Auslandstierschutz

Renate Grell: “Tierleid kennt keine Grenzen”

Tierecke
07.08.2014 07:35
"Österreichs Tierheime sind voll genug", "Ihr schleppt uns nur Krankheiten ein" und "Diesen Hunden tut man gar keinen Gefallen" - mit diesen und ähnlichen Vorwürfen muss sich Tierschützerin Renate Grell täglich auseinandersetzen. Denn sie hilft mit ihrem Verein "Animal Care International" herrenlosen Vierbeinern in Bosnien und vermittelt sie nach Österreich.

krone.at: Warum betreiben Sie Tierschutz im Ausland, und nicht ausschließlich in Österreich?
Renate Grell: Weil Tierleid im wahrsten Sinne des Wortes grenzenlos ist, weil es die moralische und ethische Verpflichtung eines jeden Menschen ist, ohne Unterschied auf Herkunft, Rasse, Religion, anderen Kulturkreisen und so weiter dort zu unterstützen, wo Hilfe gebraucht wird. Weil in vielen Ländern der Respekt, die Achtung und Wertschätzung einem Tier gegenüber noch gänzlich fehlen und diesem sogar Gefühle und Leidensfähigkeit abgesprochen werden. Daher betrachten wir es als unsere Pflicht, ein Umdenken herbeizuführen.

krone.at: Was tut "Animal Care International" genau?
Grell: Wir geben Hilfe zur Selbsthilfe, leisten Entwicklungsarbeit für Tier und Mensch und wollen ein Umdenken bewirken. Dafür arbeiten wir vor Ort und vesuchen, die Lebenssituation für die Tiere nachhaltig zu verbessern, egal ob sie in Lagern leben, auf der Straße oder bei Privatpersonen. Natürlich führen wir Kastrationsprojekte durch, um ungewollte Vermehrung zu vermeiden. Streuner werden gefüttert und medizinisch versorgt, wir organisieren dringend benötigte Sachspenden und vermitteln Hunde aus den Ländern, in denen wir arbeiten, nach Österreich - allerdings nur komplett geimpfte, nach Maßgabe kastrierte, gechippte, entwurmte und entflohte Tiere nach medizinischer Untersuchung.

krone.at: Welche Schwierigkeiten gibt es dabei?
Grell: Wer in Ländern wie Bosnien und Herzegowina arbeitet, hat gegen für uns Österreicher unverständliche Probleme anzukämpfen - unter anderem Verständnislosigkeit gegenüber Tierleid. Auch die mangelhafte Ausbildung der Tierärzte ist problematisch. Natürlich spielen aber auch der geringere Lebensstandard und die Armut der Menschen vor Ort eine entscheidende Rolle, außerdem zeigt der Krieg noch heute deutliche Spuren.

krone.at: Wie sieht das Feedback der Bevölkerung aus?
Grell: Die Menschen, die sich unserem Mensch-Tier-Projekt anschließen und mithelfen, werden immer mehr. Auch der Bürgermeister von Konjic hat in einem Zeitungsinterview betont, dass er in seiner Stadt nicht mehr mit der Überpopulation von Streunern zu kämpfen habe, weil der österreichische Verein ACI und der Franziskaner-Pater Father Antony hervorragende Arbeit geleistet hätten.

krone.at: Warum hat Auslandstierschutz Ihrer Meinung nach so viele Kritiker?
Grell: Wer einmal das Elend der unter schrecklichen Bedingungen lebenden Streuner vor Ort gesehen hat, wird, wenn er nicht total emotionslos und abgestumpft ist, seine Meinung revidieren müssen. Oftmals sind es Unwissenheit oder Ignoranz und Bequemlichkeit, alles im Zusammenhang mit Auslandstierschutz in Bausch und Bogen zu verdammen! Das Argument, es wären im eigenen Land genug Tiere vorhanden, kann angesichts einer moralischen und ethischen Verpflichtung zu helfen, keine Gültigkeit haben.

krone.at: Leider gibt es auch unter den Tierschutzvereinen schwarze Schafe, die mit Vierbeinern aus dem Ausland Geld verdienen wollen.
Grell: Natürlich ist die Integrität eines Tierschutzvereins zu überprüfen und die Spreu vom Weizen zu trennen. Wir arbeiten ehrenamtlich Tag für Tag zum Wohle der Tiere, bekommen keinerlei Subventionen, verursachen aber auch niemandem Kosten - denn wir tragen für unsere Tiere lebenslang Verantwortung und tun wirklich alles, damit absolut kein Tier in einem unserer Tierheime landet - wir sichern uns diesbezüglich auch vertraglich ab. Tierschutzvereine, die Auslandstierschutz betreiben, alle in einen Topf zu werfen, halte ich für fatal!

krone.at: Was wünschen Sie sich vom Gesetzgeber im Hinblick auf die Abwicklung von grenzüberschreitendem Tierschutz?
Grell: Die Akzeptanz, dass Tierschutz allerorts wichtig und ethisch und moralisch zwingend ist. Dafür Sorge zu tragen, dass sich in der Öffentlichkeit kein Rassismus gegen Tiere aus dem Ausland entwickelt... Und ein Gütesigel für Tierschutzvereine zu schaffen, das eine Qualitätssicherung ausweist und eine Abgrenzung von illegalen Händlern garantiert. Meiner Meinung nach muss bereits bestehendes Leben, egal welcher Herkunft, geschützt werden. Die Menschen durch Werbekampagnen dahingehend zu lenken, ausschließlich beim Züchter zu kaufen, fördert lediglich die Nachproduktion und nimmt jenem Hund und jeder Katze, die schon unverschuldet ihr Dasein fristen, jegliche Perspektive auf ein artgerechtes Leben.

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