Rosenkranz als Chef

U-Ausschuss: Fünf-Parteien-Einigung auf Fortsetzung

Österreich
19.09.2012 19:43
Der Korruptions-Untersuchungsausschuss kann nun doch weiterarbeiten: Die fünf Parlamentsparteien haben sich am späten Mittwochnachmittag einstimmig auf einen Kompromiss geeinigt und den freiheitlichen Fraktionsführer Walter Rosenkranz (Bild) zum neuen Vorsitzenden gewählt. Die Opposition kam SPÖ und ÖVP dabei stark entgegen. Der grüne Fraktionschef Peter Pilz rechtfertigte den Kompromiss als die "einzige Chance" für das Überleben des Ausschusses. BZÖ-Ausschussmitglied Stefan Petzner sprach von einem "traurigen Sieg".

Dem gemeinsamen Antrag der fünf Fraktionen zufolge, der einstimmig beschlossen wurde, wird es noch acht Sitzungstermine bis 16. Oktober geben. Die Opposition habe also drei zusätzliche Termine herausschlagen können, erklärte Rosenkranz, der ohne Gegenstimme zum neuen Vorsitzenden des U-Ausschusses gewählt wurde. "Jeder zusätzliche Tag ist ein gewonnener Tag", betonte Rosenkranz. Damit werden die noch offenen Kapitel wie Inseratenvergabe, Ost-Geschäfte der Telekom und Vergabe von Staatsbürgerschaften doch noch behandelt.

Fortsetzung ohne Faymann, aber mit Aktenstopp
Allerdings hatten Freiheitliche, Grüne und BZÖ für den Kompromiss einiges zu schlucken. Als Auskunftspersonen geladen werden unter anderen Staatssekretär Josef Ostermayer und Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich. Sie kommen am 2. Oktober zum Thema Inserate an die Reihe. Bundeskanzler Werner Faymann steht hingegen nicht auf der Liste, muss also zur Inseratenaffäre nicht im U-Ausschuss aussagen.

Zudem finden sich beispielsweise der frühere ÖBB-Vorstand Martin Huber sowie die ehemaligen Asfinag-Chefs Franz Lückler und Mathias Reichhold auf der Liste der Auskunftspersonen. In Sachen Telekom-Ostgeschäfte wird lediglich der Unternehmer Martin Schlaff im Ausschuss erwartet. Bei der Buwog will man Lehman-Subunternehmer Karlheinz Muhr hören.

Die Opposition willigte auch in den von den Regierungsparteien gewünschten Aktenstopp ein, sprich, die Abgeordneten bekommen lediglich Akten für die noch anstehenden Untersuchungsgegenstände, aber keine weiteren mehr zu bereits abgehandelten Themen - bis der Ausschuss etwas anderes beschließt. Bereits im November könnte es dann einen Abschlussbericht des U-Ausschusses geben.

Rettung in letzter Minute
Die Rettung erfolgte jedenfalls in letzter Minute: Die Regierungsparteien hatten am Mittwoch im Nationalrat einen Fristsetzungsantrag eingebracht, der ein Ende des Ausschusses noch an diesem Freitag vorgesehen hatte. Zuvor hatten sich SPÖ und ÖVP mit der Opposition nicht auf den weiteren Fahrplan einigen können. Ein formelles Ende für den Ausschuss gibt es letztlich nicht. Im Ausschuss-Antrag wurde der 16. Oktober nur als Zieldatum festgelegt. Der ursprüngliche Plan, den 16. mit einem neuen Fristsetzungsantrag zu fixieren, wurde im letzten Moment wieder fallengelassen, wodurch es zumindest theoretisch auch danach noch weitergehen könnte.

Moser: "Nichts anderes übrig geblieben"
Hätte man dem Kompromiss mit den Regierungsparteien nicht zugestimmt, wäre der U-Ausschuss sofort zu Ende gewesen, nahm Rosenkranz den Kompromiss zähneknirschend zur Kenntniss. Weiter unglücklich mit dem nunmehrigen Beschluss ist seine Vorgängerin, die Grünen-Abgeordnete Gabriela Moser. Einerseits wegen der Deadline, durch die sich Auskunftspersonen relativ leicht dem Ausschuss entziehen können, andererseits weil keine weiteren Aktenlieferungen vorgesehen sind. Letztlich sei aber nichts anderes übrig geblieben, als zuzustimmen, um ein Ende des Ausschusses zu verhindern: "So ist das Leben in der Politik."

Petzner: "Trauriger Sieg"
Dieser Beschluss sei die "einzige Chance" gewesen, das Überleben des Ausschusses zu sichern, meinte auch Grünen-Fraktionschef Pilz. Man habe den Plan der SPÖ durchkreuzt, den Ausschuss mit Freitag abzudrehen. "Besser acht Tage als null", so Pilz. "Es gibt schöne Siege und traurige Siege - das ist ein Sieg, aber ein trauriger", sagte BZÖ-Ausschussmitglied Petzner. Zumindest könne man nun "irgendwie weiterarbeiten", immerhin hätten die Regierungsfraktionen, vor allem die SPÖ, "bis zur letzten Sekunde" versucht, den Ausschuss abzudrehen, gab auch er zu bedenken.

Grüne und BZÖ hoffen weiter auf Faymann-Ladung
Im Hinblick darauf, dass Kanzler Faymann, der von der Opposition immer als Zeuge in der Inseratenaffäre gewünscht wurde, nun nicht auf der beschlossenen Liste steht, erklärte Petzner, es gebe ja genügend Termine, um zusätzliche Anträge einzubringen. Die Hoffnung nicht aufgegeben, dass sich durch entsprechende Befragungen der Auskunftspersonen eine Ladung von Kanzler Faymann quasi automatisch ergeben werde, hat auch Pilz. Die Grünen beantragen zudem beim Rechnungshof eine Prüfung des gesamten Inseratenkomplexes.

Demo in Wien: "Wir wollen den Werner sehen"
"Wir wollen den Werner sehen", forderten dann am Mittwochabend auch Demonstranten vor dem Parlament die Ladung von Bundeskanzler Faymann in den U-Ausschuss. Laut Polizei fanden sich rund 350 Protestierende auf der Wiener Ringstraße ein, die einem Aufruf auf Twitter und Facebook zu einer Spontan-Demo gefolgt waren. Mit Accessoires wie Besen, Mob, Putztuch oder Taschenlampen drückten die Teilnehmer ihren Wunsch nach "Säuberung" und "Licht ins Dunkel" aus.

SPÖ-Pendl: "Haben nie blockiert"
SPÖ-Fraktionsführer Otto Pendl wollte sich indessen freilich nicht als Blockierer darstellen lassen: "Es gibt so was wie eine selektive Wahrnehmung", man habe nie blockiert. Das Ende des Ausschusses sei für 16. Oktober vorgesehen, und er gehe davon aus, dass dieser Beschluss halte. Für ÖVP-Fraktionschef Werner Amon ist es mit dem neuen Zeitlimit möglich, die restlichen Themen in einem "zumutbaren und seriösen Rahmen" abzuarbeiten. Der jetzige Zeitplan entspreche ohnehin jenen Vorschlägen, die man schon im August vorgelegt habe, so Amon in der Plenardebatte des Nationalrats.

Die beiden nächsten Sitzungen des Ausschusses sind nun für den 26. und 27. September angesetzt. In den beiden Wochen darauf sind jeweils drei Tage vorgesehen.

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