Freileitung

Nur 380-kV-Erdkabel kann Nockstein-Gebiet retten

Salzburg
20.07.2017 17:14

Ist eine Freileitung der einzige Weg, Strom durch das Salzburger Land zu transportieren? Muss dafür die wertvolle Landschaft geopfert werden? So sieht es der Verbund, Gutachter von Bürgerinitiativen widersprechen. Beim Bundesverwaltungsgericht kam es deshalb zu heftigen Wortgefechten. Brennpunkt: der Nockstein.

Seit drei Jahrzehnten versucht der Verbund eine 380-kV-Leitung durch das Salzburger Land zu installieren. Ein erster Anlauf Ende der Achtziger Jahre scheiterte bereits. Auch im laufenden Bewilligungsverfahren will der Verbund nur eines: eine 113 Kilometer lange Freileitung von Kaprun bis Salzburg. Jede Form von Verkabelung lehnt die Verbund-Tochter APG strikt ab. Doch, dass 380er-Erdkabel längst im Einsatz sind, erstaunte auch die vorsitzende Richterin. Die "Wien Energie" betreibt ein 22.000 Kilometer langes Stromnetz, 83 % davon sind Erdkabel. 2009 erhielt dieser Energieversorger für das Projekt 380-kV-Kabelkühlung sogar den Staatspreis. "Ich bin Wienerin, also interessiert mich das", so Richterin Silvia Krasa: "Wo bitte ist hier ein 380er-Erdkabel?"

Und eine Verkabelung sensibler Gebiete - dafür kämpfen unter anderem auch die Gemeinden Eugendorf und Koppl vor dem Wiener Berufungsgericht. Denn eine der Schlüsselstellen für die Stromautobahn ist das Nockstein-Gebiet, wo der Verbund das Naherholungsgebiet mit einer Freileitung zerstören will, dazu kommen Riesen-Masten bis zu 85 Metern Höhe - das entspricht der New Yorker Freiheitsstatue samt Sockel!

Gutachter unter Beschuss
Das Land Salzburg hat hier eine unrühmliche Rolle gespielt und schon im Vorfeld jede Unterschutzstellung des Nockstein-Areals verweigert. Obwohl hier Schwarzstorch und Bussard, Wanderfalke, Birkhuhn und Fledermäuse heimisch sind. "Alles andere als eine Verkabelung in diesem Bereich ist nicht zu akzeptieren", sagt Koppls Bürgermeister Rupert Reischl (siehe auch Interview linke Seite). Er fährt Montag wieder nach Wien, um an der Verhandlung teil zu nehmen. Thema: Landschaftsästhetik.

Inzwischen sind drei Gutachter im Verfahren schwer unter Beschuss geraten: "Zu wie vielen Prozenten dient die 380er-Leitung dem internationalen Stromhandel und wie groß ist der Anteil lokaler Versorgung?" wollte Richterin Krasa von Elektrotechniker Handschin wissen: "Das beantworte ich nicht." Humanmediziner Michael Jungwirth verstieg sich zur Behauptung: "Sie können als Kind und als Erwachsener ihr Leben lang unter einer Stromleitung wohnen, es wird nichts passieren." Und Anwalt Wolfgang List wollte von Landesgeologen Braunstingl wissen, ob er eine Rutschgefahr und Gesundheitsgefährdung durch den Mastenbau ausschließen könne. Was Braunstingl schließlich auch tat.

Wolfgang Weber, Kronen Zeitung

Interview: Wir beweisen dass Kabel machbar ist

Rupert Reischl, Bürgermeister von Koppl, war bei der Verhandlung in Wien. Die Chancen auf eine Teilverkabelung sind, so sagt er, intakt.

Sie waren in Wien, wie läuft es dort?

"Die vorsitzende Richterin ist sehr genau, hat die Akten präzise studiert, jeder kommt zu Wort. Das Verfahren ist fair."

Koppl und Eugendorf haben keine Anstrengungen gescheut, um zu beweisen, dass es zur Freileitung eine Alternative gibt?

"Das zu beweisen, ist unserer Meinung nach mit den Gutachten der Experten Goggenbach und Schuppe gelungen. Denn gibt es in gewissen Bereichen eine andere Lösung, als mit einer Freileitung die Natur zu zerstören, dann muss man sie auch einsetzen."

Das heißt die Hoffnung lebt, dass das Gericht zum Schluss kommt: Die Freileitung ist nicht die einzige Möglichkeit, es geht zurück an den Start?

"Man sollte realistisch bleiben, fachlich und rechtlich. Eine Teilverkabelung ist unbestritten Stand der Technik. Klarerweise wäre eine Vollverkabelung die beste Lösung. Aber je länger das Verfahren dauert, desto größer wird die Chance, dass der Verbund überhaupt auf den Leitungsbau verzichtet."

Die Chance, dass über das Nockstein-Gebiet keine Freileitung kommt, ist also intakt?

"Auf jeden Fall. Technisch ist hier die Erdkabelstrecke kein Problem, wir haben sogar eine Trasse dazu vorgeschlagen."

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