"Viel einfacher"

Schweizer Uhrmacher fordert 20-Stunden-Tag

Viral
13.01.2009 11:59
Stilvoll und elegant sehen sie aus, die Armbanduhren aus David Chansons Kollektion. Auf den zweiten Blick aber irritieren sie: Die Zifferblätter haben statt zwölf nur zehn Stunden. Der junge Schweizer Uhrmacher will nicht nur stilbildend sein - nebenbei will er der Welt eine neue, bahnbrechende Zeitmessung nach dem Dezimalsystem verordnen. Chansons erste Edition mit 500 Exemplaren wird bereits für umgerechnet rund 300 Euro das Stück im Internet (siehe Infobox) angeboten.

"Ich fand unsere Unterteilung in 60 Sekunden und 60 Minuten schon immer äußerst kompliziert", sagt der 34-jährige Spross einer altehrwürdigen Uhrmacherfamilie. Das Dezimalsystem biete für die Zeitrechnung eine "viel logischere" Aufteilung.

In der elterlichen Villa bei Lausanne enthüllt Chanson einige seiner nach eigenem Empfinden "revolutionären" Modelle: Das Zifferblatt zeigt zehn Striche, jeder Tag ist in zwei Mal zehn Einheiten unterteilt. Das Dezimalsystem löse bei der Zeitmessung gleich zwei Probleme, sagt Chanson: Es beende die mühselige Umrechnung von Stunden in Minuten und vereinfache die Addition von Zeiträumen. "Wie viele Stunden dauert ein Film von 150 Minuten?", fragt er provokativ. Auf zweieinhalb Stunden kämen die meisten erst nach einiger Umrechnungsakrobatik.

Philosoph der Uhrenmacherfamilie
Schon Chansons Großvater und Urgroßvater verdienten ihr Geld mit Uhren. Wie sie absolvierte auch er seine Ausbildung im Vallee-de-Joux im Schweizer Jura, eine der Hochburgen der Schweizer Uhrenindustrie. Der Herstellung von Uhren und ihrer Mechanik kann er trotz seiner Ausbildung aber nicht viel abgewinnen. "Die Reparatur von Uhren ist nicht mein Ding", gesteht er. Daher hat er mit der Produktion der Uhrwerke eine Filiale der Swatch-Gruppe betraut, die Gehäuse werden von einem Zulieferer in Genf hergestellt. Zusammengebaut werden die Chronometer bei Neuchatel in der Westschweiz.

Dagegen kann der etwas ungewöhnliche Uhrmacher stundenlang über die theoretischen Aspekte seiner Zeitmessung reden. Sein neues System sei zunächst tatsächlich ein bisschen verwirrend, räumt Chanson ein. Trotzdem glaubt er, dass sich der Aufwand für die Einführung seiner Metrik in Grenzen hält: "Die Engländer haben es ja auch geschafft, ihre Maßeinheiten Zoll und Fuß auf das metrische System umzustellen", sagt er. "Und schauen Sie sich die Einführung des Euro an. Für viele Länder war es nicht einfach, ihre alte Währung aufzugeben - und trotzdem haben alle mitgemacht."

Kurzzeitige Koexistenz soll Einführung erleichtern
Chanson weiß auch schon, wie das neue Zeitsystem eingeführt werden könnte: Nach einer anfänglichen Anpassungsphase würden beide Systeme für eine gewisse Zeit nebeneinander verwendet. Deshalb weist das Zifferblatt seiner Uhren neben der Dezimaleinteilung die herkömmliche Zwölferskala auf. "Aber letztlich träume ich natürlich von einer Uhr, die nur noch meine Zeiteinteilung hat", sagt er.

Um die 132.000 Euro aufzubringen, die für die Realisierung seines Projektes nötig waren, brauchte Chanson die Unterstützung seines Vaters. "Ich war mit zahlreichen Marken in Kontakt, einige haben reagiert, aber wirklich interessiert zeigte sich niemand", räumt er ein. Die fertigen Modelle stießen im Internet bisher ebenfalls nur auf verhaltene Resonanz. Seine erste Edition sei seit ihrer Einführung im vergangenen Frühjahr nur auf "rund ein Dutzend Interessenten" gestoßen - darunter vor allem Sammler.

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