Royal Wedding

Hochzeits-Camper: “Morgen werden es Tausende sein”

Adabei
27.04.2011 10:05
John Loughrey (siehe Bildmitte und Video) sieht vielleicht ein wenig "crazy" aus, wenn er eingehüllt in royale Devotionalien direkt vor Westminster Abbey campiert. Doch der 56-Jährige weiß ganz genau, was er da tut. Umringt von Dutzenden Kameras und Mikrofonen plätschert es glasklar und professionell aus ihm heraus. Der kleingewachsene, hagere Mann verbringt bereits den siebten Tag auf der Straße. Obdachlos aus Überzeugung. Und ein bisserl auch für Lady Di, deren ältester Sohn Prinz William am Freitag seine Braut Kate Middleton zum Altar führt. Und er ist nicht der Einzige, der vor der Abbey seine Zelte aufgeschlagen hat.

"Sie wäre sehr stolz auf ihren Sohn William" und natürlich auch auf Prinz Harry, der schließlich "Best Man", also Trauzeuge, seines Bruders ist, sagt John. Nichts wünscht er sich mehr, als dass er den Kuss des Brautpaares sehen könnte. Darauf sollten alle ihre Gläser erheben, meint er. Und die Fahnen des gesamten Commonwealth sollten wehen, die indischen, die kanadischen, einfach alle. Der 56-Jährige ist von Kopf bis Fuß Royalist. Von der Haube bis zur Decke dominieren die Farben Blau, Rot, Weiß. Er ist der fleischgewordene Union Jack.

Den Spruch "Diana would be proud" hat John sich selbst aufs William-&-Kate-T-Shirt gemalt. Bereitwillig wiederholt er seine Geschichte, wobei er fast ein bisschen verächtlich auf die alte Dame mit Klappsessel und Iso-Matte verweist, die ihm rund 20 Meter entfernt seit Kurzem Gesellschaft leistet. Auch sie wird umringt von Pressevertretern. "Morgen werden es schon Hunderte sein, Tausende", ist John überzeugt. Und recht wird er haben.

Im "magischen Dreieck" steigt die Spannung
Während die ersten hartgesottenen Camper also ihre Plätze einnehmen, um am großen Tag ganz weit vorne zu stehen, um womöglich einen Blick auf das Brautpaar erhaschen zu können, sind die Vorbereitungen für die Royal Wedding im "magischen Dreieck" zwischen Westminster Abbey, Buckingham Palace und Trafalgar in der heißen Phase angekommen. Matrosen der Royal Navy – unter denen, die an der Kirchentür Spalier stehen werden, ist auch ein entfernter Cousin von Kate – proben ihre Aufstellung, Musikgruppen ihren Auftritt und die Polizei kündigte Spezialteams zum Schutz der hohen Gäste an. Überall in der Innenstadt wird gewerkelt, Zeitungen veröffentlichen Sonderbeilage um Sonderbeilage.

Und auch wenn beim Volk von Hysterie angesichts der "Hochzeit des Jahrhunderts", wie sei bereits des Öfteren beschrieben wurde, nicht viel zu merken ist, so nehmen zumindest Touristen das Treiben wahr. Kaum wird das feine Tuch samt seinen überdimensionalen Kordeln in die Höhe gezogen, ist auch schon Rudelbildung angesagt. Am Prachtboulevard "The Mall", der den Buckingham Palace mit dem "Admiralty Arch" beim Trafalgar Square verbindet, wird jeder Handgriff der Offiziellen von den Touristen mit Argusaugen verfolgt. Natürlich auch das Ausflaggen der schnurgeraden Straße. Tausende von Absperrgittern sind aufgebaut.

Gegenüber von Westminster Abbey ragt eine mächtige, strahlend weiße Pressetribüne in die Höhe, und rund um das Queen Victoria Memorial beim Königspalast wuchert eine zweistöckige Medienstadt aus dem Boden, wo schon eifrig Kameraeinstellungen geprobt und Scheinwerfer ausprobiert werden. Die Dutzenden Übertragungswägen aus aller Welt wurden vorsorglich hinter Buschwerk oder Mauern versteckt, sie sollen das makellose Bild schließlich nicht beeinträchtigen.

Bis zu zwei Millionen Wedding-Fans erwartet
Etwas ehrfürchtig nähern sich die ersten Wedding-Fans - mit Union-Jack-Fähnchen bewaffnet, die sie ganz automatisch und pausenlos schwenken - den meterhohen, goldverzierten Zäunen von Buckingham. Noch einmal wollen sie sich einigermaßen frei bewegen, exakt dort, wo in zwei Tagen kein Durchkommen mehr sein wird. Die Zahl der "Hochzeitsgäste", die in die Metropole strömen, wird mit 600.000 bis zwei Millionen angegeben. Nur wenige Städte der Welt könnten diesen Besucherstrom bändigen. Doch für London scheint das alles kein Problem zu sein. Platz ist ja genug.

Mit einer Fläche von rund 2.000 Quadratkilometern ist die Megacity fünfmal größer als Wien, die Einwohnerzahl von acht Millionen ist es ebenfalls. Wohl deshalb herrscht schon wenige Schritte außerhalb des "magischen Dreiecks" fast aufreizend gepflegter Alltagsbetrieb unter den Einheimischen. Im St.-James's-Park sind die Liegestühle voll besetzt, es wird gejoggt und Kinderwagen geschoben, als gäbe es weder William noch Kate oder gar eine Hochzeit. Auch am legendären Camden Market sitzen die Leute auf Mofa-Hälften, essen "Asian Food" und wippen zu den dumpfen Bässen, die aus den hippen Stores dröhnen. Royal Wedding? Kein Thema. Selbst auf der mondänen, ein bisschen seelenlosen Oxford Street erinnert absolut nichts an das bevorstehende Megaevent.

Doch trotzdem sind ein paar Dinge anders. Plötzlich werden rote Ampeln, die man überall anders in London beharrlich ignoriert, wie selbstverständlich respektiert. Und jenseits der Absperrgitter wird ohnehin kein Fuß gesetzt. Auch disziplinierte Vorfreude ist eben Vorfreude. Fragt man nach dem Ursprung dieses kollektiven Glücksgefühls, erhält man stets dieselbe Antwort. Dave, der mit Frau Debbie und den Kindern aus Leeds angereist ist, spricht vielen aus der Seele: "Auf der Welt geschehen permanent so furchtbare Dinge. Überall Krieg, dann die Wirtschaftskrise. Das hier ist endlich einmal ein freudiges Ereignis - und es gehört einfach gefeiert."

70 bis 80 Spezialteams sollen Hochzeit sichern
Dass diese Feier für die Sicherheitskräfte zu einer großen Herausforderung wird, versteht sich von selbst. Doch noch ist man ruhig. "Wir haben alles im Griff", lässt sich ein "Bobby" zu fast so etwas wie einer Gefühlsregung hinreißen. Tatsächlich hält sich die Polizei punkto Präsenz noch sehr zurück, auch wenn es heißt, am "Wedding Day" werden 5.000 Uniformierte jeden Quadratmillimeter rund um die königliche Kutsche unter ihrer Kontrolle haben. Die Londoner Polizei kündigte an, 70 bis 80 Spezialteams abzustellen, um die Hochzeit zu sichern. Zur Trauung werden 50 Staatsoberhäupter vor allem aus Commonwealth Ländern sowie europäischer Hochadel und Stars wie Elton John, Rowan Atkinson und David Beckham erwartet.

Die Polizei hat nach eigenen Angaben jedoch keine konkreten Erkenntnisse über terroristische Bedrohungen für das Fest. "Dies wird ein Tag des Feierns, der Freude und des Prunks", sagte Polizei-Einsatzleiterin Christine Jones. "Wir lägen aber falsch, wenn wir angekündigte Proteste in unserem Plan B nicht berücksichtigen würden."

Im Vorfeld hatten mehrere Gruppen - darunter auch radikale - Demonstrationen angemeldet. Die Metropolitan Police sprach gegen 60 mutmaßliche Störer vorbeugend Platzverweise aus. Jeder, der versuche, die Hochzeit des künftigen britischen Thronfolgers zu stören, müsse "mit einer robusten Antwort" der Sicherheitskräfte rechnen. Jones forderte die Bevölkerung und die Touristen auf, mit den 5.000 Polizisten in der Menge und an den Straßenrändern zu kommunizieren.

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(Bild: kmm)



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