"Ich war nicht da"

Hofrat belastet Rathgeber - und zeigt China-Fotos

Österreich
09.06.2017 14:15

Mit großer Spannung war in Salzburg der Freitag als vierter Verhandlungstag in der Finanzcausa erwartet worden: Auf der Tagesordnung stand die Beschuldigten-Einvernahme des früheren Finanzleiters des Landes, Hofrat Eduard Paulus. Er war zum Zeitpunkt der Übertragung der negativen Derivate der Vorgesetzte der ebenfalls angeklagten Ex-Budgetreferatsleiterin Monika Rathgeber. Paulus belastete Rathgeber schwer und erklärte, zum fraglichen Zeitpunkt in China gewesen zu sein.

Diese hatte sich bereits zum Prozessauftakt als bisher einzige der sieben Angeklagten für schuldig bekannt - und in ihrer Aussage Paulus schwer belastet. Demnach habe er ihr am 28. August 2007 die Weisung erteilt, die Papiere von der Stadt zu übernehmen.

Paulus, der sich in der Vergangenheit immer wieder auf Gedächtnislücken berufen hat, wusste plötzlich sehr genau zu berichten, wo er an jenem fraglichen Tag war, und präsentierte Richterin Anna Sophia Geisselhofer Schappschüsse seiner China-Reise, die auf den 28. August datiert sind. Sein Verteidiger erklärte zudem, dass dem Akt auch Flugtickets beigelegt sind, die "ganz klar" belegen, dass sein Mandant an jenem Tag gar nicht im Land war. Kritik übte er am Vorgehen des Oberstaatsanwaltes: Jene wichtigen Entlastungsbeweise seien im Vorfeld nicht ausreichend berücksichtigt worden.

Referatsleiterin "selbstständig und eigenverantwortlich"
Wie schon bei früheren Angaben zu der Causa hat Paulus in weiterer Folge die Verantwortung in Richtung seiner früheren Mitarbeiterin geschoben: Als Referatsleiterin habe sie "selbstständig und eigenverantwortlich" gehandelt: "Ich musste ihr in diesen Fragen vertrauen, sie war die Spezialistin. Ich kannte mich mit Derivatgeschäften nicht aus." Er betonte zudem, dass es von seiner Seite keinerlei Weisungen an Rathgeber zur Übernahme der Papiere gegeben habe.

Das wiederum machte Rathgebers Anwalt stutzig: Er präsentierte dem Gericht Protokolle aus dem Untersuchungsausschuss, die Paulus' jetziger Darstellung widersprechen. "Wissen Sie", erklärte dieser ausweichend der Richterin, "in solchen Ausschüssen wird politisches Kleingeld gewaschen, da habe ich gereizt reagiert in meinen Antworten." Er räumte aber auf weitere Nachfragen ein, dass er Rathgeber damals ein Okay gegeben habe, nachdem sie mit der Empfehlung zur Übernahme an ihn herangetreten sei. "Ich hatte damals keinerlei Kenntnis von der Schieflage der Derivate", erklärte er rückblickend, dass er sonst anders gehandelt hätte.

Paulus gab außerdem zu Protokoll, dass der ebenfalls angeklagte Ex-Finanzreferent des Landes, Othmar Raus, seiner Meinung nach nicht über das komplette Ausmaß in Kenntnis gesetzt worden ist.

Mit seiner Aussage belastete Paulus Rathgeber am Freitag schwer. Auch die beiden angeklagten (Ex-)Politiker, unter ihnen Salzburgs Bürgermeister Heinz Schaden (SPÖ), hatten sich am Vortag bereits für "nicht schuldig" erklärt.

Nächste Woche sollen noch der Finanzdirektor der Stadt und der Magistratsdirektor befragt werden. Am Ende des Verhandlungstages beantragte Schadens Anwalt Walter Müller noch die Ladung der früheren Landeshauptfrau Gabi Burgstaller (SPÖ) als Zeugin. Der Anwalt des Finanzdirektors möchte außerdem einen Juristen der Stadt als Zeugen anhören, der damals keinerlei rechtliche Bedenken bei der Übernahme der Swaps hatte.

Anna Dobler, Kronen Zeitung/krone.at

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