Gretl Fankhauser:

“Wir Wirte sind keine Ausbeuter”

Tirol
11.02.2017 15:36

Die Tiroler Wirte sind empört über jüngste Aussagen der Gewerkschafter. Ein Wiener Genosse hatte den Touristikern nämlich unterstellt, dass sie ihre Mitarbeiter ausbeuten. Im Gespräch mit der "Krone" macht die Zillertaler Wirtin Gretl Fankhauser (Lamark Hochfügen) ihrem Unmut Luft. Wie auch ihr Sohn Alexander.

Seit 43 Jahren ist Gretl Fankhauser aus Hochfügen nun schon Wirtin. Und eine solche wird sie immer bleiben auch wenn aus dem einstigen Wirtshaus mittlerweile das Hotel Lamark wurde. "Einmal Wirtin, immer Wirtin. Ich werde mich sicher nie als Hotelierin bezeichnen", sagt die resolute Zillertalerin, die dafür bekannt ist, sich kein Blatt vor den Mund zu nehmen, im Gespräch mit der "Krone".

Vorwurf ist eine bodenlose Frechheit

In diesen 43 Jahren hat sie viel erlebt. Sehr viel Positives, aber auch Negatives. Zu den jährlichen "Tiefschlägen" zählt unter anderem das Schlechtreden der Branche und zwar immer während der Wintersaison. Doch die jüngsten Aussagen von vida-Gewerkschafter Berend Tusch haben für sie das Fass nun zum Überlaufen gebracht. "Der hat uns doch glatt unterstellt, dass wir Ausbeuter sind. Das ist eine bodenlose Frechheit! Wir sind keine Ausbeuter", wehrt sich die Zillertalerin. Sie hat auch ein Beispiel parat. Ein Abwäscher in ihrem Hotel verdient inklusive Sonderzahlungen 1827 Euro Netto (!) pro Monat. Außerdem bekommt er eine kostenlose Unterkunft und die Verpflegung ist auch frei. "Und das soll Ausbeuterei sein? Ich welcher anderen Branche gibt es denn das noch? Gutes Geld, freie Kost und Logie!", ist Gretl Fankhauser zu recht wütend. Der gute Herr Tusch solle einmal googeln, was ausbeuten eigentlich heißt. "Das ist eine Bezeichnung für die Ausnutzung oder Aufbrauchung jeglicher Art quasi Sklaverei", sagt Gretl Fankhauser.

Schwarze Schafe gibt es überall

Hier greift auch ihr Sohn Alexander, der bekannte und beliebte Star- und Fernsehe-Koch, ein: "Der Mann redet von seinem Bürosessel in Wien aus und hat von der Realität absolut keine Ahnung!" Alexander versteht auch nicht, dass eine so wichtige Branche, die in Tirol für Wohlstand sorgt, immer wieder madig geredet wird. "Das hängt leider auch damit zusammen, dass unsere Lobby nicht so stark ist wie andere." Als Beispiel nennt er die Industrie. "Der Industrie-Lobby haben wir nämlich die Allergenverordnung zu verdanken. Die will, dass in zehn Jahren die Gulaschsuppe auf der ganzen Welt in jedem Haus gleich schmeckt. Dann muss nämlich jeder die Suppe der Industrie kaufen. Und Köche braucht es dann auch gar keine mehr", glaubt Alexander Fankhauser. Dass es natürlich auch im Tourismus schwarze Schafe gibt, das bestreiten die Fankhausers freilich nicht. "Aber die gibt es in allen Branchen. Nur bei uns werden sie leider auch oft von den eigenen besonders gerne vor den Vorhang gebeten. Anstatt auf die vielen, tollen Betriebe zu verweisen", ärgert sich Frau Fankhauser. Auch die Arbeitszeiten und hier vor allem die Wochenenddienste werden dem Tourismus immer negativ vorgeworfen.

Die Schüler wollen alle Manager werden

"Dass es Wochenendarbeit in vielen anderen Bereichen von der Gesundheit bis hin zu Sicherheit oder dem Straßenverkehr auch gibt, verschweigt man gerne. Hauptsache, man kann wieder schlecht über den Tourismus reden." Einer dieser "Ausgebeuteten" ist Christian Lämmerhofer, der Restaurantleiter im Hotel Lamark. "Weil er ausgebeutet wurde, ist er nun schon seit 1990 bei uns im Haus", scherzt Alexander. "Aber ganz im ernst: Wenn das wirklich so wäre, dann wäre er nach zwei Monaten wieder weg gewesen!" Christian kann über den Vorwurf der Ausbeuterei nur schmunzeln. "Aber es stimmt leider, dass es immer schwieriger wird, Mitarbeiter, vor allem Einheimische, zu finden", sagt Christian. Schuld daran ist in seinen Augen auch die Ausbildung: "Bei einem Besuch in einer Tourismusschule haben alle 30 Schüler einer Klasse erklärt, dass sie weder Koch noch Kellner werden wollen. In einer Tourismusschule! Da läuft doch etwas falsch. Die wollen alle Manager werden. Ich habe zu ihnen dann gesagt: ,Ich hoffe, dass ihr Leute findet, die sich von euch managen lassen.’" In die selbe Kerbe schlägt auch Juniorchefin Petra Fankhauser: "Die Ausbildung geht leider an der Realität vorbei. Wir brauchen nicht nur Häuptlinge, sondern auch Indianer." Alle vier hoffen, dass die Schlammschlacht auf dem Rücken des Tourismus ein Ende nimmt. "Wenn nicht, dann wird den Wirtshäusern einmal das selbe Schicksal wie den Postämtern blühen. Weil wenn einem ständig eingeredet wird, wie schlecht man angeblich ist, dann wird man irgendwann keine Wirte mehr finden. Und von den unzähligen bürokratischen Prügeln, die uns ständig vor die Beine geworfen werden, will ich hier gar nicht reden", betont Gretl Fankhauser abschließend.

Markus Gassler, Kronen Zeitung

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