Temposünder Auslöser

Vor Gericht: Messgeräte für Luftgüte nicht geeicht

Salzburg
11.01.2017 06:51

Ein Temposünder, der im Juni 2015 beim sogenannten Luft-80er auf der Stadtautobahn um 22 km/h zu schnell unterwegs war, reichte beim Landesverwaltungsgericht Beschwerde ein, Dienstag wurde verhandelt. Dabei kam heraus: Die Geräte der Luftgüte-Messtation an der Autobahn sind tatsächlich nicht geeicht.

Eigentlich fuhr Roland Leidinger am 20. Juni 2015 mit seinem Pkw mit 102 km/h ja praktisch ohnehin nur so schnell, wie es früher (und auch jetzt noch zeitweise) auf der Westautobahn erlaubt ist. Doch der Jurist aus Vöcklabruck wollte es genau wissen und bekam heraus, dass die Messgeräte der Luftgütestation an der Autobahn in Wals (so wie alle anderen übrigens auch) nicht geeicht sind. Bei der Verhandlung am Dienstag war auch ein Techniker des Landes geladen und der bestätigte nun: Ja, denn die Geräte werden von uns ständig kalibriert und sie müssen vom Gesetz her nicht geeicht sein.

Der Beamte berief sich dabei auf die Mess- und Eichverordnung aus dem Jahr 2015, in der tatsächlich (§8) nur geregelt ist, dass nur "Abgasanalysatoren, die im Rahmen der amtlichen Überwachung des öffentlichen Verkehrs zur Prüfung und fachgerechten Wartung von im Gebrauch befindlichen Kraftfahrzeugen bestimmt sind", geeicht sein müssen. Für Luftgüte-Messgeräte fehlt hingegen jede genauere Bestimmung in der Eichverordnung.

Was den Juristen selbstredend empörte: "Jedes Radarkastl oder jeder Alkomat verliert seine Gültigkeit," wenn das Eich-Datum abgelaufen ist. Und ausgerechnet Geräte, die direkt über ein zu verhängendes Tempo-Limit bestimmen und damit zur Bestrafung führen, da spart man sich sogar die Eichung? Das kann nicht sein." Der Landesbeamte hingegen betonte: Das Messgerät war damals völlig in Ordnung, es gebe strenge interne Kontrollen . Und: "Weltweit gibt es keinen Eichschein für Luftmessgeräte." Jedenfalls bleibt Roland Leidinger bei seiner Beschwerde. Das Urteil in diesem Streitfall ergeht schriftlich.

Land in Erklärungsnotstand
Damit gerät das Land neuerlich wegen des umstrittenen (und weitgehend nutzlosen) IG-L-Luftachtzigers auf der Stadtautobahn in Erklärungs-Notstand. Denn das eigentliche Ziel (eine erhebliche Schadstoffreduktion) wird klar verfehlt: Nur um maximal 4,2 % weniger Stickoxide gibt es durch die Tempobremse, die jetzt noch fragwürdiger erscheint: "Wenn das Land Messwerte nicht geeichter Geräte dazu verwendet, um Verkehrsmaßnahmen wie Tempo 80 zu verhängen, dann muss man das schon hinterfragen", so der Tenor vor Gericht. Noch dazu hat sich das Land ja selbst ein Eigentor bei der Begründung für die Tempo-Bremse geschossen: Elektroautos müssen - die "Krone" berichtete - ebenso den Luft 80er einhalten wie Diesel- oder Benzin-Pkw. Obwohl sie emissionsfrei sind und der 80er eigentlich zur Schadstoff-Reduktion verhängt wurde.

In diesem Zusammenhang ist ein Spruch des Landesverwaltungsgerichts vom 22.9. 2016 interessant: Darin wird der Lenker eines Elektroautos nur "ermahnt", weil er um 23 km/h zu schnell war und seine 50-E-Strafe widerrufen (Probieren sie das einmal als Fahrer eines Diesel-Pkws). Besonders interessant ist dabei die Begründung des Landesverwaltungsgerichts: "Der Lenker habe durch die Nicht-Beachtung der Geschwindigkeitsbegrenzung die Verkehrssicherheit gefährdet." Doch mit dieser Begründung könnte nur der Bund ein Limit auf Autobahnen erlassen, nicht aber das Land. Dessen Argumente für einen IG-L-80er zerbröseln immer mehr.

WOLFGANG WEBER/ANTONIO LOVRIC, Kronen Zeitung

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