Trotz Wahldebakel

Steiermark: Voves macht “an Spitze der SPÖ” weiter

Österreich
01.06.2015 19:37
Keine Rede mehr von Rücktritt in der Steiermark: Landeshauptmann und SPÖ-Chef Franz Voves wird trotz der schweren Niederlage bei der Landtagswahl am Sonntag in der Politik bleiben und zeigte sich am Montagabend entschlossen, die Zusammenarbeit mit der ÖVP fortzuführen. Er müsse als Demokrat zwar Gespräche mit allen Landtagsparteien zu führen, auch mit der FPÖ, eine Koalition mit den Freiheitlichen werde es aber nicht geben.

Man habe sich sehr ausführlich mit den Beweggründen der FPÖ-Wähler zu beschäftigen, "alles andere wird sich in den nächsten Tagen, in Gesprächen mit den anderen politischen Parteien ergeben", sagte Voves. Er habe auch bereits mit ÖVP-Chef Hermann Schützenhöfer telefoniert. Bei den Verhandlungen ist natürlich noch viel Strategie dabei: "Ich erlebe dieses Ritual ja zum dritten Mal", so der Landeshauptmann. Es gehe nun um eine fundierte Analyse und um Gespräche mit Vertretern aus den Regionen, wie man die Ergebnisse in Projekte einfließen lassen könne.

In Bezug auf eine Regierungsbildung sagte der SPÖ-Chef: "Wir haben eine gesetzliche Deadline, wenn wir vor Sommer noch eine Regierung haben möchten, dann wäre der 23. Juni der Tag, an dem diese im Landtag gewählt wird. Ich wäre glücklich, wenn ich weiter an der Spitze stehe und die Verhandlungen führen kann. Das Wahlergebnis war ein wirklich politisches Erdbeben, da kann man nicht zur Tagesordnung übergehen." Er könne auch nicht vorwegnehmen, was FPÖ-Chef Mario Kunasek einbringe. Eine Koalition mit der FPÖ ist für Voves aber nicht "auf der Tagesordnung".

Angekündigter Rücktritt kein Thema mehr
Auf seinen angekündigten Rücktritt bei einem Ergebnis unter 30 Prozent angesprochen, sagte Voves: "Schauen Sie, wir haben nun mit den Wahlkarten 29,3 Prozent, wegen der 0,7 Prozentpunkte stelle ich mir die Frage nicht mehr. Ich habe unglaublich viele Mails bekommen, mit der Aufforderung 'Sie müssen unbedingt weitermachen.'" Ob er die kleineren Parteien mit einbinden werde? "Ich werde mich bemühen, die Grünen und die KPÖ in Fragen, die sie interessieren, und in Fragen, die für sie wichtig sind, ins Boot zu bekommen."

Auch Schützenhöfer kündigte am Montagabend an, mit allen im steirischen Landtag vertretenen Parteien Gespräche führen zu wollen, also auch mit der FPÖ. "Ich habe nie gesagt, dass es die 'Reformpartner' ohne Wenn und Aber gibt" - man müsse alle Varianten in die Debatte miteinbeziehen. Es gebe durchaus Stimmen in der ÖVP für eine engere Zusammenarbeit mit den Blauen, sagte Schützenhöfer, der aber auch erneut bekräftigte: "Ich hab mit denen wenig bis gar nichts am Hut."

Schützenhöfer sieht ÖVP auf "absoluter Augenhöhe" mit SPÖ
Den Anspruch auf das Amt des Landeshauptmanns wollte Schützenhöfer am Montag nach der ÖVP-Vorstandssitzung - wobei dem Obmann einstimmig das volle Vertrauen ausgesprochen wurde - nicht stellen. Er machte aber auch klar, dass man nun auf absoluter Augenhöhe mit der SPÖ sei - und es solle niemand glauben, dass der Landeshauptmann-Anspruch automatisch dem Ersten gelte, allerdings auch nicht automatisch dem Zweiten. Die Frage stelle sich am Ende der Verhandlungen.

Prominente Unterstützung für schwarz-blaue Gespräche kommt jedenfalls vom Klubchef der Bundespartei der ÖVP. Reinhold Lopatka spricht sich für "ernsthafte Verhandlungen mit den Freiheitlichen" aus. Man könne nicht einfach den "Steigbügelhalter" für Voves machen. Er sei für einen Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer.

Schallende Ohrfeige für SPÖ und ÖVP
Es war eine schallende Ohrfeige, die Voves und Schützenhöfer am Sonntag kassiert hatten: Von den erhofften 60 Prozent Zustimmung für ihr "Reformprojekt" war man zwar einige Prozentpunkte entfernt, eine "Abwahl" wollte man in dem steirischen Wählervotum aber nicht erkennen. Am vorläufigen Endergebnis hat sich indes durch die Briefwahl nichts mehr geändert - die SPÖ bleibt Erste und konnte mit insgesamt 29,29 Prozent ihren kleinen Vorsprung zur ÖVP (28,45 Prozent) etwas ausbauen. Die FPÖ schnitt bei den Briefwählern am schlechtesten ab, ihr Ergebnis sank gegenüber dem Wahlsonntag um 0,37 Prozentpunkte auf 26,76 Prozent.

Ganz Österreich hatte am Sonntag auf die Steiermark geblickt, schließlich war diese Wahl zur Abstimmung über die viel beachtete "Reformpartnerschaft" hochstilisierts worden. Voves und Schützenhöfer hatten in den vergangenen fünf Jahren das Land einer "Schlankheitskur" unterzogen - weniger Abgeordnete, weniger Regierungsmitglieder, vor allem aber weniger Gemeinden. Doch nicht etwa die umstrittenen Zusammenlegungen von Kommunen dürften wahlentscheidend gewesen sein, sondern die Asylproblematik.

"Fremd im eigenen Land?"
Die Freiheitlichen mit ihrem Spitzenkandidaten Mario Kunasek plakatierten etwa "Fremd im eigenen Land?" und trafen damit offensichtlich den Nerv vieler Steirer. Und so feierte die FPÖ einen - in dieser Dimension - völlig unerwarteten Erdrutschsieg und konnte ihren Stimmenanteil beinahe verdreifachen. Voves und Schützenhöfer, die dem Ausländerthema nur wenig entgegensetzen konnten, wurden dagegen "abgewatscht".

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