EU-Budget gerupft

Straches Geschenk: Sparsamer Rock für “teuersten Kanzler”

Österreich
19.02.2013 17:03
Das vor eineinhalb Wochen beim EU-Gipfel beschlossene Gemeinschaftsbudget hat am Dienstag das Parlament in Wien beschäftigt. Kanzler und Vizekanzler bemühten sich trotz vorangegangener Unstimmigkeiten in der Koalition um eine nüchterne Darstellung des Kompromisses von Brüssel. Ganz anders lautete die Einschätzung von FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, der von einem "verheerenden Ergebnis" sprach und dem "teuersten Kanzler" einen "schottischen Sparsamkeitsrock" mitbrachte.

Bundeskanzler Werner Faymann machte in der Debatte den Auftakt. Er sagte, die Einigung sei "als gutes Ergebnis zu bewerten", habe sich Österreich doch in wesentlichen Fragen eingebracht und in einigen auch durchgesetzt. Konkret meinte der Kanzler den Topf zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit, mehr Mittel für die Forschung sowie ein "Teilziel", das beim österreichischen Rabatt erreicht worden sei (siehe Infobox). Auch für den ländlichen Raum habe Österreich gegenüber den ursprünglichen Vorschlägen etwas herausgeholt.

Dass für Österreich eine Obergrenze von 0,31 Prozent des BIP für die Nettobeiträge an Brüssel festgelegt wurde, sieht der Kanzler pragmatisch. Es sei immer klar gewesen, dass jene, die mehr hätten, auch mehr leisten müssten. Zudem liege man mit dem Beitrag etwa auf dem Niveau von Frankreich und Großbritannien, während Deutschland 0,38 Prozent leisten müsse.

Spindelegger: "Kein Grund zum Jubeln"
Vizekanzler Michael Spindelegger, der sich zuvor in Zeitungsinterviews kritisch über Faymanns Verhandlungsgeschick geäußert hatte, gab sich am Dienstag pragmatisch. Er sei froh, dass es trotz aller Unkenrufe ein Ergebnis gebe. Damit sei bewiesen, dass Europa funktioniere.

Der Deal sei jedoch "kein Grund zum Jubeln". Österreich befinde sich im Mittelfeld der Nettozahler, erklärte der Vizekanzler. Dass der Rabatt sinkt, bezeichnete Spindelegger als Wermutstropfen, man werde das aber akzeptieren müssen.

"Sparsamkeitsrock" von Strache für Faymann
Spindelegger hatte vor den EU-Beratungen über den Finanzrahmen noch von der Möglichkeit eines österreichischen Vetos gesprochen. Das nahm Strache zum Anlass für eine Breitseite gegen den ÖVP-Obmann: "Herr Spindelegger, was ist denn mit Ihrem Veto?", fragte der FPÖ-Chef, der in Hinblick auf die niederösterreichische Landtagswahl einen weiteren Seitenhieb auf die Volkspartei austeilte: Die Bauern würden nunmehr etwa 72 Millionen Euro weniger an Rückflüssen bekommen. Da würden sich die Landwirte in Niederösterreich "anschauen".

Als Hauptverantwortlichen für das "verheerende Ergebnis" erkannte Strache jedoch den Kanzler. Dieser werde als "teuerster Bundeskanzler in die Geschichte eingehen". Schließlich habe er Österreich mit dem Budget einen "finanzpolitischen Karfreitag und ein vorzeitiges Milliarden-Osterei" beschert. Pro Jahr würden sich die Nettobeiträge um 100 Millionen Euro erhöhen, entrüstete sich der FPÖ-Chef. Strache brachte Faymann einen "schottischen Sparsamkeitsrock" mit, den der Kanzler auf der Regierungsbank ungerührt entgegennahm.

Glawischnig: "Vertane Chance"
Für die Klubobfrau der Grünen, Eva Glawischnig, ist die Debatte eine "kleinliche Diskussion" und eine "vertane Chance", europapolitische Herausforderungen zu diskutieren. Das Paket für Jugendbeschäftigung sei "halbherzig", hier würde es viel mehr Geld brauchen. Auch mit dem Stil der Diskussion in der Regierung kann sie nichts anfangen: Von der ÖVP habe man schon lange nichts Ernsthaftes mehr zur Europapolitik gehört, meinte Glawischnig. Sie könne weder das Verbeißen auf die Agrarförderung noch die Nettozahlerdiskussion nachvollziehen.

BZÖ-Klubobmann Josef Bucher erinnerte daran, dass Österreich Jahr für Jahr zehn Milliarden Euro mehr Schulden mache. Gleichzeitig werde Faymann mit noch mehr Geld in der Tasche nach Brüssel geschickt. Bucher fragte sich, wie lange sich Österreich die Zahlungen an die EU noch leisten könne. Die ÖVP wiederum habe mit der "Vetokeule" gewunken, um tags darauf wieder den Rückzug anzutreten. "Sie sind alle verantwortlich für das ganze Schlamassel", sagte der BZÖ-Chef und forderte die gesamte Regierung zum Rücktritt auf. Ein entsprechender Misstrauensantrag fand keine Mehrheit.

Auch der Klubobmann des Team Stronach, Robert Lugar, ortete einen "Misserfolg". Man habe den Rabatt zu einem großen Teil eingebüßt und bekomme weniger Förderungen. Lugar hätte sich außerdem gewünscht, dass man mit dem Finanzrahmen gleich Reformen in der EU mitverhandelt hätte - etwa den "Förderwahnsinn" oder den "Wanderzirkus" zwischen Brüssel und Straßburg, den die Neo-Partei per Entschließungsantrag abstellen will.

Unstimmigkeiten auch innerhalb der Koalition
Abgesehen von der erwartbaren Kritik der Oppositionsparteien hatte der Brüsseler Budgetkompromiss in den vergangenen Tagen auch für koalitionsinternen Zwist gesorgt. Aus der Volkspartei waren Stimmen laut geworden, die Faymann eine zu nachgiebige Haltung vorgeworfen hatten. Auch aus der Regierungsmannschaft war Unmut zu vernehmen. Finanzministerin Maria Fekter nannte das Ergebnis am Montag zwar "akzeptabel", es habe jedoch einen "bitteren Nachgeschmack in Form eines höheren Nettobeitrages an die EU".

Die SPÖ war bemüht, die Einigung zu verteidigen. Zuletzt war Sozialminister Rudolf Hundstorfer für den Kompromiss in die Bresche gesprungen. Er sprach am Montagnachmittag von einem "sehr guten Verhandlungsergebnis in wirtschaftlich mehr als herausfordernden Zeiten". Die ÖVP solle den Deal nicht schlechtreden.

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