Windtner über EURO

ÖFB-Boss möchte "Hymne öfter als dreimal hören"

Sport
22.05.2016 09:25

Es ist der vorläufige Höhepunkt seiner Präsidentschaft. Österreich startet in drei Wochen in die Fußball-EM in Frankreich. ÖFB-Präsident Leo Windtner gibt das Erreichen des Achtelfinales als Ziel aus. Im APA-Interview sprach der 65-jährige Oberösterreicher über fehlende Turniererfahrung, die bevorstehende Ligareform und seine Erwartungen an den neuen Bundeskanzler.

Die EM rückt immer näher. Mit welchen Zielvorgaben geht man ins Turnier?
Leo Windtner: Es geht darum, den Eindruck und das Image, das der österreichische Fußball durch die starke EM-Quali auf europäischer Ebene erhalten hat, zu bestätigen und zu festigen. Und wir wollen öfter als dreimal die österreichische Bundeshymne hören. Das ist das Ziel.

Was ist der Schlüssel, um eine erfolgreiche EM zu spielen?
Windtner: Das Auftaktspiel gegen Ungarn ist schon von sehr großer Bedeutung. Dem gilt die volle Konzentration. Das ist ein schwerer Gegner, der in der Vorbereitung ein etwas anderes Programm gewählt hat als wir. Sie sind lange zusammen. Aber wenn bei uns alles passt, wenn wir keine Verletzungen haben, dann haben wir gute Chancen. An der Einstellung wird es nicht liegen. Die Motivation ist bei allen Beteiligten riesengroß.

Die Erwartungshaltung in Österreich ebenso. Welche Gefahren sehen Sie dabei?
Windtner: In der Zwischenzeit ist es uns gelungen, auch in der Öffentlichkeit zu vermitteln, dass die Gegner keine leichten sind. Island hat die Niederlande rausgekickt, Portugal ist eine fixe Größe im europäischen Fußball. Daher heißt es, am Boden zu bleiben. Wenn es passt, können wir schon weiter hinauskommen. Aber das kann man nicht verlangen. Das ist die europäische Elite, in der sind wir noch nicht drinnen. Das ist noch einmal eine andere Ebene.

Es ist das erste große Turnier Ihrer Präsidentschaft. Auch für das Trainerteam und den Großteil der Spieler ist es eine neue Erfahrung. Inwiefern spielt das eine Rolle?
Windtner: Es ist ein gewisser Nachteil, weil wir bei so großen Turnieren keine Routine haben. Auf der anderen Seite kann man auch unvoreingenommen an die Sache herangehen. Es ist gewissermaßen ein "Greenfield Approach". Zudem wird Teamchef Marcel Koller die Gegner minutiös studieren. Unser Team wird ausgezeichnet vorbereitet sein.

Frankreich hat den Ausnahmezustand bis Ende Juli verlängert. Besteht die Gefahr, dass die Sicherheitsthematik das Turnier sportlich überlagert?
Windtner: Das Thema Sicherheit wird nicht wegzuschalten sein. Das ist nicht möglich und wäre auch unverantwortlich. Wenn die Spieler auf dem Spielfeld stehen, dann geht es aber um den Kampf um den Ball. Die Spieler sollen sich auf ihre Aufgabe konzentrieren können. Daher haben wir auch das Quartier in Mallemort ausgewählt, damit wir uns zurückziehen können.

Wie sieht es finanziell aus? In welchen Dimensionen bewegen sich Ausgaben und Einnahmen des ÖFB bei der EM?
Windtner: Das kann ich derzeit noch nicht sagen. Natürlich wird etwas übrigbleiben. Wenn wir über die Vorrunde hinauskommen, wird es etwas mehr sein. Wir haben festgelegt, dass ein Viertel, also 25 Prozent des Ertrages, für den österreichischen Weg, das Nachwuchs-Förderprojekt des ÖFB, verwendet wird, also für die LAZ (Landesverbands-Ausbildungszentren), die Akademien und das Individualfördermodell 'Projekt 12'. Diese Ausbildungsschiene, die ja ein Grund für den Erfolg ist, soll dadurch gesichert werden.

In Österreich geht es auch um die Zukunft des Profifußballs. Die Formel "12+16" ist in aller Munde. Wie steht der ÖFB zur geplanten Ligareform?
Windtner: Als ÖFB und auch persönlich haben wir oft darauf hingewiesen, dass Handlungsbedarf besteht. Die Liga hat immer auf ihre aktuelle Beschlusslage von "10+10" verwiesen. Wir sind gerne bereit, auch zeiteffizient das Thema zu behandeln. Es herrscht eine konstruktive Stimmung wie selten zuvor. Die Landesverbände befinden sich in einer absolut vernünftigen Position. Die Ausgangslage ist gut, dass wir da drüberkommen.

Was sind aus Ihrer Sicht die Schlüsselfragen, die noch zu klären sind?
Windtner: Die zweite Liga muss wirtschaftlich gesichert sein. Sonst ist es ein Krebsgeschwür, wenn man dort nicht gut aufgestellt ist. Der Übergang vom Amateur- zum Profi-Bereich ist das Entscheidende. Der Schlüssel ist das Finanzierungskonzept der Vereine in der zweiten Liga. Es geht darum, andere Finanzierungsquellen zu erschließen, wenn zum Beispiel das TV-Geld vielleicht nicht mehr so hoch ist. Das muss man gut und gemeinsam verhandeln.

Ist bereits absehbar, unter welchem Dach die zweite Liga stehen soll - Bundesliga oder ÖFB?
Windtner: Das gehört gemeinsam diskutiert. Die Finanzierung ist entscheidend. Es erscheint logisch, dass die erste und die zweite Liga bei der Bundesliga sind. Die zweite Liga ist eine Übergangsliga. Es wird sich auf jeden Fall in den nächsten Tagen und Wochen etwas bewegen.

Wie schnell soll das neue Konzept umgesetzt werden?
Windtner: Die Tendenz geht in Richtung 2018/19, aber vielleicht auch schon 2017/18. Der Realisierungszeitpunkt ist sekundär. Wichtig ist, dass die Themen bald definitiv geregelt sind, sonst zerfleddert das Ganze. Es geht um eine baldige Entscheidung.

Die UEFA steht bei der EM nach Sperre und Rücktritt von Michel Platini ohne Präsidenten da. Wie bewerten Sie die Situation?
Windtner: Man muss abwarten, im September gibt es einen Kongress. Es gibt Kandidaten, aber bei der EM wird Vizepräsident Angel Maria Villar Llona übernehmen müssen. Ich sehe schon ein gewisses Imageproblem, wenn die UEFA bei ihrer größten Sportveranstaltung kopflos ist. Das betrifft nicht nur die Außen-, sondern auch die Innenwirkung. Auch das Exekutivkomitee tagt ohne Präsidenten. Das ist ein Manko.

Österreich hat dafür seit Dienstag einen neuen Bundeskanzler. Christian Kern ist bekennender Austria-Fan. Welche Impulse erwarten Sie sich für den Fußball?
Windtner: Ich erhoffe vom neuen Bundeskanzler, dass er für den Sport mehr Interesse aufbringt - auch für den Fußball, weil er den entsprechenden Mindset mitbringt. Unter seiner Ägide ist die ÖBB als Sponsor beim ÖFB eingestiegen. Ich kenne ihn schon sehr lange. Wir haben ihm unsere Unterstützung zugesichert. Ich hoffe, dass wir in Zukunft einen verbesserten Doppelpass mit der Politik spielen können. Es war uns auch ein Anliegen, dass der Sport bei der Landesverteidigung als eigenes Ministerium erhalten bleibt und Hans Peter Doskozil die Agenden behält. Man hat in seiner bisherigen Amtszeit gesehen, dass er von der Basis des Sports kommt. Er war Sektionsleiter bei einem kleinen Fußball-Verein im Burgenland. Er hat Gespür und Durchschlagskraft.

Welchen Themen sind Ihnen in der Zusammenarbeit mit ihm besonders wichtig?
Windtner: Ich sage nur ein Thema: das Nationalstadion. Da ist er dabei. Wir machen keinen Druck auf die Politik, aber das Anliegen ist klar. Da ist er ein guter Anwalt für uns.

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(Bild: KMM)



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