Eine Reise wert

Brescia – die unbekannte Schöne

Reisen & Urlaub
11.11.2015 09:09

Die zweitgrößte Stadt der Lombardei punktet mit Geschichte und antiker Architektur. Dennoch ist die pulsierende Studentenmetropole unweit des Gardasees bei uns nahezu unbekannt.

Wo bitte ist Brescia? "Wem auch immer ich von meiner letzten Reise nach Italien erzähle, der stellt diese Frage. Also: Brescia liegt in etwa auf der Höhe Venedigs - aber in der Lombardei, unweit des Gardasees. An der Südseite der Alpen, am Rande der Poebene. Oder anders ausgedrückt: Dort, wo Italien am breitesten ist - genau in der Mitte! Fliegt man Mailand an, geht's noch rund 90 Minuten mit dem Auto weiter - und schon ist man da.

Erster Eindruck: imperial, imposant, diese Stadt trägt Geschichte wie ein besonders opulentes Parfum. Was wir auch wenig später - nachdem wir im altehrwürdigen Hotel Vittoria im Herzen der Stadt gelegen, eingecheckt haben - bestätigt bekommen.

Schon die Kelten ließen sich hier im 5. Jahrhundert vor Christus nieder. Unter Kaiser Augustus waren die Einwohner der antiken Stadt römische Staatsbürger. Nach dem Untergang des Reiches wurde die Vorherrschaft der Lombarden begründet. Auch das sollte nicht von Dauer sein: Die Venezianer eroberten Brescia 1426 - und drückten der Stadt bis heute ihre Merkmale auf. Schmale Gassen, rote Fassaden, Fensterläden, prachtvolle Palazzi. Aber auch wir Österreicher haben ein wenig ins historische Süppchen von Brescia gespuckt: Kaiser Franz Joseph I. gründete das Königreich Lombardo-Venetien. Trotz heftigsten Widerstands - was der Stadt unter anderem den Beinamen "Die Löwin Italiens" einbrachte - konnten die Habsburger sich noch für einige Jahre halten.

Prachtvolles Rathaus
Zeit für einen Stadtspaziergang. Wir starten am schönsten Platz der Stadt, auf der Piazza della Loggia. 1433 eröffnet, präsentiert sich das Rathaus als prachtvolles Renaissance-Gebäude, das auch jetzt im Spätherbst noch mit üppigem Blumenschmuck protzt. Auf der Ostseite des Platzes sieht man eine aus dem 16. Jahrhundert stammende astronomische Uhr mit zwei Figuren, welche die Stunde schlagen. Plätschernde Brunnen untermalen die Stimmung, welche von später Sonne jetzt schon weichgezeichnet wird. Sonne, die aber immer noch wärmt. So sitzen hier Studenten, Einheimische und Touristen auf dem Platz - genießen Aperol-Spritz, Oliven, Käse und Brot. Und weil wir schon beim Essen sind: Das ist in der Lombardei eindeutig anders! Deftig - nix da mit Fisch und Salat!

Deftiges Essen
Salami, Speck, gefüllte Ravioli, die in Butter schwimmen, Pasta, Käse in allen Reifungsgraden. Was wir besonders eindrucksvoll bei Patrone Porteri serviert bekommen. Seine kleine Delikatessenhandlung im Herzen der Stadt wird bereits seit 140 Jahren - in vierter Generation - mit ganz viel Geschmack und Herzblut betrieben. Er selbst fungiert als perfekter Gastgeber - der im Gewölbe-Keller ein wunderbares Restaurant betreibt. Wunderbar ist auch der Eindruck vom Teatro Grande, das nur einen Steinwurf von unserem Hotel entfernt liegt. Rote Samtlogen, Fresken und Stuckwerke werden von Spiegeln reflektiert. Gianni, unser Gastgeber im zweitgrößten Opernhaus der Lombardei, weiß einiges zu berichten: Etwa dass man früher hier während der Vorstellung gegessen, geraucht und getrunken hat. Sehen und gesehen werden war das Motto des Abends - nicht die Vorstellung selbst. Dann aber kam ein gewisser Herr Richard Wagner, der das Orchester von Bayreuth aus in den Graben versenkte. Und mit Einsetzen der ersten Töne das Licht erlöschen ließ. Alle Konzentration wurde auf die Bühne gelenkt. Schluss mit lustig.

Studenten prägen das Stadtbild
Jetzt dürfen wir (meine irische Kollegin und ich) auf die Bühne, auf der am Abend "Le nozze di Figaro" gegeben werden wird. Ein erhebender Augenblick - bin noch nie auf einer Opernbühne gestanden! Wir blicken hinauf auf die unzähligen Samtlogen. Auf die Farben Venedigs: Orange und Blau. Fast ein halbes Jahrhundert waren sie hier, die Venezianer. Heute sind es vor allem Studenten, die das Stadtbild prägen. 20.000 sollen es sein, die laut lachend, blödelnd, scherzend, diskutierend - auf Kirchenstufen sitzen oder über die Plätze flanieren. Und derer gibt es in Brescia wahrlich viele: Die bereits erwähnte Piazza della Loggia, die Piazza del Vescovato, wo der Bischofspalast steht, oder die Piazza del Foro, wo zu römischen Zeiten das religiöse und bürgerliche Zentrum Brescias beheimatet war.

Mein Lieblingsplatzerl wurde rasch die Piazza Paolo VI., der ehemalige Domplatz. Hier  rasten wir zwischen dem Stadtturm und prunkvollen Säulengängen (gute Einkaufs-Meile!) im Dolce Vite. Letzter Prosecco, würzige Salami, ein paar Oliven, späte Sonne. Schon geht's weiter - liegt noch eine spannende Zeitreise vor uns. Das Museum Santa Giulia, das im Jahre 753 von Herzog Desideridus gegründet worden war. In der Römerzeit befand sich hier ein ausgedehntes Stadtviertel. Wunderschöne Mosaike, Säulengänge und Fresken wurden durch Grabungen freigelegt. Auf einer Ausstellungsfläche von 14.000 Quadratmetern kann man mehr als 12.000 Exponate bewundern.

Nach drei Tagen in Brescia hat sich unser erster Eindruck manifestiert: Diese Stadt trägt Geschichte wie ein opulentes Parfum. Wie bitte ist Brescia? In jedem Fall eine Reise wert!

INFO
www.bresciatourism.it, www.enit.at
Geheimtipp: Trattoria Porteri, Via Trento 52, 25128 Brescia, Tel: 0039 030 30 18333

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