Aufsichtsrat im Talk

‘Dewitte wollte 900.000 Euro für Salome-Bühnenbild’

Salzburg
19.08.2010 10:02
Neuer Geschäftsführer, neuer Aufsichtsrat, unzählige Prüfungen und ganz neue Organisation: Ein halbes Jahr nach Platzen der Millionen-Affäre um horrende Spesen, Provisionen und Gagen sind die Osterfestspiele gerettet. Aufsichtsrats-Chef Hans Scharfetter im "Krone"-Interview über Klagen und neue Ziele.

"Krone": Herr Scharfetter, gibt es in den Osterfestspielen noch Spätfolgen des Skandals?
Hans Scharfetter:(lächelt) Ja. Wir stellten zum Beispiel fest, dass Herr Dewitte, der frühere Leiter, für die Oper Salome nächstes Jahr ein Bühnenbild wollte, das 900.000 Euro gekostet hätte. Mit viel Mühe haben die neuen Geschäftsführer das stoppen können. Das Bühnenbild kostet jetzt sehr viel weniger.

"Krone": Das führt uns zum Kern der Affäre: Gab es keine ausreichende Kontrolle?
Scharfetter: Man soll nicht im Nachhinein urteilen. Aber es ist bemerkenswert, dass in Sitzungen künstlerische Beurteilungen viel Platz einnahmen, aber die Kontrolle und die Finanzen nur eine untergeordnete Rolle spielten.

"Krone": Michael Dewitte konnte schalten und walten, wie es ihm beliebte?
Scharfetter: Es gab keine oder nur eine oberflächliche Kontrolle der Belege. Dewitte konnte seine Gattin bei den Osterfestspielen anstellen, es gab Reisekosten von 90.000 Euro im Jahr und enorme Spesen. Da hat man sukzessive das Maß verloren...

"Krone": Dewitte ist weg, seine Gattin auch – sind die Kosten wieder im Rahmen?
Scharfetter: Ja. Wir sind zwar noch nicht am Ziel. Aber die Spesen sind exorbitant zurückgegangen und auch die übrigen Kosten sind gesunken, das ist deutlich spürbar.

"Krone": Wie war das in so kurzer Zeit möglich?
Scharfetter: Mir tun die Mitarbeiter leid, die sich sehr bemühen und gute Arbeit leisten. Aber leider denkt bei Osterfestspielen noch jeder an Skandal – dabei haben wenige Änderungen für die Kostensenkung gereicht. Die Buchhaltung hat früher 90.000 Euro gekostet – jetzt wird sie um ein Drittel der Kosten erledigt. Dann gab das Festival 150.000 Euro im Jahr für Berater aus, da wurde das Meiste eingespart. Wir stehen weiter auf der Bremse – und es hat geholfen, dass das Publikum zu den Osterfestspielen gehalten hat. Im Kartenverkauf gab es trotz der Affäre ein Plus von vier Prozent.

"Krone": Sie versuchen auch, durch Klagen Geld von Schlüsselfiguren zurückzuerhalten?
Scharfetter: Ja. Gegen Dewitte wurde eine Klage über zwei Millionen Euro eingebracht, gegen Klaus Kretschmer wird eine Klage vorbereitet. Dazu haben die Osterfestspiele gegen den früheren Miteigentümer Dr. Christoph Aigner, Steuerberaterin Brigitte Kalteis und die Kanzlei Ernst & Young Klagen eingebracht.

"Krone": Ist da etwas zu holen?
Scharfetter: Bei Dewitte und Kretschmer zweifle ich. Aber für die Steuerberater und den Anwalt gilt, dass sie eine Versicherung haben müssen, die haftet – darauf hoffen wir.

"Krone": Bei Ernst & Young geht es um den Vorwurf, die Kanzlei habe die Mängel im Festival nicht aufgezeigt?
Scharfetter: Lassen Sie es mich vorsichtig formulieren: Es hat sich gezeigt, dass der Prüfbericht von Ernst & Young von ausgewiesener Oberflächlichkeit gewesen ist.

"Krone": Wie sieht die Zukunft der Osterfestspiele aus?
Scharfetter: Wir wollen die Osterfestspiele für die Salzburger öffnen, das soll auch über günstige Karten gehen. Und wir müssen das Marketing verbessern. Dafür lassen wir eine Studie machen über den Wert der Osterfestspiele: Was bringen sie dem Land Salzburg an Steuereinnahmen? Wie viel geben die Besucher aus? Auch das sollte einmal aufgezeigt werden.

"Krone": Die Berliner Philharmoniker bleiben in Salzburg?
Scharfetter: Ja, und sie spielen Opern exklusiv bei uns. Wir legen außerdem Wert darauf, dass die Opernpremieren bei uns stattfinden, auch wenn es Koproduktionen sind – es soll nicht so sein, dass Salzburg nur mehr die verlängerte Werkbank eines französischen Festivals ist.

"Krone": Setzen Sie fürs Programm auf Tradition, um finanziellen Erfolg zu sichern, oder soll auch die Moderne ihren Platz haben?
Scharfetter: Wir haben Glück, dass Sir Simon Rattle bei den Berliner Philharmonikern mutig und offen für Neues ist. Denn es soll auch ein modernes Programm geben, das ist wichtig. Ich glaube, Risiko ist auch etwas Positives. Selbst wenn manche zweifeln, da gilt für mich die Weisheit von Jean Anouilh: "Risiko ist die Bugwelle des Erfolges."

Interview: Hans Peter Hasenöhrl und Robert Redtenbacher,
Kronen Zeitung

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