Krippen in Greccio

Im Bethlehem der Franziskaner ist immer Weihnacht

Reisen & Urlaub
22.12.2013 09:39
Und es begab sich in der Weihnachtsnacht im Jahre 1223: In einer Felsgrotte, hoch über dem kleinen italienischen Ort Greccio, feierten Gläubige erstmals mit Krippe, Ochs und Esel die Geburt Christi. Kein Geringerer als der heilige Franziskus ist der "Erfinder" der Weihnachtskrippen, die bis heute Symbol für das Wunder der Weihnacht sind.

"A Greccio è sempre natale" – "In Greccio ist immer Weihnachten" – steht auf einem Schild vor dem kleinen Ort im Rieti-Tal nördlich von Rom. Die Felsen ragen hoch auf, steile Treppen führen zum Kloster empor, das an Stelle jener Einsiedelei entstanden ist, in der Franz von Assisi, der spätere heilige Franziskus, einst Weihnachten feierte.

"Ich möchte das Gedächtnis jenes Kindes begehen, das in Bethlehem geboren wurde, und ich möchte die bittere Not, die es schon als kleines Kind zu leiden hatte, wie es in der Krippe gelegen, an der Ochs und Esel standen, und wie es auf Heu gebettet wurde, so greifbar wie möglich mit eigenen Augen sehen", hatte Franziskus einem Freund geschrieben.

Der erfüllte den Wunsch des damals schon weitum bekannten Ordensgründers: Ochs und Esel wurden auf den Berg gebracht, die Krippe mit Stroh und Heu gefüllt. Die Gläubigen aus der Gegend und viele Brüder kamen herbei. "Der Wald erschallt von den Stimmen, und die Felsen hallen wieder von dem Jubel", berichtet Thomas von Celano in seiner Lebensbeschreibung des heiligen Franziskus.

Heute erklimmen Gläubige aus der ganzen Welt die Hunderten Stufen zum Heiligtum. Die Grotte, in der einst die Krippe stand, ist mit Fresken geschmückt, in einer Felsspalte liegt das Jesuskind auf Stroh gebettet.

In der benachbarten Kirche sind Dutzende Krippen zu bewundern. Die Heilige Familie hat inzwischen viele Herbergen gefunden: traditionelle Bauernhäuser aus den Tiroler Bergen, einen koreanischen Wundergarten, chilenische Holzhütten oder eine Garage inmitten des bunten Treibens einer neapolitanischen Gasse.

Das ganze Jahr über herrscht in der früheren Einsiedelei – die Mönchszellen sind noch erhalten – reges Treiben. Gebete in vielen Sprachen sind zu hören, Weihnachtslieder werden gesungen – nicht nur zur Weihnachtszeit, wenn zwischen 24. Dezember und 6. Jänner eine lebende Krippe an den Ursprung dieses Brauchs erinnert.

"Bethlehem der Franziskaner"
Das "Bethlehem der Franziskaner" wird Greccio oft genannt. Die Franziskaner haben aber auch ihr Golgatha: Rund zweihundert Kilometer weiter nördlich liegt das Felsenkloster von Chiusi della Verna, wo Franziskus die Wundmale empfangen hat. Er war der Erste, bei dem die Kirche die Stigmatisierung anerkannte.

Beide Stätten verbindet der Franziskusweg, der von der Toskana durch Umbrien bis nach Rom führt. "Er ist nicht so lange wie der Jakobsweg, aber schwieriger", erklärt Nathalie, eine charmante, durchtrainierte Deutsch-Italienerin, die Pilger- und Wandergruppen des Bayerischen Pilgerbüros durch das Herz Italiens begleitet. Dirk aus Holland, der den Franziskusweg mit einem Freund in vier Etappen bewältigen will, kann dem nur zustimmen: "Das Leben wird sehr einfach. Laufen, essen, schlafen."

Leicht macht es einem Franziskus nicht, seinen Pfaden zu folgen. Er hatte eine Vorliebe für einsame Gegenden und schwer zu erreichende Felsgrotten. Wie Montecasale hoch über dem Wolkenwattemeer des Tiber-Tales. Nur noch vier Patres leben hier oben in der Abgeschiedenheit und erfreuen sich im Kloster des hübschesten kleinen Kreuzgangs, den man sich vorstellen kann.

"Vergiss die Armen nicht!"
Insgesamt muss sich der Franziskaner-Orden aber keine Sorgen um Nachwuchs machen. Der neue Papst Franziskus hat mit seinem Namen die "minderen Brüder" – so nannte Franziskus die von ihm gegründete Gemeinschaft – zusätzlich ins Blickfeld gerückt. Nach der Wahl zum neuen Oberhaupt der Christenheit habe ihm ein Kardinal zugerufen: "Vergiss die Armen nicht!", erzählte Jorge Mario Bergoglio einmal. So sei er auf Franziskus gekommen.

Der hatte um 1181 sein Leben als reicher Kaufmannssohn in Assisi begonnen. Er wollte Ritter werden, doch ein verlorener Krieg und monatelange Gefangenschaft brachten ihn zum Umdenken. Franziskus zog sich in die Einsamkeit zurück, verschenkte seine Kleider und auch Waren aus dem Laden seines Vaters. Der klagte ihn deshalb beim Bischof an.

Die öffentliche Verhandlung muss ein Schauspiel gewesen sein. Franziskus zog sich nackt aus und gab alle Kleider seinem Vater zurück: Er wolle mit ihm nichts mehr zu tun haben. Ein Freund hüllte ihn in eine braune Kutte – noch heute das Kennzeichen der Franziskaner.

Nach seinem Tod 1226 wurde Franziskus in Assisi beigesetzt und wenige Jahre später heiliggesprochen. Der damalige Papst persönlich legte den Grundstein für die Walfahrtskirche, in der die berühmten Giotto-Fresken – darunter auch die Vogelpredigt – zu bewundern sind. Franziskus redete der Überlieferung nach mit "dem Vieh, den Vögeln und den Fischen" – er gilt nicht umsonst heute als Schutzpatron der Umweltschützer.

Assisi ist längst eine der bekanntesten Walfahrtsstätten Italiens. Auch Papst Franziskus betete bereits am Grab. Vorgänger Benedikt wollte in Chiusi della Verna dem Heiligen nahe sein – ein plötzlich einsetzender Schneesturm verhinderte aber die Landung des Hubschraubers. Schaut fast so aus, als habe Franziskus auf den neuen Papst – seinen ersten Namensnachfolger – warten wollen.

Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.



Kostenlose Spiele