Erschlagen, gequält

So leiden Enten in einem deutschen Mastbetrieb

Tierecke
19.12.2014 14:52
Am Weihnachtsabend ist er bei vielen fester Bestandteil des Festessens: der Entenbraten. Doch beim Anblick dieser Bilder vergeht einem der Gusto sehr schnell. Tierschützer enthüllten die schrecklichen Zustände in einem deutschen Mastbetrieb: Massentierhaltung, wie es sie auch in Österreich gibt. Für die Tiere bedeutet das nicht nur ein kurzes Leben im dunklen Stall: Videoaufnahmen zeigen Arbeiter, die Enten mit der Mistgabel erschlagen.

Rund 60 Prozent aller Enten werden laut Branchenexperten im letzten Quartal des Jahres verkauft und landen zumeist als Weihnachtsbraten auf dem Tisch. Den Konsumenten wird dabei oft das Bild von der glücklichen Ente aus der Region verkauft. Doch die Realität sieht anders aus, wie die Tierschutzorganisation Animal Equality jetzt aufdeckt.

Denn die Aufnahmen, die einem schnell den Appetit auf Ente vergehen lassen, stammen nicht etwa aus Polen oder Rumänien, sondern aus einem deutschen Mastbetrieb. Dabei handelt es sich um einen Zulieferer des Geflügel-Giganten Wiesenhof, der Marktführer in Deutschland ist und auch in Österreich zahlreiche Supermärkte beliefert.

Enten mit Mistgabeln erschlagen und aufgespießt
Laut Informationen aus dem Jahr 2013 liefert der Betrieb aus Brandenburg jährlich eine Millionen Enten an Wiesenhof und ist einer der größten Entenmastbetriebe in Deutschland. Das unter anderem mit versteckter Kamera aufgenommene Bildmaterial dokumentiert das brutale und illegale Vorgehen der Arbeiter. Dabei werden noch lebende Enten mit Mistgabeln aufgespießt und zu toten Tieren in eine Kiste geworfen. Darin liegen weitere, bereits reglose Enten. Mögliches Motiv der Tierquäler: Die schwächsten Tiere sollen frühzeitig aus der Mast ausgesondert werden.

In dem Stall fanden die Aktivisten zudem Enten mit großflächigen Blutspuren vor sowie zahlreiche Tiere, die auf den Rücken gefallen waren und aus eigener Kraft nicht mehr auf die Beine kamen - Letzteres ist für Experten Folge der "extremen Zucht auf Brustmuskelfleischansatz", durch die Statik und Motorik der Enten "absolut unphysiologisch" werde. Anders ausgedrückt: Die Tiere werden obenrum so schwer, dass sie sehr leicht umkippen. Einmal umgefallen, können sie kaum noch aufstehen. Dies gleicht nicht selten einem Todesurteil, da sie nicht mehr zu Futter und Wasser gelangen und qualvoll verdursten.

Kein Zugang zu Wasser
Obwohl Enten Wassertiere sind, haben sie in dem Stall zudem keinen Zugang zu Wasser, in dem sie baden, schwimmen oder stehen können – und das, obwohl dieser gemäß dem deutschen Tierschutzgesetz für Enten gegeben sein muss. Federrupfen oder Kannibalismus sind als Verhaltensstörung die Folge.

"Den meisten Verbrauchern ist gar nicht bewusst, welche Qualen Enten in der Mast durchleben müssen", kommentiert Hendrik Haßel, Sprecher von Animal Equality. "Der Betrieb wurde zufällig ausgewählt. Diese Bilder sind lediglich eine Momentaufnahme in dem langen Leidensweg der Tiere und zeigen wahrscheinlich nur die Spitze des Eisbergs. Das eigentliche Ausmaß ihres Leidens müssen wir uns noch viel größer vorstellen."

Wiesenhof: "Völlig inakzeptabel"
Wiesenhof Deutschland distanzierte sich gegenüber "Spiegel Online" von den Zuständen in dem Zulieferbetrieb: Der Vertrag einer Tochtergesellschaft mit dem selbstständigen Landwirt sei fristlos gekündigt worden, hieß es: "Wiesenhof schätzt die Vorkommnisse als schwere Tierrechtsverstöße ein, dies ist für die Unternehmensleitung völlig inakzeptabel." Sowohl die Tierschutzorganisation als auch Wiesenhof brachten Strafanzeigen gegen den Mastbetrieb ein.

Der Skandal-Betrieb selbst zeigte sich ebenfalls schockiert angesichts der Vorgänge in seinem Stall: Die "offenbar durch unsere Mitarbeiter an den Tieren vorgenommenen Misshandlungen verabscheuen und verurteilen wir", teilt der Geschäftsführer "Spiegel Online" mit. Die Mitarbeiter würden laufend geschult und auf die Einhaltung aller Tierschutzvorschriften verpflichtet. Dies würde von Betriebsleitung und Geschäftsführung regelmäßig kontrolliert. Man werde die Vorfälle zum Anlass nehmen, Schulung und Kontrolle zu intensivieren. Gegen die betroffenen Mitarbeiter würden die erforderlichen Konsequenzen gezogen.

Immer wieder Skandale rund um Wiesenhof
Übrigens ist es nicht das erste Mal, dass Geflügelriese Wiesenhof Kritik von Tierschützern einstecken muss: Im Jänner 2010 wurden durch das ARD-Politmagazin "Report Mainz" schwere Tierschutzverletzungen in einem niedersächsischen Hühnerzuchtbetrieb aufgedeckt. Stern TV berichtete Anfang September 2013, dass bei einem Wiesenhof-Lieferanten in Bayern schwächliche Tiere lebend in den Müll geworfen würden. Filmaufnahmen der Tierschutzorganisation "SOKO Tierschutz" zeigten, wie kranke Tiere im Stall liegen, der Hofinhaber ein flatterndes Tier in den Müllcontainer schleudert oder wie eine Hof-Mitarbeiterin versucht, ein zappelndes Tier an einem Kübel totzuschlagen.

Auf einem Geflügelschlachthof der Wiesenhof-Gruppe bei Möckern im Bundesland Sachsen-Anhalt wurden im April 2011 laut einem Bericht des Nachrichtenmagazins "stern" unzählige Hygienemängel aufgedeckt, etwa Schwarzschimmelbefall an Wänden und Decken sowie mangelhafte Kühlung. Zudem wurde im Juni ein Skandal rund um Werkvertragsnehmer und Zeitarbeitsfirmen aufgedeckt, die Spätaussiedler sowie ausländische Arbeitskräfte aus Rumänien, Bulgarien und Vietnam zu Dumpinglöhnen beschäftigten und in Massenunterkünften einquartierten.

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