Heiße Debatten

Gratis-Kindergarten als “Wahlzuckerl” mit Beigeschmack

Salzburg
11.10.2009 18:01
Seit September gehen alle fünfjährigen Salzburger gratis in den Kindergarten, bald auch verpflichtend. Bis 2014 heißt das große Ziel der Regierung Gratis-Kindergarten für alle. Experten warnen allerdings davor, dass dieses "Wahlzuckerl" einen bitteren Beigeschmack haben könnte. Die "Krone" fragte genau nach.

Kindergarten für alle gratis – das klingt nur auf den ersten Blick als die (Er)Lösung für berufstätige und allein erziehende Eltern. Zum Beispiel Daniela Gutschi meldet Bedenken an: "Prinzipiell eine gute Idee, nur dürfen andere Betreuungseinrichtungen finanziell dabei nicht vergessen, die Vielfalt und Wahlmöglichkeit nicht vernachlässigt werden", so die Geschäftsführerin des Hilfswerks und Arbeitgeberin für 120 Tagesmütter, die über 500 Kinder in ganz Salzburg betreuen.

Nachdem laut Landesrätin Doraja Eberle für den Gratis-Kindergarten 35 Millionen Euro erst aufgebracht werden müssen, fürchten andere Betreuungseinrichtungen, dass ihnen die Felle, sprich die öffentlichen Gelder, davon schwimmen.

Auch qualitative Bedenken
Keine finanziellen, aber qualitative Bedenken haben Renate und Franz Steiner aus Henndorf. Die beiden haben gerade ihr 14. Buch herausgebracht. "Schritt für Schritt zum Schuleintritt" ist ganz aktuell im Veritas Verlag erschienen und ein Ratgeber für Eltern und Kindergartenpädagoginnen. Er besticht durch seine Übersichtlichkeit, viele praktische Übungen, Hintergrundinformationen und liebevolle Aufbereitung.

Anerkennung wird schrumpfen
Doch Renate Steiner ist nicht nur Bestseller-Autorin, sondern auch seit 35 Jahren im Kindergarten, leitet jetzt jenen in Straßwalchen-Irrsdorf. Ihre Meinung zum Gratis-Kindergarten: "Ich fürchte um die Qualität und die Wertschätzung. Schon jetzt kämpfen die Pädagoginnen um Anerkennung. Wie wird das sein, wenn alles nichts mehr kostet?", stellt sie in den Raum. "Insgesamt befürworte ich Gratis-Betreuung halbtags. Ganztags finde ich nicht im Sinne der Kinder."

"Kinder haben keine Lobby"
Und ihr Mann Franz Steiner, der seit dem ersten "Adventbuch" 1986 mitarbeitet und mitten drin in der Materie ist: "Die Politik sieht alles aus der Sicht der Eltern, die bringen ja auch Wählerstimmen. Die Bedürfnisse der Kinder kommen viel zu kurz, sie haben ja nicht einmal eine Lobby", findet der Vater, Gestalter und Mitautor der erfolgreichen Kinderratgeber.

Starke Gewerkschaft fehlt
"Genauso wenig übrigens wie die Kindergartenpädagoginnen, die anders als die Lehrer mit der starken Gewerkschaft im Hintergrund in den vergangenen Jahren viel schlucken mussten", sagt Renate Steiner. Das neueste Buch der beiden Flachgauer trifft mitten ins Herz einer sozialpolitischen Debatte. "Auf keinen Fall dürfen Kinder einfach abgegeben werden. Die Eltern sind und bleiben verantwortlich, deshalb ist unser Ratgeber auch für sie. Die ersten Jahre entscheiden eben über das ganze Leben", sind sich die beiden einig.

von Melanie Hutter, Kronen Zeitung

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