Urteil erwartet

Prozess gegen Jackson-Arzt nun in der Hand der Jury

Adabei
04.11.2011 07:13
Nach einem sechswöchigen Prozess mit Hunderten Beweisstücken müssen die fünf Frauen und sieben Männer der Jury jetzt über das Schicksal von Michael Jacksons Leibarzt entscheiden. Ist Conrad Murray ein gewissenloser, geldgieriger Arzt, der Jackson fahrlässig mit Schlaf- und Narkosemitteln vollpumpte und so seinen Tod verschuldete? Oder war der "King of Pop" der "Täter", da er sich die tödliche Dosis Propofol selbst verabreichte? Wann genau die Geschworenen ihr Votum verkünden, ist noch unklar.

Am Donnerstagabend trug der Richter in Los Angeles den zwölf Geschworenen auf, ein einstimmiges Urteil zu finden. Nun berät die Jury.

Mehr als zwei Jahre nach dem Tod des Sängers haben Anwälte und Zeugen ein sehr gegensätzliches Bild des Arztes gezeichnet, der wegen fahrlässiger Tötung angeklagt ist. Die Anklage führte mit 33 Zeugen schweres Geschütz gegen Murray auf. Die Verteidigung hielt mit 16 Frauen und Männern im Zeugenstand dagegen.

Ehemalige Patienten lobten den Herzspezialisten als gewissenhaften und hilfsbereiten Mediziner, der in manchen Fällen auch darauf verzichtet habe, bezahlt zu werden. Die Anklage legte dagegen nahe, dass Murray in erster Linie auf den versprochenen Monatslohn in Höhe von 150.000 Dollar (110.000 Euro) aus war, dabei aber als Leibarzt des Popstars "grob fahrlässig" handelte.

Jackson an "akuter Vergiftung" gestorben
Nach dem amtlichen Ergebnis der Gerichtsmedizin war der 50-jährige Jackson im Juni 2009 an einer "akuten Vergiftung" mit Propofol im Mix mit anderen Beruhigungsmitteln gestorben. Conrad Murray hatte im Polizeiverhör zugegeben, dem schlaflosen Jackson über Wochen hinweg das weißliche Propofol gespritzt zu haben.

Der Sänger, der vor seinen geplanten Mega-Konzerten in London unter Druck stand, habe ständig nach seiner "Milch" verlangt, so der Arzt. Propofol wird normalerweise nur vor Operationen oder auf der Intensivstation im Krankenhaus gespritzt und erfordert die ständige Überwachung des Patienten.

Was geschah vor Jacksons Tod?
Die Geschworenen müssen nun entscheiden, ob sie dem Narkose-Spezialisten der Anklage, Steven Shafer, oder dem Experten der Verteidigung, Paul White, Glauben schenken. Die rivalisierenden Kollegen malten in tagelangen Befragungen und Kreuzverhören ganz unterschiedliche Theorien über Jacksons letzte Stunden aus.

Shafer ging hart mit dem Mediziner ins Gericht. Murray sei "für jeden Tropfen Propofol in Jacksons Zimmer" und damit "direkt" für den Tod des Popstars verantwortlich. Er hielt ihm 17 "unverzeihliche" und "ungeheuerliche" Fehler vor, von falscher Wiederbelebung bis zu dem Umstand, dass Murray nicht sofort den Notarzt gerufen habe, als er Jackson leblos in seinem Bett vorgefunden habe. Für Shafer deutet alles darauf hin, dass der Leibarzt seinem schlaflosen Patienten eine größere Menge des Narkosemittels Propofol intravenös verabreichte.

Als "verrücktes Szenario" tat der Anästhesist die Theorie der Verteidigung ab, dass sich Jackson das Mittel möglicherweise selbst gespritzt habe, als sein Arzt nicht im Raum war. Für seinen Kollegen White ist dies allerdings die einzige Erklärung nach den Autopsiewerten, die im Urin, Blut und Magen des Sängers gemessen wurden. Er beschrieb einen Vorgang, nach dem Jackson ohne Wissen seines Arztes selbst zu einer Propofol-Spritze gegriffen haben könne, nachdem er bereits heimlich das Beruhigungsmittel Lorazepam geschluckt hatte. "Ich glaube nicht, dass Jackson die potenzielle Gefahr kannte", mutmaßte White.

Murray nicht im Zeugenstand
Bis zuletzt stand es auf der Kippe, ob sich Murray vor der Jury selbst verteidigen würde. Am Dienstag, quasi in letzter Minute vor Abschluss des Verfahrens, schlug der Arzt den Auftritt im Zeugenstand aus. So bleibt den Juroren nur der Text einer zweieinhalbstündigen polizeilichen Vernehmung Murrays im Juni 2009, zwei Tage nach Jacksons Tod. Da hatte Murray eingeräumt, Propofol gespritzt zu haben, aber angeblich nur eine kleine, ungefährliche Menge.

Selbst wenn die Jury diese Aussage glaubt und davon ausgeht, dass Jackson sich selbst die tödliche Dosis verpasst hat, ist das noch kein Freispruch für Murray. Die Anklage hält den Arzt für den Schuldigen, allein schon weil er die vielen Medikamente beschaffte, die Jackson am Ende getötet haben.

Murray für Fans und Familie Jacksons "Mörder"
Für einige Jackson-Fans steht er schon seit Langem als der Schuldige fest. "Mörder, Mörder", schrie in dieser Woche ein Fan im Gericht von Los Angeles den Angeklagten an, wie der TV-Sender CNN berichtete. Der Mann wurde aus dem Gebäude verwiesen. Eine Handvoll Fans halten seit Prozessbeginn die Stellung.

Jacksons Familie hatte nach dem Tod des Sängers auf eine schwerwiegendere Anklage gedrängt. Sie wollte den Leibarzt wegen Totschlags angeklagt sehen. "Er hat ihn umgebracht", sagte die Mutter des Sängers, Katherine Jackson, damals über den Arzt. "Er hat nicht auf ihn aufgepasst." Wird Murray wegen fahrlässiger Tötung schuldig gesprochen, dann drohen ihm bis zu vier Jahre Haft.

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(Bild: kmm)



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