Politik

Verstorbener soll nun an allem die Schuld tragen

Salzburg
29.03.2017 18:57

Wurde der Gemeinderat über die Risiken der Spekulationsgeschäfte der Stadt und die Übertragung von sechs Swap-Geschäften ans Land richtig informiert? Nein, sagt das Kontrollamt. Ja, sagen die Finanzabteilung und die SPÖ. Die mageren Rechtfertigungen der Finanzer sind jedenfalls nicht aufschlussreich.

Die Prüfer kommen wie berichtet zum Fazit, dass die Finanzverwaltung bis 2007 den Gemeinderat über die Risiken von Swaps nicht bzw. nur teilweise aufgeklärt hatte. In einer Stellungnahme teilte die Finanzabteilung mit, dass sie aus "rechtlichen und faktischen Gründen" nichts sagen wird, weil derzeit ein Strafverfahren läuft. Der Leiter der Finanzabteilung verwies in seinem Bericht auf seine Befangenheit als Angeklagter. Nur soviel: Die "MA 4 - Finanzen" verweist darauf, dass der im geprüften Zeitraum 2003 bis 2007 verantwortliche Finanzdirektor, nach dessen Vorgabe sämtliche Amtsberichte erstellt wurden, in vollem Umfang informiert gewesen wäre. Als Dienstvorgesetzter war der zwischenzeitig verstorbene Finanzdirektor dafür verantwortlich, zu beurteilen und zu entscheiden, in welcher Form und in welchem Umfang diese Informationen in die Amtsberichte einflossen.

Dem widerspricht der 2006 im Gemeinderat anwesende BL-Chef Helmut Hüttinger: "Das nun an einem Verstorbenen auszulassen, ist unglaublich. Meine Nachfrage über Risiken war gezielt an den zuständigen Sachbearbeiter gerichtet. Es hieß, es gibt kein Risiko."

Jener Sachbearbeiter übrigens, der später zum Finanzdirektor aufstieg, und die Swaps als früherer Kommunalkredit-Mitarbeiter der Stadt verkauft hatte. Dazu kommt, dass der Verstorbene in der "heißen Phase" 2007 bereits schwer erkrankt war.

Bürgermeister Heinz Schaden verwies im Bericht auf eine Präsentation von Zinsswaps am 22. Mai 2000, bei der die Sparkasse dem Senat ihren Vorschlag für ein aktives Kredit- und Zinsmanagement präsentierte. Und dass sein Wissensstand über die einzelnen Finanzgeschäfte dem Inhalt der Amtsberichte und damit jenem des Gemeinderats entsprach. Das Ausmaß des Risikos dieser Geschäfte war ihm - anders als bei Fremdwährungskrediten - unbekannt gewesen. Es hätte daher auch nie eine Freigabe für derartige Risiken gegeben.

SPÖ-GR Wolfgang Gallei greift das Kontrollamt an: "Hinterher ist es immer einfach, gescheiter zu sein. Der Gemeinderat wurde über jedes Zinstauschgeschäft per Amtsbericht informiert und der Gemeinderat hat sie alle beschlossen. Auch jene Swaps, die an das Land übertragen wurden." Dies erfolgte laut Magistratsdirektion nach der Gemeinderatsgeschäftsordnung: Der Bürgermeister darf Verträge bis zu 150.000 Euro abschließen. Der Gemeinderat wurde daher von der Übertragung an das Land nicht informiert. Dass die Swaps zu dem Zeitpunkt aber mit 4,8 Millionen Euro im Minus waren, ist ab dem 6. Juni 19 Verhandlungstage lang Gegenstand vor Gericht.

Michael Pichler, Kronen Zeitung

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