Ab 2013 alle im Minus

Unsere Gemeinden rutschen tiefer in die Schuldenfalle

Salzburg
27.07.2010 15:17
Die Sorge um einen viel zu hohen Schuldenstand wird in den nächsten Jahren mehr und mehr Bürgermeister vereinen. Hatten im Jahre 2007 "nur" 40 Prozent der Kommunen bundesweit mit einem Defizit zu kämpfen, werden es im Jahr 2013 laut einer Prognose des Verwaltungsforschungs-Zentrums KDZ fast alle sein. Dabei legen die Salzburger Gemeinden auf die exakt 23.901 Euro Schulden, die der chronisch defizitäre Bund derzeit pro Bürger hat, schon jetzt im Schnitt 1.255 Euro drauf.

Die Gemeinden betreten damit Neuland, denn im Unterschied zum Bund, für den das jährliche Budgetdefizit der Normalfall ist, waren die kommunalen Finanzen bisher zumindest in Summe ausgeglichen. Von 2001 bis 2008 erbrachten die Gemeinden, betrachtet nach den Maastricht-Kriterien, leichte Überschüsse, erfüllten damit (im Gegensatz zu Bund und Ländern) den innerösterreichischen Stabilitätspakt und verbesserten teilweise auch die Budget-Bilanzen ihrer jeweiligen Bundesländer. Ab 2010 erwartet das KDZ jedoch Maastricht-Defizite auch bei den Gemeinden.

Dabei ist die Pro-Kopf-Verschuldung vieler Kommunen schon jetzt beachtlich. Am höchsten ist sie laut den aktuellsten Zahlen der Statistik Austria von 2008 in Niederösterreich mit 2.770 Euro pro Gemeindebürger, am geringsten mit 1.144 Euro in Tirol bzw. mit 865 Euro in Wien. Durchschnittlich steht jeder Österreicher für seine Gemeinde (ohne Wien) mit 1.664 Euro in der Kreide.

Pro-Kopf-Verschuldung der Gemeinden

  • Burgenland 1.302 Euro
  • Kärnten 1.225
  • Niederösterreich 2.270
  • Oberösterreich 1.697
  • Salzburg 1.255
  • Steiermark 1.677
  • Tirol 1.144
  • Vorarlberg 1.740
  • Wien 865

Eine detaillierte Aufstellung über die Pro-Kopf-Schulden der einzelnen Gemeinden in Österreich bietet die Statistik Austria als Excel-Tabelle an (siehe Download-Link in der Infobox).

KDZ: Synergien nutzen, Steuerbefreiungen abbauen
Das KDZ empfiehlt den österreichischen Bürgermeistern verstärkte Kooperationen über Gemeindegrenzen hinweg. Außerdem könnten die Gemeinden ihre Steuereinnahmen stärken - etwa durch Streichung von Ausnahmen bei der Kommunalsteuer und durch eine Reform der Grundsteuer. Eine besondere Herausforderung sieht KDZ-Experte Manuel Köfel in der Altenpflege, wo er für eine Pflegeversicherung plädiert. "Es wird insgesamt schwer möglich sein, das nur ausgabenseitig zu schaffen, weil der Nachfrageanstieg so groß ist."

Aber auch bei der wichtigsten Gemeindesteuer, der Kommunalsteuer, sieht Köfel Reformpotenzial: Über die Kommunalsteuer fließen drei Prozent der Lohnsumme eines jeden Arbeitnehmers an die Gemeinde. Ausgenommen sind aber (neben länderspezifischen Befreiungen) auch Beamte, Eisenbahner und Sozialversicherungs-Mitarbeiter. Die Ausnahmen könnte man abbauen, meint Köfel. Möglich wäre auch die derzeit auf Bundesebene diskutierte Reform der Grundsteuer.

Außerdem drängt der KDZ-Experte auf Verwaltungskooperationen über Gemeindegrenzen hinweg. Nach dem Motto "fünf Gemeinden, eine Verwaltung" könnte man "Skaleneffekte" nutzen, wenn sich etwa mehrere kleine Gemeinden einen Bauhof teilen oder ein gemeinsames Verwaltungszentrum mit flexibleren Öffnungszeiten betreiben. Außerdem könnten die komplexen Finanzströme zwischen Ländern und Gemeinden entflochten werden, indem die Länder etwa die derzeit geteilten Kosten für die Krankenhäuser selbst übernehmen und die Gemeinden dafür die Kindergärten in ihre Alleinverantwortung übernehmen.

Gemeinden wollen Pflege und Kindergärten loswerden
Von Verwaltungskooperationen und Einsparungen wollen die Gemeinden eher weniger wissen. "Bei der Verwaltung wird es eng werden, noch was einzufordern. Dann ginge es an die Substanz der Leistung für den Menschen", meint Gemeindebund-Präsident Helmut Mödlhammer. Der Interessensvertreter, der sich gerade für die kommende Woche in Bad Aussee stattfindenden Kommunalen Sommergespräche rüstet, möchte die Gemeinden am liebsten von der Pflege- und Kinderbetreuung entbunden sehen.

"Ein ganz großes Ziel für den Herbst muss es sein, die Pflege zu lösen. Was hier bisher geschehen ist, war nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Der Sozialbereich ist eine große Herausforderung", erklärte Mödlhammer, denn bei den Kosten gebe es "enorme Zuwächse". Dem KDZ-Vorschlag, Synergien zu nutzen, stehen die Gemeinden positiv gegenüber. Die Kommunen veränderten bereits ihre Strukturen, es gebe Kooperationen etwa bei der Kinderbetreuung, in der Pflege oder bei Friedhöfen, so Mödlhammer.

"Bund soll Reformpaket auf die Beine stellen"
Mödlhammer sieht den Ball bei der Bundesregierung. Die müsse ja ein gesamtes Reformpaket auf die Beine stellen. Über den Sommer sollen Vertreter des Bundes, der Länder und der Gemeinden arbeiten, um die Probleme wie Haushaltssanierung und Pflege zu lösen.

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