Als Kind missbraucht

Kinski-Tochter will “klare Verhältnisse” schaffen

Adabei
10.01.2013 09:57
Schauspiel-Genie, Exzentriker, Egoman - Klaus Kinski galt immer als das Enfant terrible des deutschen Films. Doch die Vorwürfe, die seine älteste Tochter jetzt gegen ihn erhebt, übertreffen alles. "Mein Vater hat mich in meiner Kindheit sexuell missbraucht", sagt Pola Kinski im Interview mit der Nachrichtenagentur dpa.

Nicht nur körperlich, auch seelisch habe er sich an ihr vergangen. "Das hat er mit allen Menschen gemacht. Meinungen, Geschmack, Lebensgefühl - das wurde alles von ihm bestimmt." Seine eigene Tochter belastet Kinski mehr als 20 Jahre nach seinem Tod heftig. Der berühmt-berüchtigte Schauspieler war am 23. November 1991 an den Folgen eines Herzinfarkts gestorben.

"Er fing schon an, mich anzufassen und mich mit offenem Mund zu küssen, als ich ziemlich klein war, mit fünf, sechs Jahren etwa", sagt die heute 60-Jährige, die ebenfalls Schauspielerin war. "Ich musste als Kind den Mund halten, weil er mich bedroht hat. Und ich war abhängig von ihm, von seiner Zuwendung." Ihr Vater habe ihr gesagt, das sei ganz natürlich, sagte Kinski zuvor dem "Stern". "Überall auf der Welt würden Väter das mit ihren Töchtern machen", zitierte Kinski ihren Vater in dem Magazin.

Will "klare Verhältnisse schaffen"
In ihrem Buch "Kindermund", das im Insel Verlag erscheinen soll, beschreibt Pola Kinski Szenen des Missbrauchs, die den Leser schaudern lassen. Aber immer wieder schreibt sie auch über die Zerrissenheit, die sie als Kind erlebt hat. "Schuldgefühle quälen mich: dass ich ihn enttäuscht habe, dass ich es überhaupt zugelassen habe. Ich weine hemmungslos", heißt es.

"Ich habe jetzt ein Buch darüber geschrieben, weil ich es nicht mehr ertragen konnte, dass man einen Menschen, dessen Heiligenschein von Jahr zu Jahr größer wird, derart glorifiziert." Der Schauspieler werde immer mehr zum Genie, zum Sensiblen stilisiert. "Deshalb wollte ich klare Verhältnisse darüber schaffen, wer dieser Mensch wirklich war."

20 Jahre nach seinem Tod kann Klaus Kinski den Vorwürfen nichts mehr entgegensetzen. Angst, dass man ihr nicht glauben könnte, hat die Tochter nicht. "Ob man mir glaubt oder nicht, ich habe es erlebt. Es ist die Wahrheit." Doch früher wäre sie nie auf die Idee gekommen, sich jemandem anzuvertrauen.

Kein Kontakt zu Geschwistern
Ob ihr Vater sich auch an anderen Mädchen vergangen habe, wisse sie nicht. Zu ihrer Halbschwester Nastassja, die in den USA lebt, habe sie keinen Kontakt. "Ich habe mit ihr darüber nicht gesprochen." Auch ihr Halbbruder Nikolai, der als Schauspieler in Berlin lebt, möchte die Vorwürfe nicht kommentieren. Er sage generell nichts über seinen Vater, sagte Britta Dahlmann von seiner Künstler-Agentur.

Mit 19 Jahren hatte Pola den Kontakt zu ihrem Vater, der schon zu Lebzeiten mit seinen Wutanfällen immer wieder in Talkshows und an Filmsets für handfeste Skandale sorgte, abgebrochen. "Ich habe einen harten Kampf durchgestanden, aber ich kann jetzt damit leben." Mit ihrem Buch wolle sie auch anderen Missbrauchsopfern Mut machen, sich zu wehren. "Auf irgendeine Art und Weise haben wir alle lebenslänglich", sagt sie.

Empfindet sie Hass für ihren Vater? "Ich empfinde gar nichts für ihn. Als er gestorben war, wurde mir das am Telefon von meiner Mutter mitgeteilt und ich hab' nichts empfunden. Keine Trauer, keinen Hass."

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(Bild: kmm)



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