Nach Biss-Attacke

Mutter von Amelie im Interview: “Will Bilder vergessen”

Salzburg
16.05.2011 19:18
Eineinhalb Wochen nach der fatalen Biss-Attacke in Wals sagt Anna Reifberger, die Mutter der kleinen Amelie, im "Krone"-Interview: "Irgendwann will ich die Bilder vergessen können."

"Krone": Frau Reifberger, wie geht es Amelie zurzeit?
Anna Reifberger: Wir sind zufrieden. Sie lacht sehr viel, das machen die Medikamente. Ich bin froh, dass sie keine Schmerzen spürt und nicht leiden muss.

"Krone": Die Hundeattacke hat Ihre Familie wie ein Blitz getroffen. Wie schaffen Sie das alles?
Reifberger: Man darf einfach nicht nach dem Warum fragen. Ich wundere mich selbst ein wenig, aber irgendwie muss alles weitergehen. Mein emotionaler Tiefpunkt war die Angst vor dem Moment, in dem sie aufwacht. Jetzt habe ich meine Kleine wieder, das beruhigt. Man darf sich nur noch kleine Ziele setzen.

"Krone": Und die sind?
Reifberger: Jeder Fortschritt, den unsere Amelie macht. Sie hat sich schon ein bisschen aufsetzen können, schläft dann aber immer wieder ein. Beim Essen geht noch vieles nicht: nur Brei oder Suppen, weil ein tiefer Schnitt in die Mundhöhle durchgeht. Gestern hat sie zum ersten Mal ein Stück weiches Kipferl gekostet.

"Krone": Amelie muss einen dicken Kopfverband tragen.
Reifberger: Ja, er sieht aus wie ein Helm. Jeder Verbandswechsel passiert unter Vollnarkose. Die Fotos ohne Verband habe ich mir noch nicht angeschaut. Das schaffe ich im Moment einfach nicht. Ich habe schon zu viele furchtbare Bilder im Kopf, die ich irgendwann vergessen will.

"Krone": Wie vertreibt sich die Kleine diese schwere Zeit?
Reifberger: Viel mit Fernsehen. Wir haben am Laptop mehrere Filme gespeichert. Und dann hat sie auch noch vom Kindergarten eine CD mit Liedern und Gedichten bekommen.

"Krone": War Amelie immer schon ein tapferes Mädchen?
Reifberger: Meine Kleine braucht sonst schon fürs Pflasterwechseln eine ,Vollnarkose’. Aber jetzt hat sie Vertrauen zu den Schwestern und Ärzten. Ein ,Zauberspray’ hilft manchmal. Alle sind sehr lieb.

"Krone": Sie bleiben rund um die Uhr im Krankenhaus.
Reifberger: Ja, ich bin gerade in Bildungskarenz und studiere. Deshalb kriege ich es irgendwie hin. Aber ohne großartige Unterstützung wäre das alles nicht möglich. Zum Glück wohnen Oma und Opa im selben Haus. Und auch meine Freundinnen sind für mich da: Sie warten oft vor der Intensivstation.

"Krone": Sind Sie auch wütend: auf den Hundebesitzer oder die gesetzlichen Regelungen für Hundehaltung?
Reifberger: Ich habe kaum Zeit, mich damit zu beschäftigen. Wir haben alles unserem Anwalt übergeben.

"Krone": Hilft es Ihnen, dass so viele Menschen jetzt an Amelie denken und ihr Kraft geben?
Reifberger: Ja, das ist wirklich gewaltig. Meine Mobilbox ist ständig voll, wenn ich aus dem Spital komme. Und es schreiben mir auch viele Leute E-Mails, die ich gar nicht kenne. Viele erzählen Geschichten aus ihrer Kindheit, dass sie selbst gebissen oder angefallen wurden. Es gibt eine erstaunlich hohe Opferzahl.

"Krone": Amelies Bruder Sebastian musste alles mitansehen. Wie geht es ihm jetzt?
Reifberger: Er spricht darüber, das ist sehr wichtig. Psychologen sind für uns alle da.

"Krone": Wird die Kleine im Kindergarten vermisst?
Reifberger: Vor allem von ihrer Mädls-Clique. Sie haben ihr einen großen Winnie Puuh geschickt. Der sitzt jetzt auf ihrem Bett und tröstet sie. Und die Kinder haben auch schon ein Hunde-Projekt gestartet. Alle müssen das jetzt erst verarbeiten.

"Krone": Wie lange wird es dauern, bis die Wunden geheilt sind?
Reifberger: Ich habe nicht einmal nachgefragt. Entscheidend wird der nächste Verbandswechsel sein. Dann wissen wir, ob sie noch einmal operiert werden muss.

"Krone": Wie schauen Sie in die Zukunft?
Reifberger: Trotz allem positiv. Ich werde jetzt aber immer Angst um sie haben.

von Sabine Salzmann, Kronen Zeitung
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