Schön und unberührt

Mantua: Mit dem Rad durch die kleine Toskana

Reisen & Urlaub
21.08.2014 14:53
Die Provinz Mantua – die kleine Toskana, die gleich unter dem Gardasee beginnt. Ebenso schön, unberührt, aber um einiges günstiger. Ein Paradies für Radfahrer, auch die Agriturismen – die Bauernhöfe – können voll punkten.

Sanfte Hügel, stolze Zypressen, verträumte Weinberge, die Natur ein einziges Farbenspiel, wunderschöne alte Dörfer und Burgen, dazu stimmungsvolle Wolken in jeglichen Grautönen. Die Provinz Mantua, die südlich des Gardasees bis zum Fluss Po regiert, punktet mit all ihrer Schönheit – und viel Gemütlichkeit. "Ist unsere Landschaft nicht zum Verlieben? Wir sind die kleine Toskana. Auch beim Preis", schmunzelt Luigi Crotti, der Radguide, der uns so manches "Prunkstückchen" zeigte. "Bei uns kostet alles nur die Hälfte."

Die Reise läuft unter dem Motto "Bauernhof-Radeln" ab. Es geht mit dem Fahrrad kurz vor dem Gardasee von Solferino an die 90 Kilometer querfeldein bis nach Mantua. Von Agriturismo zu Agriturismo, von Bauernhof zu Bauernhof. Man kann zuerst die herrliche Natur mit dem Rad bereisen, dann am Abend sehr fein speisen. Die meisten Agriturismen kochen nämlich auch extrem schmackhaft auf, können voll mit regionalen Spezialitäten und Weinen überzeugen.

Üppige Landschaft, üppiges Essen
Als erste Station führt uns Luigi nach Solferino, das durch die Schlacht der Italiener und Franzosen gegen die Österreicher im Jahr 1859 Berühmtheit erlangte. Es gab 30.000 Tote und 10.000 Verletzte. Der Schweizer Kaufmann Henry Dunant, der zu dem Zeitpunkt gerade das Gebiet bereiste, war vom großen Leid nach dem Kampf zutiefst betroffen und gründete in Folge das Rote Kreuz. Absolut sehenswert ist auch die Burg von Solferino, von der man eine tolle Aussicht auf die üppige Landschaft hat, und die leicht gruselige Gebeinskapelle San Pietro in Vincoli, in der 1413 Schädel und unzählige Knochen der Gefallenen aller Armeen aufbewahrt werden.

In Castiglione delle Stivere, nur 19 Kilometer weiter, gibt es das internationale Rote-Kreuz-Museum zu besichtigen. Wunderschön auch der Ort Castellaro Lagusello, der eine der schönsten mittelalterlichen Festungsanlagen Italiens besitzt. Unterhalb der Burg liegt ein See in Herzform. Es ist ein bedeutendes Naturschutzgebiet mit wilden Orchideen und unzähligen anderen Pflanzenarten und seltenen Vögeln.

Kulinarischer Abstecher
Unbedingt einkehren sollte man in der gemütlichen Weinkellerei Bertagna in Cavriana. Padrone Gianfranco kredenzt dort den einen oder anderen edlen Tropfen in Rot und Weiß. Ein wahres Gedicht ist auch sein Olivenöl, bei dem alle Gourmets mit der Zunge schnalzen. Gut geölt geht es dann natürlich auf dem Rad mit Vollgas weiter. Einen Abstecher wert, vor allem kulinarisch, sollte unbedingt auch Valeggio sul Mincio sein – hier werden ganz berühmte Tortellini hergestellt – und der Stadtteil Borghetto di Valeggio. Dieser liegt sehr idyllisch an einem Fluss, neben einem einzigartigen mittelalterlichen Mühlenviertel sind hier zahlreiche Eisgeschäfte, die zum gemütlichen und feinschmeckerischen Verweilen einladen, angesiedelt.

Einmal wird im Agriturismo Corte Onida im verträumten Volta Mantovano genächtigt – wo Luigi der Hausherr ist. Nach einem schmackhaften Abendessen – der "Cena" –, unter anderem mit den exzellenten Capunsei, eine Art Gnocchi aus Brot, und einem Frühstück, Prima Colazione, zeigt uns der Padrone noch gut gestärkt das historische Zentrum seiner Stadt, das von einer eindrucksvollen Burg regiert wird. Auch das Rathaus stellt sich als ein echt antikes Schatzkästchen heraus. Im Keller gibt es Ausgrabungen einer antiken Villa, die Hausmeister Antonio nach Anmeldung gerne herzeigt.

Schmuckkästchen und Weltkulturerbe: Mantua
Dann fährt man den perfekt ausgebauten Radweg Peschiera–Mantova den Fluss Mincio bis Rivalta sul Mincio entlang. Dort beginnt das Sumpf- und Naturschutzgebiet, das bis kurz vor Mantua reicht. Man fühlt sich wie Tom Sawyer und Huckleberry Finn. Nach einer zweistündigen Bootsfahrt taucht die 50.000-Einwohner-Stadt Mantua auf, die an den drei Seen Lago Superiore, Lago di Mezzo und Lago Inferiore liegt – und voll von Lotusblüten ist, die vor Jahren Studenten dort für ein Projekt pflanzten. Nur einen Sprung von der Altstadt entfernt geht man vor Anker, dann warten die zahlreichen Sehenswürdigkeiten auf die Touristen.

Mantua ist ein wahres Schmuckkästchen, nicht umsonst steht das historische Zentrum seit 2008 auf der UNESCO-Liste des Weltkulturerbes. Eine Stadtbesichtigung ist wie ein Eintauchen in einen Historien-Film. Castello San Giorgio, Piazza Ducale, Duomo, Palazzo del Te, Rotonda di San Lorenzo oder Palazzo D'Arco. Die meisten der zahlreichen mantovanischen Kulturschätze sind während der Herrschaftszeit der Gonzaga (1328 bis 1707) entstanden. Dann übernahmen die Habsburger das Kommando, regierten von 1707 bis 1861 – sehr beliebt war Maria Theresia. Sie ließ unter anderem im ganzen Gebiet Bewässerungsanlagen bauen – mit ein Grund, dass Mantua und Umgebung extrem fruchtbar sind, heute noch immer zu einem der landwirtschaftlichen Zentren Italiens zählt.

Für einen weiteren Österreichbezug sorgt Andreas  Hofer, der dort von Franzosen verurteilt und erschossen (1810) wurde. Die Geschichte des Tiroler Freiheitskämpfers traf die Bevölkerung sehr, die über eine Geldsammlung vergeblich versuchte, seine Hinrichtung zu verhindern. Daraus entwickelte sich eine historische Freundschaft zwischen Tirol und Mantua, die bis heute reicht und in einer Gedenkfeier am Palazzo Arco, einem prachtvollen Palast, am 20. Februar gipfelt.

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