Ärger um Unfälle

Tempobremse sorgt für Zwietracht beim Land

Salzburg
18.03.2016 14:43

Eigentlich hätte Tempo 80 (der "Luft 80er") am Mittwoch im Landtag als Umweltschutzmaßnahme verlängert werden sollen. "Sollte sich zeigen, dass durch die Beschränkung die Verkehrssicherheit leidet, werden wir reagieren", so der Salzburger Verkehrslandesrat, bevor das Land seine Sichtweise der Unfall-Statistik bekannt gab: Weniger Unfälle (187) im Jahr 2015, als es Tempo 80 gab, beim 100er im Jahr davor kam man auf 244.

Die Kritik am parteilosen Landesrat folgte auf dem Fuß: Er habe bei seiner Auslegung der Unfall-Statistik Äpfel mit Birnen verwechselt, fand Gutachter und Motorentechniker Gerhard Kronreif. Der Experte erklärt das so: "Wenn mir im Auto eine CD oder die Zigaretten hinunter fallen, ich will sie aufheben und mein Auto gerät wegen dieser Unachtsamkeit aufs Bankett oder fährt gegen die Leitschiene - so hat dieser Unfall nichts mit Tempo 80 zu tun." Doch der Verkehrs-Landesrat rechnete für den Tempo-100-Vergleichszeitraum (2014) auch diese Art von Unfällen und alle jene mit ein, die sich sogar auf Parkplätzen oder in Baustellenbereichen ereignet haben. "Nur Unfälle aber mit einem ursächlichen Zusammenhang zu Tempo 80, also jene, die mit dem Fahrstreifen-Wechsel zu tun haben oder Auffahrunfälle, sind relevant für die Beurteilung beim Vergleich zwischen 100er und Tempo 80", sagt Kronreif.

Hatte der Chef der Verkehrsabteilung Oberst Friedrich Schmidhuber zunächst die Existenz einer Unfall-Daten-Liste überhaupt geleugnet (obwohl die Listen bereits seit 2005 geführt werden), so entging dem Landesrat offenbar, dass die penibel geführten Excel-Tabellen der Polizei unter "Sonstiges" häufig Unfall-Ursachen (Reifenplatzer, Sekundenschlaf, Überholvorgang, selbst Bemerkungen wie Fahranfänger etc.) vermerken. Kronreifs Auswertungen ergaben für den Luft-Achtziger im Jahr 2015 gleich 88 Auffahr- und Fahrstreifen-Wechsel-Unfälle, davon 54 mit Lkw-Beteiligung. Beim 100er im Jahr zuvor waren es nur 40 (15 mit Lkw) gewesen. Die Verkehrssicherheit ist also dahin, auch die Mär von weniger Luftschadstoffen lässt sich nicht exakt belegen. Weil Lkw auch früher schon mit Tempo 80 unterwegs waren, gibt es nur bei Diesel-Pkw eine geringe NOx-Reduktion.

"Tempo 80 bringt nichts"
Die grüne Landeshauptmann-Stellvertreterin Astrid Rössler schien bei der Pressekonferenz ziemlich ratlos: Was nun? Kommt Lkw-Tempo 60 (wie der nicht zuständige Verkehrs-Landesrat angeregt hatte)? Auch Rössler weiß: Dann nehmen bei den Lkw die NOx-Schadstoffe wieder zu. Und warum sollten Lkw dann überhaupt noch auf der (mautpflichtigen) Autobahn fahren, wenn auf der Landstraße weiter Tempo 80 gilt? Der Landtag muss nun nochmals über den IG-L-80er beraten: "Ich hoffe auf ein Ende dieser politischen Willkür-Aktion", so FPS-Abgeordneter Friedrich Wiedermann: "Die Vernunft sagt: Tempo 80 bringt nichts, es ist sogar gefährlich. Also Schluss damit."

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