"Keylogger"-Urteil

Tastatur-Spion zur Arbeitskontrolle unzulässig

Web
27.07.2017 14:50

Das deutsche Bundesarbeitsgericht hat enge Grenzen für den Einsatz von Spähsoftware auf Firmencomputern zur verdeckten Überwachung von Mitarbeitern gezogen. Sogenannte Keylogger, die alle Tastatureingaben an einem Rechner heimlich protokollieren und Bildschirmfotos schießen, seien zur Überwachung des Arbeitsverhaltens unzulässig, entschied das Bundesarbeitsgericht am Donnerstag in Erfurt.

In ihrem Grundsatzurteil werteten die deutschen Bundesarbeitsrichter den Einsatz der Spähsoftware als massiven Eingriff in die Persönlichkeitsrechte von Arbeitnehmern. Die digitalen Daten seien rechtswidrig gewonnen und dürften vor Gericht nicht verwendet werden. Sie erklärten deshalb wie die Vorinstanzen die Kündigung eines Programmierers für unwirksam. Sein Chef hatte ihm anhand von Daten des Tastaturspions vorgeworfen, Teile seiner Arbeitszeit am Dienst-PC für private Zwecke genutzt zu haben.

Im Streitfall hatte das Unternehmen aus Nordrhein-Westfalen seinen Arbeitnehmern im April 2015 mitgeteilt, die Nutzung der dienstlichen Computer und insbesondere des Internets würden künftig durch eine sogenannte Keylogger-Software verfolgt, die alle Tastatureingaben aufzeichnet. Bei einer späteren Auswertung stellte sich heraus, dass der Kläger seinen dienstlichen Computer auch privat genutzt hatte.

Er räumte ein, dass er in geringem Umfang und überwiegend in den Pausen ein Computerspiel programmiert und E-Mails für die Firma seines Vaters abgewickelt hatte. Den Daten der Spähsoftware nach ging der Arbeitgeber dagegen von einer erheblichen privaten Computernutzung auch während der Arbeitszeit aus - und kündigte dem Programmierer.

Überwachung "ins Blaue hinein" unverhältnismäßig
Die Kündigungsschutzklage hatte durch alle Instanzen Erfolg, denn die eingeräumte Privatnutzung des Dienst-Computers rechtfertigt eine Kündigung noch nicht. Und die darüber hinaus durch den Keylogger gewonnenen Daten dürften vor Gericht nicht verwendet werden, urteilte nun das Bundesarbeitsgericht.

Denn durch den Einsatz der Überwachungssoftware habe das Unternehmen das Recht der Arbeitnehmer auf informationelle Selbstbestimmung verletzt. Ein solcher Eingriff in die Persönlichkeitsrechte sei nur gerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber konkrete Hinweise auf eine mögliche Straftat oder eine andere schwerwiegende Pflichtverletzung habe. Hier habe es einen solchen begründeten Verdacht nicht gegeben. Eine Überwachung "ins Blaue hinein" sei aber unverhältnismäßig, befanden die Erfurter Richter.

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