Bilanz Finanzskandal

Beim Apfelstrudel gingen Millionen an Euro flöten

Salzburg
17.12.2016 15:17

Vor vier Jahren brach der Finanzskandal in Salzburg aus - am Freitag zog das Land offiziell zumindest bei der Aufarbeitung einen Schlussstrich: "Wir haben für das Land gerettet, was noch zu retten war. Es war eine beinharte Knochenarbeit. Bei jedem Problem haben sich drei bis vier neue Probleme ergeben", fasste es Finanzreferent Christian Stöckl zusammen.

14.271 im Namen des Landes abgeschlossene Geschäfte mit 52 Banken wurden durchleuchtet, davon hatten 11.730 mit Devisenspekulationen zu tun. Dabei ging es nicht nur um Euro, es wurde viel mehr auf die Kursentwicklungen beispielsweise zwischen Indonesischen Rupien und malaysischen Ringgit gesetzt. Jahrelang gingen diese hochriskanten Deals mit exotischen Währungen (Stöckl: "Ich habe bis 2013 gar nicht gewusst, mit welcher Währung man in Kasachstan bezahlt") auch größtenteils gut, erst nach dem verheerenden Börsenjahr 2008 geriet die kleine Finanzabteilung um die Ex-Beamtin Monika Rathgeber so richtig ins Wanken. Verluste wurden mit immer riskanteren Geschäften versucht wieder wettzumachen: "Wir haben insgesamt mehr als 140.000 Seiten Akten und auch rund 40.000 Kontoauszüge ausgewertet", sagte Finanz-Hofrat Herbert Prucher. Dabei stießen die internen und externen Prüfer auf haarsträubende Papiere, darunter auch auf 400 Millionen in der extrem volatilen türkischen Lira. Detail am Rande: In E-mails zwischen der Finanzabteilung und den Banken gratulierte man sich zum guten Apfelstrudel, weiter unten vermerkte man beinahe beiläufig die Verluste, die bei Geschäften anfielen, die schlecht ausgingen.

Vergleiche mit Banken brachten Geld zurück
In Summe beläuft sich der Schaden laut mehreren Experten auf rund 500 Millionen Euro, darin sind 130 Millionen Euro enthalten, die an das Finanzamt nachzuzahlen waren. Mit eigenen Konstruktionen wie dem Versorgungs- und Unterstützungsfonds wurde die Kapitalertragssteuer jahrelang nicht abgeführt, die bei Gewinnen fällig wird. Prucher dazu: "Die Gewinne wurden aber nicht ins Budget geschoben, sondern wieder eingesetzt."Anfangs noch in der Finanzbranche belächelt, schaffte es das Land dennoch von 14 Banken mit Klagen und Vergleichen 105 Euro zurückzuholen. Mit zwei Geldhäusern laufen die Verfahren noch, die Aussicht auf Erfolg für eine zweistellige Millionensumme ist noch offen.

Das größte Problem bei den Verhandlungen war die Ermittlung des Grundgeschäftes (etwa ein Darlehen), das oft nicht mehr aufzufinden oder nachvollziehbar war. Laut Prucher verließen sich die Banken teils sogar auf mündliche Bestätigungen, was sich im Nachhinein als Glücksfall erwies: "Wir haben mit fehlender Rechtsfähigkeit, Vertretungsmacht und Beratungspflichtverletzungen argumentieren können", schildert Stöckl. Der gesamte Schaden reduziert sich so auf rund 400 Millionen Euro. Wiederholen soll sich so ein Skandal auf jeden Fall nicht mehr: Das Land stellt die Buchhaltung auf Doppik um, erließ ein Spekulationsverbot und führte strengere Kontrollmechanismen ein.

Michael Pichler, Kronen Zeitung

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