Studie zeigt auf

Geschlagen und getreten – Pflege-Personal in Not

Salzburg
23.11.2010 17:10
Gewalt in der Pflege wird nur sehr selten Thema, etwa wenn Patienten missbraucht werden oder ein Pfleger im Dienst niedergestochen wird, wie im September 2006 in einer Salzburger Klinik. Aggression und Gewalt sind aber Alltag in Spitälern und Pflegeheimen. Im Geriatriebereich wurden zwei Drittel des Pflegepersonals schon von Patienten oder Angehörigen geschlagen und jeder Vierte wurde schon getreten, wie am Dienstag bei der Salzburger Pflegekonferenz aus einer Studie zitiert wurde.

Die häufigsten Probleme gibt es in Psychiatrischen Einrichtungen, wo es im Schnitt bei 100 Behandlungstagen (eines Patienten) zu zweieinhalb aggressiven Ereignissen kommt - verbale Drohungen und Gesten wurden hier eingerechnet. Deutlich über dem Schnitt liegen auch noch Geriatrie-Einrichtungen, wo an etwa jedem 200. Pflegetag Gewalt passiert.

Aber was sind die Gründe, weshalb Patienten aggressiv oder gewalttätig werden? Im Krankenhaus vor allem die langen Wartezeiten, gefolgt von den diagnostischen bzw. therapeutischen Maßnahmen, so Studienautor Günter Dorfmeister, Direktor des Pflegedienstes am Wilhelminenspital. In der Altenpflege geschehen Übergriffe insbesondere bei der Hilfe bei den Aktivitäten des täglichen Lebens, und im psychiatrischen Bereich, wenn Patienten etwas verwehrt wird.

Nach mehr als der Hälfte der Aggressions-Ereignisse klagten die Betroffenen über Konsequenzen, vor allem durch Drohungen. Schmerzen hatte jeder Achte erlitten, drei Prozent mussten in ärztliche Behandlung und jeder 100. Fall war ein sexueller Übergriff.

Widerstand gegen Hausordnung
Studien-Co-Autor Harald Stefan, Oberpfleger auf der Baumgartner Höhe und Trainer für Deeskalation, räumte ein, dass es natürlich auch zu Gewalt durch Pfleger an Patienten komme. Daher sei es auch sinnvoller, nicht von Tätern und Opfern zu sprechen, sondern von Beteiligten. Viele Umstände im Spital würden zur Entstehung von Aggressionen beitragen, etwa eine starre Hausordnung, wenn man laufend herumgeschickt werde, sich überhaupt gegen den eigenen Willen in der Einrichtung befinde, viele Wünsche nicht erfüllt bekomme und vieles mehr.

Deshalb müsse auch das Personal hinterfragen, welche Normen wirklich nötig seien, wie der Umgang mit Macht/Ohnmacht sei, wie Wartezeiten verkürzt werden können, "oder die Frage, was wissen wir eigentlich von dem Menschen, den wir betreuen", so Stefan. Zudem seien Deeskalations-Trainings nötig, die auch immer wieder aufgefrischt werden müssten. Das haben laut Studie nur 22 Prozent des Personals getan.

Die Autoren haben in ihrer Studie an acht Krankenhäusern und sieben Pflegeheimen knapp 4.000 Fragebögen verteilt, von denen 60 Prozent auch beantwortet und ausgewertet wurden. Insgesamt wurden so über 380.000 Pflege- und Behandlungstage analysiert.

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