Zur Hölle und zurück

Niki Laudas Crash am Nürburgring vor 40 Jahren

Sport
30.07.2016 18:00

Nürburgring am 1. August 1976 - vor 40 Jahren hielt der Feuerunfall von Niki Lauda beim Formel-1-GP von Deutschland ganz Österreich in Atem. Heinz Prüller erinnert sich für die "Krone".

Als der Schattenboxkampf zwischen Hockenheim und dem Nürburgring um den deutschen GP losging, sagte mir der damalige Jackie-Stewart-Teamchef Ken Tyrrell: "Was kannst du dir Schöneres vorstellen, als am 1. August bei einem Bier am Nürburgring in der Sonne zu sitzen?" Ich weiß nicht. Vor allem nicht seit dem 1. August 1976. Dem Tag, an dem Niki Lauda in der "grünen Hölle"  verunglückte - vor genau 40 Jahren. Es war ein surrealer Tag. In der Früh hörten wir: In Wien war die Reichsbrücke eingestürzt, die wichtigste Brücke über die Donau. Am Ring verlangte ein diensteifriger Aufpasser: "Herr Lauda, zeigen Sie mir Ihren Ausweis." Im Fahrerlager bat ein Fan um ein Autogramm: "Aber bitte mit Datum." "Warum mit Datum?" "Weil es Ihr letztes Autogramm sein könnte."

"Andere Menschen sind schiacher als ich"
Es waren die großen Ferrari-Jahre. Lauda, Weltmeister 1975, hatte 1976 als erster Europäer in Brasilien gewonnen, dann auch Kyalami, Zolder, wieder Monte Carlo, Brands Hatch, am Nürburgring, wo er als Erster und Einziger in einem Formel-1-Wagen eine Runde unter 7 Minuten (6:58,6) gedreht hat - der Mondflug der Formel 1 - startet er aus Reihe eins, neben James Hunt. Und mit einem neuen, kantigen Helm. Später weiß er: "Nie mehr wieder, auch nicht für sehr viel Geld, würde ich einen kantigen Helm aufsetzen." Wäre der nicht am Gitterzaun heruntergefetzt worden, wären ihm alle Brandwunden im Gesicht erspart worden. Aber er sieht’s locker. "Andere Menschen sind schiacher als ich. Aber ich hab wenigstens eine Entschuldigung: Unfall gehabt."

Bei Streckenkilometer 9,6 (Bergwerk) brach die Radaufhängung rechts hinten. Niki saß hilflos im brennenden Ferrari. Zum Glück leisteten die Lauda-Lebensretter ganze Arbeit. Allen voran Arturo Merzario, der spindeldürre Italiener mit dem Cowboyhut und den traurigen Augen, der wie der liebe Gott in die Flammen reinmarschierte und den Sitzgurt aufriss, oder Harald Ertl, der Alarm schlug, oder Hans-Joachim Stuck, der dem heranrasenden Pulk in Panik entgegenrannte, oder Brett Lunger und Guy Edwards, die mit aller Kraft gegen das Feuer kämpften.

Lauda wurde zum Hubschrauber gebracht, ins Spital nach Adenau geflogen, wo man ihm nicht helfen kann. "Wir fliegen nach Mannheim."  Wie lange? "40 Minuten." Im Helikopter kommt Niki wieder zu Bewusstsein. Sein Überlebenskampf hält ganz Österreich in Atem. In der Klinik erkennt Professor Peter, dass Nikis Brandverletzungen nicht die größte Lebensgefahr sind, sondern die Verätzungen in der Lunge - von den eingeatmeten Schadstoffen. Daher Spitalswechsel von Mannheim nach Ludwigshafen.

"Wennst kurz vorm Abkratzen bist, denkst über alles Mögliche nach"
Was Lauda mitmacht, kann man nur erahnen. "Ich hab das Gefühl, ich stürz in einen Brunnenschacht, verspreize mich mit allen Händen und Füßen, um nicht abzustürzen, denn fallen lassen heißt sterben." Der Sauerstoffgehalt im Blut ist alarmierend niedrig. Auf der Intensivstation plärrt dauernd das Radio. "Und ich höre, wie ein Arzt zum anderen sagt: Wenn wir ihm dieses Mittel geben, stirbt er. Und wenn wir ihm das andere geben, stirbt er auch. Also alles sehr interessante Nachrichten. Aber wennst kurz vorm Abkratzen bist, dann denkst du über alles Mögliche nach." Niki bekommt sogar die letzte Ölung. "Zuerst glaub ich, der Pfarrer will mir Mut zusprechen. Aber dann sagt er etwas von guter Reise, und das macht mich so wütend, dass ich noch mehr um mein Leben kämpf."

Nach drei Tagen ist Lauda über den Berg. Er wird überleben, begann sofort den Kampf ums Comeback, das nur 42 Tage nach dem Crash in Monza Realität wurde. 1977 und 1984 folgten noch zwei WM-Titel.

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(Bild: KMM)



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