Alpen-Zweitwohnungen

“Hier geschieht ein Ausverkauf unserer Heimat”

Salzburg
19.03.2017 14:22

Eigentlich dachte Arzt Karl Schnell als politisches Urgestein aus dem Pinzgau schon ans Aufhören, doch nun will er es erst recht wissen: Sein Sohn wird die Praxis übernehmen, dann will er mit seiner FPS voll angreifen. Als früherer Landesrat für Raumordnung kritisiert er hart das neue Raumordnungsgesetz (ROG).

Sie kritisieren das neue ROG bei der Handhabe gegen Zweitwohnsitze. Was spielt sich im Pinzgau ab?

In den Tourismusgebieten haben wir Probleme, da immer mehr Apartment-Hotels mit ausländischem Kapital entstehen, die in Wirklichkeit nicht anderes sind als Zweitwohnsitze. Bereits beim Ansuchen des Baues in der Gemeinde obwohl noch keine Bewilligungen vorliegen stellt man fest, dass diese Unternehmer die Wohnungen zum Kauf im Internet anpreisen. Auch in der Plandarstellung ist klar erkennbar, dass es sich hier um keine Hotels handelt, da sich in jedem Zimmer eine Küche befindet. Obwohl die Gemeinde weiß, dass es sich hier um Zweitwohnungen handelt, hat sie keine gesetzliche Handhabe dagegen. Ich habe im Landtag mehrmals darauf hingewiesen und dringliche Anträge gestellt, die zwar die Zustimmung aller Parteien gefunden haben, aber in Wirklichkeit ist nichts passiert. Frau Landesvize Rössler will zwar auf der einen Seite Grundbesitz von Einheimischen, den die Menschen sich hart erarbeitet haben, kalt enteignen, aber dort, wo wirklich die Zweitwohnungen entstehen, geschieht gar nichts. Das ist Ausverkauf der Heimat. Die Infrastrukturen der Gemeinden werden ausgedünnt, weil es sich hier um Spekulanten handelt, die in kurzer Zeit viel Geld machen wollen, aber für die Infrastruktur der Gemeinden sowie für Feuerwehren, Bergrettungen, Wasserrettungen und so weiter nichts übrig haben. Während sich Einheimische bemühen, eine gute Gastronomie aufrecht zu erhalten, was bei der Mitarbeitersituation etwa beim Mangel an Köchen schwierig genug ist, machen es sich diese Herrschaften bequem und schauen lediglich, möglichst schnell viel Geld zu verdienen. Frau Rössler hat dafür keine Lösungen anzubieten. Jetzt jedoch wäre die beste Gelegenheit dafür.

Was muss passieren, um diesen Missbrauch siehe etwa Chaletdörfer in Frankreich zu verhindern?

Jetzt wäre in der Raumordnung der beste Zeitpunkt dafür, dieses Gesetz so zu gestalten, dass Missbrauch von Grund und Boden für großflächige Chaletdörfer nicht mehr möglich ist, da eine Bebauung im Grünland eigentlich nicht zulässig ist, aber offensichtlich immer wieder Widmungen in diese Richtung passieren, die genau diese schöne Landschaft zerstören, die wir unseren Gästen anpreisen. Solche Verbauungen sollten grundsätzlich nicht mehr stattfinden.

Es kommen neue Regeln gegen den Grünlandverbrauch, gleichzeitig expandieren Skigebiete unter Konkurrenzdruck und verbinden sich. Wie passt das zusammen?

Es gibt sicher Zusammenschlüsse, die Sinn machen. Aber Skigebiete zusammenzuschließen und unnötig Naturraum zu zerstören, nur um einen sinnlosen Wettkampf um die statistische Größe der Skigebiete zu führen, ist absolut abzulehnen. Hier entstehen keine qualitativ hochwertigen Skigebiete, sondern hier werden wertvolle Naturräume aus Größenwahn verschwendet. Auch hier hört man von Frau Rössler nichts.

Expansion auf der einen Seite, Schikanen für Unternehmer auf der anderen. Was muss besser werden?

Auf der einen Seite entstehen Zweitwohnungen und finden Bautätigkeiten statt, nur um schnelles Geld zu lukrieren, auf der anderen werden jene Personen, die immer bemüht sind, gesunde Hotel- und Gastronomiebetriebe aufrecht zu erhalten, mit Bürokratie und sinnlosen Gesetzen an der Arbeit gehindert. Dies führt am Ende dazu, dass viele Unternehmer aus Frust die Lust am Arbeiten verlieren und auch für unsere Gäste eine Stimmung entsteht, die sicher nicht dazu beiträgt, sich bei uns wohlzufühlen.

Interview: Michael Pichler, Kronen Zeitung

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