"Runder Tisch"

U-Ausschuss: Opposition fühlt sich “erpresst”

Österreich
20.09.2012 07:42
Die Opposition fühlt sich in Sachen Korruptions-Untersuchungsausschuss von der Koalition erpresst. Dies erklärten die Fraktionsführer der Grünen und des BZÖ, Peter Pilz und Stefan Petzner, sowie der neue Vorsitzende Walter Rosenkranz von den Freiheitlichen am Mittwoch in einer ORF-Diskussion am "Runden Tisch". Man habe die Wahl "zwischen sofort Umbringen und Galgenfrist" gehabt, so Pilz. Er und Petzner beteuerten jedoch erneut, dass das Thema "Faymann vor den U-Ausschuss" noch nicht vom Tisch sei.

"Ich fühle mich durchaus erpresst", meinte der neue Ausschuss-Vorsitzende Rosenkranz. Die Opposition habe "starke Federn lassen müssen", um "ein paar Tage herauszuschinden", beurteilte er am "Runden Tisch" den Kompromiss-Beschluss, der die Fortsetzung des U-Ausschusses am frühen Mittwochabend im letzten Moment gesichert hatte (siehe Infobox).

Pilz: "Keine Sternstunde des Parlaments"
"Es war mit Sicherheit keine Sternstunde des Parlaments", ist auch Pilz überzeugt. Er sprach von "Erpressung" - SPÖ und ÖVP hätten gedroht, den Ausschuss "gleich abzudrehen", wenn die Opposition nicht die nun beschlossene Vorgangsweise unterschreibe. Es sei aber dennoch kein Kompromiss, betonte der Grüne. Man habe "alles getan, dass der U-Ausschuss diesen Tag überlebt".

Als Seitenhieb in Richtung SPÖ meinte Pilz, Kanzler Werner Faymann habe es offenbar nötig, sich hinter dem SPÖ-Fraktionsführer Otto Pendl zu verstecken. Das sei eine Schande, in Deutschland sei so etwas undenkbar, fand der Grüne harte Worte. Faymanns deutsche Amtskollegin Kanzlerin Angela Merkel würde so etwas niemals tun. Merkel soll als frühere deutsche Umweltministerin am 27. September in dem Gorleben-Untersuchungsausschuss des deutschen Bundestags ihre Entscheidungen bei der Erkundung des möglichen Standorts für ein Atommüllendlager darlegen.

Petzner und Pilz hoffen weiter auf Kanzler-Ladung
"Eiskalte Erpressung" attestierte auch BZÖ-Ausschussmitglied Petzner der Koalition. "So sollten Parlamentarier nicht miteinander umgehen", sagte er in Richtung der beiden Fraktionsführer von SPÖ und ÖVP, Pendl und Werner Amon. Petzner und Pilz waren sich aber am Mittwochabend einig, dass es weitere Anträge geben werde, den Kanzler in der Inseratenaffäre in den Ausschuss zu laden.

SPÖ und ÖVP verteigen Vorgehensweise
Pendl und Amon verteidigten ihre Vorgangsweise, die erst dazu geführt hatte, dass der Ausschuss zwar weiterarbeiten kann, das aber mit einer Deadline und einer verkürzten Ladungsliste an Auskunftspersonen - auf der Faymann nicht aufscheint. Der SP-Fraktionschef meinte dazu, es wäre "falsch, jetzt zu unterstellen, wir hätten etwas gestohlen oder etwas abgedreht". Pendl betonte erneut: "Die SPÖ hat nicht blockiert."

Auch Amon wollte die gemeinsame Arbeit im U-Ausschuss von der Opposition nicht schlechtgeredet sehen. Man habe bislang "passable Arbeit" geleistet, und auf der am Mittwoch beschlossenen Ladungsliste stünden immerhin zwei aktive Regierungsmitglieder (ÖVP-Umweltminister Niki Berlakovich und SPÖ-Staatssekretär Josef Ostermeyer, Anm.), so der Konter des VP-Fraktionsführers auf die Kritik von Pilz und Petzner.

Ausschuss endet am 16. Oktober, "wenn nichts passiert"
Vereinbart wurden jedenfalls acht Sitzungstage: am 26. und 27. September sowie am 2., 3., 4., 9., 10. und 11. Oktober. Der 16. Oktober gilt als Enddatum, dies werde in "Aussicht genommen", zitierte Amon aus dem Beschluss. "Wenn nichts passiert, ist der Ausschuss am 16.10. zu Ende", erklärte der VP-Fraktionschef. Anders der neue Vorsitzende Rosenkranz: Seiner Ansicht nach könne der Ausschuss über den 16. Oktober hinausgehen, falls es sich mit den Zeugenladungen spieße, etwa weil sich zu viele entschuldigen lassen sollten.

Filzmaier sieht "Schaden für Demokratie"
Der Politologe Peter Filzmaier meinte in der "ZiB 2", dass "der U-Ausschuss selbst, der Parlamentarismus und die Demokratie im Allgemeinen den wirklichen Schaden" erlitten hätten. Die nun deutlich "abgespeckte Diätversion" des U-Ausschusses könne letztendlich nicht gutgehen. Die Vorgehensweise der Abgeordneten von SPÖ und ÖVP bewertete der Politologe als "systembedingt". Sie zeige, dass die Kontrollbereitschaft der Parlamentarier an ihre Grenzen stoße, wenn es um eigene Parteikollegen in Regierungsämtern gehe. Gewinnen hätte die SPÖ aber so oder so nichts dabei können, ob Faymann nun im Ausschuss erschienen wäre oder nicht, ist Filzmaier überzeugt.

Rechnungshof-Präsident fordert Reform
Der frühere Rechnungshofpräsident und Beirats-Präsident von Transparency International Österreich, Franz Fiedler, forderte indessen eine Reform der Verfahrensordnung für parlamentarische U-Ausschüsse. Es sei "hoch an der Zeit", die Verfahrensordnung endlich nach deutschem Vorbild zu ändern, sagte Fiedler in der Nacht auf Donnerstag in der "ZiB 24". Der Streit um das Abdrehen des Untersuchungsausschuss habe "mit deutlicher Brutalität" vor Augen geführt, "wer in Österreich in der in der Gewaltenteilung die Vorderhand hat - und das ist nun mal die Regierung", so Fiedler.

Fiedler: "Skurril, auf Faymann zu verzichten"
Der bis 16. Oktober fortgesetzte U-Ausschuss könne "zwar noch einiges leisten, aber sicherlich nicht das, was nötig wäre". Auch Fiedler kritisierte vor allem, dass Faymann in der Inseratenaffäre nicht im Ausschuss erscheinen muss. "Es ist geradezu skurril, auf die Person, die im Mittelpunkt des Interesses steht, zu verzichten", so der Ex-Rechnungshofpräsident. "Man stelle sich vor, man hätte Grasser in der Causa Buwog nicht geladen oder Strasser in der Causa Strasser."

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