Vermisstenfälle

Schmaler Grat zwischen Hoffnung und ewigem Rätsel

Tirol
24.02.2017 09:16

Familie, Freunde und Wegbegleiter gehen sprichwörtlich durch die Hölle, wenn plötzlich ein lieber Mensch wie vom Erdboden verschluckt ist. Pro Jahr erreichen die Tiroler Polizei im Schnitt 500 Abgängigkeitsanzeigen - die meisten Fälle klären sich in der Regel rasch wieder auf, doch einige bleiben wohl für immer ein Rätsel. Aktuell gelten hierzulande etwa 130 Personen als verschollen!

Wo ist Jennifer V. aus Wörgl? Die Mutter von zwei kleinen Kindern (2 und 4 Jahre) ist seit Anfang Februar spurlos verschwunden. Zuletzt gesehen wurde die 26-Jährige in ihrer Arbeitsstätte in Kundl. Verwandte und Freunde der Frau befürchten ein Gewaltverbrechen. Und auch die Polizei spricht mittlerweile von einem "besorgniserregenden Fall". Hinweise, dass etwas passiert sei, gebe es derzeit aber noch nicht.

Das mysteriöse Verschwinden der Jungmutter ist leider kein Einzelfall! "Pro Jahr gehen bei der Tiroler Polizei im Schnitt rund 500 Abgängigkeitsanzeigen ein", erklärt Philipp Pichler vom Landeskriminalamt im Gespräch mit der "Krone". Wobei sich aber der Großteil der Fälle in der Regel rasch aufkläre - entweder mit glücklichem, leider aber auch immer wieder mit sehr traurigem Ende, wie zuletzt die Tragödie um den kaltblütig ermordeten National-Banker Reinhard S. (47) aus Thaur aufzeigte. Alles in allem tauchten laut Pichler "rund 97 Prozent der als vermisst gemeldeten Personen innerhalb von ein paar Wochen wieder auf".

Seit den 1960er Jahren 130 Personen verschollen

Manche Abgängigkeiten hingegen bleiben aber wohl für immer ein Rätsel. "Zurückgerechnet auf das Jahr 1964 verzeichnet die Tiroler Polizei aktuell an die 130 ungeklärte Vermisstenfälle", schildert der LKA-Beamte weiter. Darunter sind Personen, die etwa im alpinen Gelände verschollen sind. Aber auch der eine oder andere, der 1987 bei der Hochwasserkatastrophe im Ötztal von der Ötztaler Ache mitgerissen und seither nie mehr gesehen wurde.

Minderjährige Flüchtlinge als neue Herausforderung

Seit Beginn der Flüchtlingskrise spiele die Vermisstenproblematik auch hinsichtlich Migranten eine Rolle. Vor allem bei Minderjährigen: 2016 etwa galten in Tirol 15 Flüchtlinge unter 18 Jahren als abgängig, fünf waren jünger als 14. Das Problem hier sei, dass viele neue Identitäten annehmen und ins gewünschte Zielland weiterreisten. Zudem dürften Minderjährige auch nicht ins ursprüngliche Schengenland zurückgeschoben werden. "Eine mögliche Schlepper-Masche", wie Pichler meint. Denn sobald ein Minderjähriger einen positiven Asylbescheid in der Tasche hat, könne die Familienzusammenführung starten.

Fakt ist: Für Angehörige und Freunde von Vermissten ist vor allem die an den Nerven zehrende Ungewissheit der reinste Horror. Ein Hoffnungsschimmer bleibt: Laut Pichler werde alles getan, was möglich ist. Fälle werden immer neu aufgerollt. Kein ungelöster Fall werde zu den Akten gelegt!

Verschollen! Mysteriöse Vermisstenfälle

An die 500 Vermisstenanzeigen trudeln pro Jahr bei der Polizei in Tirol ein, die meisten Abgängigen tauchen wieder auf, einige bleiben aber verschollen. Hier eine Auswahl der jüngsten, mysteriösesten Tiroler Fälle:

  • Wo ist Katharina Kirchmair? Diese quälende Frage müssen sich seit mittlerweile 24. April 2015 ihre Angehörigen und Freunde stellen. Zuletzt gesehen wurde die damals 24-Jährige auf dem Gelände des Landeskrankenhauses Hall. Akribische Ermittlungen der Polizei verliefen bisher allesamt im Sand. Auch privat organisierte Suchaktionen und Aufrufe via Facebook blieben bis heute erfolglos.
  • Große Ungewissheit auch bei der Familie von Karl R. aus dem Zillertal: Seit Oktober 2015 fehlt vom damals 97-Jährigen jede Spur. Der rüstige Rentner kam von einem Spaziergang nie mehr nach Hause zurück. Der Letzte, der den betagten Mann damals gesehen hatte, war ein Nachbar. Mehrere Suchaktionen wurden von der Bergrettung und der Polizei gestartet. Leider konnte der Abgängige jedoch nie gefunden werden. Ein Unfall wird vermutet.

  • Spurlos verschwunden ist seit Herbst 2015 auch Richard K. aus Volders. Der damals 55-Jährige brach Ende August zu einer Pilgerreise zum Jakobsweg nach Santiago de Compostela (Spanien) auf. Den letzten Kontakt mit der Familie gab es im September 2015. Die Polizei steht seither vor einem Rätsel.

  • Mysteriös auch der Fall um Tabita C. (48): Von der in Reutte lebenden Lettin gibt es seit dem 24. September 2016 kein Lebenszeichen. Von Beginn an wollten die Verwandten der 48-Jährigen nicht glauben, dass sie sich abgesetzt hat. Eine Handyortung sowie eine Hausdurchsuchung blieben ergebnislos. Sogar Teile des Plansees wurden damals mit Sonargeräten und Tauchrobotern abgesucht auch ohne Erfolg. Die Ermittlungen laufen in alle Richtungen, heißt es von Seiten der Polizei.

Hubert Rauth, Kronen Zeitung

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