen. In dem Gebiet gebe es heftige Kämpfe, hieß es weiter. Die in Großbritannien ansässige "Beobachtungsstelle" stützt sich auf ein Netz von Informanten im Kriegsgebiet, ihre Angaben sind jedoch von unabhängiger Seite kaum überprüfbar.

Paris schaltet Eiffelturm ab
Als Zeichen der Solidarität mit den Bewohnern von Aleppo hat Paris am Mittwochabend die Beleuchtung des Eiffelturms abgeschaltet. Die Lichter des Wahrzeichens der französischen Hauptstadt erloschen gegen 20 Uhr. "Dieser symbolische Schritt zielt darauf ab, erneut ans Gewissen der internationalen Gemeinschaft zu appellieren, dass dringend gehandelt werden muss", teilte die Stadtverwaltung mit.

Aktivisten und Bewohner in den verbliebenen Rebellengebieten Aleppos sendeten am Mittwoch erneut SOS-Rufe in sozialen Netzwerken. "Die Verletzten und Toten liegen auf dem Boden", schrieb ein Bewohner in einer Nachricht. "Die Gebäude, in denen sich die Menschen verstecken, werden über ihren Köpfen zerstört. Helft uns!"

In der Nacht waren die Kämpfe um Aleppo zunächst abgeflaut, nachdem sich die Rebellen mit der syrischen Führung auf einen Abzug aus dem Osten der Stadt geeinigt hatten. Die syrische Regierung beorderte inzwischen aber alle Busse, die zur Evakuierung bereitgestellt worden waren, wieder zurück.

Den Rebellen zufolge soll in den kommenden Stunden eine neue Waffenruhe in Kraft treten. Donnerstagfrüh sollten die ersten Verletzten und Zivilisten aus den Rebellengebieten Aleppos gebracht werden, erklärte der Sprecher der radikal-islamischen Miliz Ahrar al-Scham, Ahmed Kara Ali. Ein Sprecher der Rebellengruppe Nur al-Din al-Sinki bestätigte die Meldung. Aktivsten berichteten zugleich von neuen Luftangriffen.

Russland: "Befreiungseinsätze verlängert"
Das mit Assad verbündete Russland machte die Rebellen für den erneuten Gewaltausbruch verantwortlich. Die Aufständischen hätten im Morgengrauen "die Waffenruhe ausgenutzt", um die Linien der syrischen Regierungseinheiten im Nordwesten Aleppos zu durchbrechen, so die russische Armee. Die syrischen Truppen hätten daher die "Befreiungseinsätze verlängert". Der russische Außenminister Sergej Lawrow sagte in Moskau, er rechne damit, dass der Widerstand der Rebellen in Aleppo noch "zwei bis drei Tage" andauere.

Knapp 1000 aus Aleppo herausgebrachte Menschen wurden dem türkischen Roten Halbmond zufolge an einem Kontrollpunkt der iranischen Miliz festgehalten. "Diese Leute haben den russischen Kontrollpunkt passiert", sagte der Chef der Hilfsorganisation, Kerem Kinik, der türkischen Nachrichtenagentur Anadolu. "Aber nachdem sie Aleppo verlassen haben, wurden sie an einem zweiten Kontrollpunkt gestoppt, wo iranische Miliz anwesend ist." Dort sei ihnen die Weiterreise untersagt worden.

Erdogan: Russland hat Waffenruhe verletzt
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan kündigte ein Telefonat mit seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin zur jüngsten Eskalation in Aleppo an. Die von Russland unterstützten syrischen Regierungstruppen hätten die vereinbarte Waffenruhe verletzt, sagte Erdogan, Assad begehe in Ost-Aleppo Kriegsverbrechen. Erdogan forderte einen Korridor, über den Zivilisten die Stadt verlassen können.

Laut Angaben von Medecins du Monde (Ärzte der Welt) sind noch etwa 100.000 Menschen auf einem Gebiet von lediglich fünf Quadratkilometern im Osten der Stadt eingeschlossen. Die Präsidentin der Hilfsorganisation, Francoise Sivignon, sagte, die Zivilbevölkerung müsse aus dieser "Hölle" gerettet werden.

Rebellen kritisierten, die syrische Regierung und der mit ihr verbündete Iran blockierten die Umsetzung der Vereinbarung. Ein Vertreter der einflussreichen Rebellengruppe Nureddin al-Sinku warf der syrischen Führung und dem Iran vor, neue Bedingungen zu anderen Konfliktgebieten zu stellen.

Der französische Außenminister Jean-Marc Ayrault forderte eine Überwachung der geplanten Evakuierungen durch UN-Beobachter. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker rief alle Konfliktparteien auf, einen sicheren Abzug von Zivilisten aus Aleppo zu ermöglichen.

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